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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 12.1906

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Nr. 8
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Thode, Henry: Ein letztes Wort der Entscheidung über das Heidelberger Schloss
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Aus einem Brief Alfred Rethels an seinen Bruder / Die Verbindung für historische Kunst / Als lokale Ergänzungen der Jahrnundert-Ausstellung
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Kühl, Gustav: Unsere Musikbeilage
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https://doi.org/10.11588/diglit.26232#0110

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Grund. Kann der badische Hof kein Schioß in Heidet-
berg mehr brauchen, so gäbe es gewiß noch andere
Zwecke, die seiner würdig wären. Das Bonner Uni-
versitätsgebäude ist auch ein aites Schioß; es mag un-
praktisch sein, doch steht es äußeriich prachtvoii für
seinen Zweck. Warum in Heideiberg das nicht?
Ich bin ja weit vom Schuß und weiß nicht, ob es
bessere Zwecke gibt. Eine Stadthaiie freiiich hat sich
Heideiberg schon an den Neckar gebaut und es hat
kein Hahn danach gekräht, wie schiecht die wurde. Nur
kein Museum, etwas Lebendiges. Und wenn man einen
Zweck gefunden hat, dann einen Baumeister; der nicht
in aiten Stiien Komödie macht, sondern einen von unserm
Fieisch und Biut; der baue an die drei Jahrhunderte
auch noch das unsere dran. Wir sind so weit, daß wir
dies dürfen. Und einen Baumeister hat Baden auch, der
es wohi könnte. Ich nannte ihn schon einmai an dieser
Steiie: Hermann Biiiing.
Wer zweifeit, daß in seiner Hand, einen vernünftigen
Zweck vorausgesetzt, das Aite nach Mögiichkeit erhaiten
biiebe und das Neue sich weise, doch eigen daneben steilte!
Daß wir aües andere, nur nicht diese Lösung der Frage
umstreiten, zeigt unsere Armut und den Jammer einer
Zeit, die aües weiß und achtet, nur sich seiber nicht. S.
A US EINEM BRIEF ALFRED RETHELS
-f-L AN SEINEN BRUDER.
Bei den Studien, Karton, Farbenskizze und der Unter-
malung des Bildes hilft eine geistige Frische und Neuheit
des Gegenstandes bedeutend, das Werk rasch bis zu einem
gewissen Punkte zu bringen; bei der Übermalung fehien in
der Regel jene beiden Hüifen, und bei dem Erkennen, wie
weit das Werk noch zurück ist und oft von dem ursprüng-
lichen Geist sich entfernt hat, tritt schon ein peinliches
Schwanken und Probieren ein, und nur der Verstand und
ein gewisses Püichtgefühi lassen auch diesen Prozess durch-
führen. Nun tritt der dritte Fail ein, oft der unglückseligste,
den man sich denken kann, auf jeden Fall aber der wichtigste.
Das Werk ist zu einer gewissen Vollendung in der Form
und Farbe gelangt; aber man frägt sich ängstlich: Führt
das auf deine erste Idee hinaus? Ist dieses Bild, mit einer
Übergehung und Lasierung fertig gemacht, dasjenige, was
es ihnen aber deutlich an, dass das gesamte Werk, der
Totaleinctruck, sie gar nicht packt, ja eher leer lässt. Das
sind traurige Momente; man fühlt, dass über dem Studium
der echt künstlerische Funke fast erloschen, dass es ein
nüchternes Rechenexempel geworden ist; aber nicht weiss
man, wo und wie dem Übel abzuhelfen. Es tritt der
traurige Moment der Stumpfheit, der Dummheit ein; man
ist vernagelt. Dann soll man so viel Herr seiner selbst
sein, die Palette hinzulegen, ja nichts zu unternehmen und
das Bild längere Zeit umgedreht an die Wand zu stellen.
Wenn nun auch andere Arbeiten vorgenommen werden,
selbst mit seiner ersten Idee. Man söhnt sich allmählich
mit dem Bilde, welches nun der Erinnerung angehört,
langsam aus, ßndet es doch so übel nicht, bekommt Lust,
brennt vor Verlangen, es fertig zu machen — geht hin,
dreht es um — stellt es auf die Staffelei, und nun wird man
freilich etwas unsanft aus seinen Himmeln in die Wirklichkeit
Augen sieht man es, wie der Blitz fährt prüfend und ver-
gleichend der echte Künstlersinn, begleitet von einem warmen
Gefühl und frischer Phantasie, über das Werk. Sie erkennt,
leidet dur h das Feuer die deiikate, aber kalte Ausführung
hie und da; das ist aber kein Veriust im Vergieich zu
diesem herzerfreuenden Gewinn. Man möchte überall zu-
gleich sein, überali helfen, und es tritt das vierte Stadium
herrlich und belohnend wie ein Finale ein, und erfreuend
ist dann unser Tagewerk zu nennen; sobald man nur wieder
klar und sich bewusst geworden ist, weiss, was man will,
dann kann man sich getrost zuletzt die Zügel etwas schiessen

unterlaufen lässt, dafür bürgt der deutsche Charakter; das
wird nicht der Hauptfehler sein, eher eine zu nüchterne
Durchführung der Einzelheiten.
T*\IE VERBINDUNG FÜR HISTORISCHE
KUNST
hat sich auch in ihrer diesjährigen Hauptversammlung zu
Nürnberg nicht entschliessen können, ihren veralteten Namen
aufzugeben, obwohl von der Sezession und der Luitpold-
gruppe in München beantragt war, den Namen umzuändern
in ,,Verbindung für vaterländische Kunst" und als Zweck
anzugeben: Förderung der deutschen Kunst durch Ankauf
bedeutender Werke der bildenden Kunst, gleichviel welcher
Gattung. Doch wurde diesmal keins der 63 eingesandten
,,historischen Gemälde" angekauft und auch ausdrückiich
festgelegt, dass es der Verbindung freistehe, Kunstwerke
jeglicher Gattung anzukaufen. S.
A LS LOKALE ERGÄNZUNGEN DER
JAHRHUNDERT-AUSSTELLUNG
dürfen wohl zwei dankenswerte Veranstaltungen angesehen
werden, die Ende Juii eröffnet wurden.
In der Kunsthalle zu Düsseldorf eine Aussteliung
von Werken aus Düsseldorfer Privatbesitz, wobei natüriich
die Düsseldorfer Kunst des neunzehnten Jahrhunderts am
meisten vertreten ist. Im Badischen Kunstverein zu
Karisruhe gieichfalis eine Ausstellung von Kunstwerken
des 19. Jahrhunderts aus Karlsruher Privatbesitz, wobei auch
dort die Künstler, die in Baden tätig waren, den grössten
Platz einnehmen.
Beide Ausstellungen verdienen eingehendere Betrach-
tung. Desgleichen und in erhöhtem Masse die ,,Badische
Jubiläumsausstellung für Kunst und Kunstgewerbe", die am
28. Juli zur Feier der Goldenen Hochzeit des grossherzog-
lichen Paares, sowie zum 80. Geburtstag des Grossherzogs
eröffnet wurde.
NSERE MUSIKBEILAGE.
Samson steht am Ende seiner Laufbahn. Seine
Heldentaten und sein Ruhm, seine Verirrungen und seine
Leiden liegen hinter ihm. Gebiendet, von den Feinden
gehöhnt, von seinen alten Eltern genährt und behütet,
schleppt er seine Tage. Da kommt der alte Geist noch
einmal über ihn. Er nimmt eine feindliche Herausforderung
an, verlässt die Seinen und zieht, nur auf Gott bauend,
ins feindliche Lager, gewiss, dass das Wagnis Jehovah Ehre
bringen wird, unwissend, wie das zugehn soll. Ein kräftiges
Rezitativ, von drohend rauschenden Geigenläufen begleitet,
bildet den Übergang zu der letzten Arie des Helden, in der
er die Sonne als Verscheucherin der ßnstern Geister be-
grüsst — einem überraschend zarten und friedlichen Stück,
wie es nicht viele bei Händel gibt. Der volle Reiz der
Komposition kann eben wegen dieses Kontrastes nur bei
einer Aufführung des ganzen Werks genossen werden.
und die wiegenden Sechzehntelßguren, mit denen Singstimme
und Begleitung abwechseln, so einschmeichelnd und doch
ohne alle Weichhchkeit, wen nähmen sie wohl nicht ge-
fangen. Man achte beim Vortrag darauf, dass die Arie von
Anfang bis zu Ende piano und recht ruhig vorgetragen
werde, als von einem Menschen, der am Ziele steht, der
über alles hinaus und wohl auch ein wenig müde ist.
Samson ist blind. — Wir fügen noch den Trauermarsch in
D-Dur hinzu, der nach seinem Tode einsetzt. In England
kennt ihn jedes Kind, bei uns fast nur der Kenner. Ks
Orchesterkomposition mehr annehmen wollten. Statt dessen
gibts bei uns neben dem Trauermarsch von Beethoven
immer und ewig das Chopinsche Klavierstück, das, wenig-
stens in seinem Mittelsatz, von Bläsern geblasen, unerträglich
werden kann. G. K.


Herausgeber W. Schäfer, Verlag der Rheinlande (v. Fischer & Franke). Druck A. Bagei, Düsseidorf.
 
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