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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 13.1907

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Heft 6
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Schäfer, Wilhelm: Zwei Landschafter: (Wilhelm Kalb, Julius Bretz)
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https://doi.org/10.11588/diglit.26231#0220

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Iulius Bretz: Bauerukof.

wei Landschaster.

(Wilhelm Kalb, Juliuö Bretz.)

Es gewäbrt ein melancholisches Vergnügen, dem
Spiel der Mode in der Malerei zuzusehen, wie es
besonders in Ausftellnngen sichtbar wird. Wenn wir
bedenken, wie wenig aus den vergangenen Jabr-
bunderten trotz unablassiger Produktion so lebendig ge-
blieben ift, daß wir Nachgeborenen uns für die künst-
lerische und rrrenschliche Persönlichkeit dabinter iirter-
essieren: so müften uns angesichts der vielen hundert,
manchmal tausend Nummern, die Jabr sür Jahr in
unsern vielen Auöstellungen gezeigt werden, ganz von
selber sragen: kann dieser überbandnebmende Durch-
schnitt überbaupt eine Bedeutung haben sür die Zukunst,
sind es nicbt Proben mittelmäßiger Begabung, mittel-
mäßigen Studiums und nrittelmäßiger Absichten, was
da die vielen Wände süllt? Und in der Tat, wer nrit
seineren Sinnen und keinem zu scblechten Gedäcbrnis
an den Bildern vorbeigeht, wird sehr bald merken, wie
die nreisten den gleicben Schnitt haben, nrit dcrrselben
Akkorden aus den zeitgemäßen Eindruck zurechtgemacht
find, mit der Kunst aber meist nur das zu tun haben, daß
sich ihre Versertiger mit dem Pinsel beguenr ernäbren,
wäbrend gerade das den berusenen Künstlern nreist sebr
schwer gemacht ist, indenr sie ihre originell gehaltenen Dinge
bei den aus das Gewohnte eingestellten Augen des Publi-
kunrs nicht anbringen können. Was man sich theoretisch
ßrgen muß: daß in einer Ausstellung von tausend Bildern
wabrscheinlich und inr beften Fall nur sünszig sich balten
werden, das bestätigt sich dem wachsamen Gesübl sehr bald.

Es gibt einen Prüsfteur, die guten Sachen aus den
durchschnittlichen berauszufinden: Hängt zwanzig Bilder
eines Künstlers nebeneinander, da werden die berühm-
testen Modegrößen, die auf allen Ausftellungen mit
ihrem einen Bild und ihren paar Kniffen wirken, belang-
los und unerträglich in ibrer Armseligkeit, und andere,
die rrran in einer modernen Ausstellung allzuleicht
schreiend, schäbig, altsränkiscb oder unbeholfen findet,
erbalten auf einnral ein inneres Leben, eine gegenseitige
Stütze, so daß sie uns zu einer konsequent entwickelterr
Anschauungswelt unwiderstehlicb binziehen.

So ging es mir und einigen andern wobl nrit
Wilbelnr Kalb, einenr nicht mebr ganz jungen Frank-
surter, der inr dorrigen Kunstverein eine Auswahl be-
scheidencr Landschasts- und Tierbilder zur Schau stellte.
Ein einzelnes Ding von ihnr in einer großen Aus-
stellung ist inrmer ein zienrliches Unglück; braun, lackig,
mancbmal unbebolsen getüpselt, siehr es inmitten glänzend
und leicbtsinrrig bingenralter Bravour leicht kümmerlich
aus. Nun man einige Dutzend beieinander sah, wurde
nicbt nur die stille Empfindung in seinen Landschasten
deutlicher, sonderrr auch eine seine Kunft, das Licht zart
um die Dinge spielen zu laffen, eine k'lug erwogene
Bildhastigkeit, die von der modernen Skizze sast alt-
modiscb absticht, und eine ganz eigentünrlich entwickelte
Farbigkeit, die, aus einem gelbgoldigen Braun entwickelt,
nranchmal an die Landschastsbilder Boehles erinnert,
mit desien zeichnerischer Stärke und Gewaltsamkeit ihre
Zartbeit sonst nichts zu tun hat.

Mir scbeint, einiges davon habe sich auch in die
beiden Abbildungen gerettet, die wir in diesem Heft
abdrucken können: besonders die innere Gewalt und

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