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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 7.1903-1904

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Heft 1
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Rüttenauer, Benno: Würzburg-Veitshöchheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.19303#0028

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Nesidenz Würzburg. Tor gegen das Steueramt.

Würzburg -Veitshöchheim.

Von Benno Rüttenauer.

Zum Vollendetsten, was im XVIII. Jahrhundert
deutsches Fürstentum im schvpferischen Drang absolu-
tistischer Selbstherrlichkeit hervorgebracht hat, gehört un-
streitig die Würzburger Residenz. Das Mannheimer
Schloß ist weitläusiger angelegt,undDresden hat üppigere
Beispiele des zeitgenössischen Stils; aber eine so hohe
harmonische Einheitlichkeit und endgültige Abge-
schlvssenheit wie im Schloß zu Würzburg wird pch
kaum zum zweitenmal in Deutschland finden. s)ier
ist nichts Fragment geblieben, hier spricht nichts von
unzureichenden Mitteln und Kräften, von einem Mehr-
wollen als Können, hier ist alles sauber vollbracht
bis aus die letzte Einzelheit, und das Ganze steht da
wie aus einem Guß. Die Fassade gehört zu den
einfachsten und erfreulichsten, die der Barockstu ge-
schaffen hat, und ohne die zopfigen Aussätze von
Trophäen und anderem Schnickschnack auf den Kranz-
gesimsen, die, von Frankreich herübergekommen, alle
deutschen Barockbauten chinesisch verunzieren, müßte
man sagen, daß selbst in Jtalien, innerhalb dieses
Stils, nichts Edleres und Vornehmeres existiert. Ja,
indem ich sage, innerhalb dieses Stils, darf ich mcht
einmal jene Zöpfe und Aussätze beanstailden, die eben
doch eine seiner Eigentümlichkeiten ausmachen, welcher
allerdings die Jtaliener, mit ihrem Gesühl für die
Wirkung der großen ungebrochenen Horizvntale, am
längsten widerstanden sind, während wir Deutschen, mit
unserer chinesischen Vorliebe für Gipfelung, Zipfelung,
Zöpselung, — wie unser abscheulicher Villenstil seit
den siebziger Jahren beweist —, natürlich mit vollen
Händen danach gegriffen haben. Wenn ich Kömg
von Bapern wäre, würde ich ... Ach was, Unsinn!
Nichts würde ich wegnehmen lassen. Nichts, was
schöpferische Zeiten uns vermacht haben, würde ich

antasten. Auch nicht die zopfigen Aufsätze, wenn ich
anch noch so sehr schwärmte für die ungebrochene
Horizontale klassischer Architektur. Es ist schon genug,
daß frühere Könige (meine Vorgänger, wenn ich
König vvn Bayern wäre) ungeschickt genug gesäubert
und z. B. die Kolossalgruppen von den Pfosten des
großen Ehrenhofs heruntergenommen und entfernt
haben, es weiß kein Mensch warum.

Diese beiden vortrefflichen Bildwerke stehen jetzt
in den städtischen Anlagen und sind deren schönste
Zierde. Nnd sind zugleich zwei ungeheure Frage-
zeichen durch alle Zeiten. Denn immer und immer
wird man sich bei ihnen fragen, wie es nur möglich
war, sv was aus seinem architektvnischen Zusammen-
hang zu reißen und damit nicht nur seincr wichtigsten
Bedeutung zu berauben, sondern zugleich noch einen
großen architektonischen Gedanken zu verderben und
zu verstümmeln. Ewig werden sie, die kolossalen
Vildgruppen, zwei kolossale und, wie ich glaube, höchst
kompromittierende Fragezeichen sein.

Jm ganzen hat man in Würzburg gut kon-
serviert. Dies gilt auch vom Garten, und es gilt in
noch höherem Grade vom Garten von Veitshöchheim,
dem besonderen Gegenstand dieser Betrachtung.

Die beiden Anlagen, die Würzburger wie die
Veitshöchheimer, stehen an Ausdehnnng weit hinter
anderen zurück. Schwetzingen, Npmphenburg, Schleiß-
heim — um nur bei dem einen Hause Wittelsbach zu
bleiben — sind imposantere Schöpfungen, die ihrem
direkten Vorbild, dem Garten von Versailles, in
manchem Betracht nahekommen. Die Würzburger
Gärten darf nian damit gar nicht vergleichen. Jhnen
fehlt das Wesentliche einer Barockanlage: der weite
Plan, die große Ebene. Der König von Neapel
 
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