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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 15.1908

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[Heft 6]
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Schur, Ernst: Museum und Raumkunst
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Schäfer, Wilhelm: In eigener Sache
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https://doi.org/10.11588/diglit.26458#0206

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Museum und Raumkunst.

Frage würde also für das Publikum eine wichtige Be-
lehrung bedeuten, indem der auf den Thron gesetzt wird,
der das Recht hat, hier zu herrschen. Der Künstler weiß
den Reiz der toten Dinge zu einer neuen, lebendigen
Schönheit zu erwecken.
Es gilt also, den neuen Typus des modernen Museums
zu schaffen. Die Architekten wie die Raumkünstler sind
dazu auszuruscn. Mit dem alten Schema muß gebrochen
werden. Dem neu aufstrebenden Geist neue Aufgaben
zuzuweisen, ist die Pflicht der Kritik. Nur so verändert
sich allmählich das Kulturbild und erhält das Gepräge,
das unserem Willen entspricht. Und späteren Zeiten
wird in diesem sich allmählich immer mehr erweiternden
Umfang eine Formcnwclt überliefert, deren einheitliche
Gesamtheit das Gepräge eines besonderen Stils aufweist.
Bringt das, was ihr habt, zu künstlerisch vollendeter
Geltung. Und: sammelt nach ästhetischem und nicht
nach bureaukratischem Prinzip. Auch hier stehen wir
vielleicht vor einer Reorganisation der Anschauungen,
die ebenfalls dazu beitragen würde, den Typus des
neuen Museums zu schaffen. Und wenn auf diese
Art der innere Ausbau in den Vordergrund träte,
würden vielleicht die Galerien gereinigt werden; sie
würden vielleicht nicht so historisch, aber sie würden
künstlerischer, darum also im Wesen der Kunst treuer
sein. Denn die Geschichte gibt nur äußere Treue;
lückenlose Vollständigkeit, einem Register ähnlich, ist ihr
Ideal. Und der unverbindliche Rat eines Künstlers
wäre wohl auch hier nicht von der Hand zu weisen.
Ernst Schur.
eigener Sache.
» In der Kunsthalle zu Düsseldorf haben sieben
^^^junge Leute gemeinsam mit Professor Olbrich eine
Ausstellung gemacht, die der alten Kunst in dieser neuen
Stadt ihr Angesicht, das zu lange überm Genick nach
hinten sah, sacht und schmerzlos wieder nach vorne drehte.
Das eigentliche Wunder aber ist, daß die Bedeutung
dieses Vorgangs sofort begriffen wurde und einen
Enthusiasmus auslöste, der nach den: Mißerfolg der
Peter Jansscn-Gedächtnis-Ausstellung auch die Ein-
geweihten überraschen mußte. Seitdem sind die Namen
der sieben Leute in Düsseldorf fast populär und mir
bleibt weiter nichts zu tun, als in den jungen Ruhmes-
kranz ein paar von meinen alten Rosen einzustecken,
kaum noch besorgt, daß deren Dust noch immer miß-
liebig gerochen würde.
Deußer: Man muß mir schon gestatten, heute zu
wiederholen, was ich vor zwei Jahren und einem Monat
an dieser Stelle schrieb: „Gegen ihn (Cissarz) ist Deußer,
ein geborener Kölner, von einer sachlichen Kühle; sein
auffälligster Vorzug eine konsequente Oltechnik, wie sie
nur Trübner meisterhafter beherrscht. Was er auöstellt,
sind drei Erinnerungsblätter vom Exerzierplatz — also
im höchsten Sinn Impressionen — zweimal Kürassiere,
einmal Zivilreiter, jedes in einigen Stunden völlig prima
hingeschrieben; in einer Pinselführung, die schlichtweg
meisterhaft ist. Meist aus wenigen Tönen aufgebaut,
in der Zeichnung namentlich der Bewegung köstlich, in
der Farbe von großer Reinheit: sind diese wahrhaften

Meisterwerke 'selbstverständlich und unscheinbar zugleich.
Wen es reizt, möge einmal beachten, wie neben ihrer
Klarheit selbst ein solches Werk wie daS Lauterbrunnental
eine Spur Kreidigkeit bekommt, und wie die kleine
Landschaft im deutschen Saal nicht nur den Hobler
sondern überhaupt alles andere an Helligkeit schlägt,
ohne sich an feinster Haltung etwas zu vergeben.
Deußer scheint nichts von einem Poeten an sich zu
haben, wenigstens nichts von einem sentimentalen;
ganz unbestechlich gibt er den sachlichsten Bericht von
der Natur, aber eine Malerei, an der alles in Pracht
und Köstlichkeit vibriert. Seitdem er — dem ich einmal
vorhielt, daß er sich zu lange „auf dem Felde" aushielt;
diesen Titel sübrten eine Zeitlang seine Bilder — mit
diesen Dingen vorgetreten ist, gehört Düsseldorf wieder
zu den modernen Kunststätten. Er mag ein schwieriges
Vorbild sein, aber wenn man in Düsseldorf um ein
solches verlegen ist, ein besseres gibt es nicht für die Leute
am Niederrhein." Damals habe ich mit diesen Worten
keinen Beifall in Düsseldorf geerntet, wohl aber einen
überkommenen Haß gegen mich als „Feind der Düssel-
dorfer Kunst" so sehr entfacht, daß mich gute Freunde
inständigst warnten, nun endlich in einer unangebrachten
Begeisterung aufzuhören, die schon aufs übelste vermerkt
worden wäre, als ich Deußer gelegentlich einer Aus-
stellung bei Schulte im Dezemberheft 1905 „die energie-
vollste malerische Entwicklung in Düsseldorf" zuschrieb.
Und doch hingen nun in der Kunsthalle zum Teil die-
selben Bilder, die damals bei Schulte hingen und dem
Künstler — auch von den meisten seiner Malersreunde
(nur Wilhelm Schreuer, dieser Herzenskerl und Künstler,
machte eine Ausnahme) - klaren Hohn einbrachten.
Ich habe an meinen Worten heute nichts zu ändern
nur das hinzuzufügen, daß von den sieben außerdem
Clarenbach und Bretz, sowie Sohn-Rethel, wenn auch
nicht unter gleichem Widerspruch, so doch zuerst in der
Bedeutung, die ihnen nunmehr zuerkannt wird, an dieser
Stelle ausdrücklich und durch besondere Aussätze ge-
würdigt wurden.
Ich darf mir diese Sätze pro Uomo nicht Vor-
halten, weil ich vor kurzem noch in einer öffentlichen
Sitzung der Düsseldorfer Stadtverordneten einer un-
freundlichen Haltung gegen die Düsseldorfer Kunst ohne
Widerspruch beschuldigt wurde.
Vorbildlich ist Deußer fürs erste für Clarenbach
geworden; nicht in irgend einer technischen Beziehung,
nur in der Gesinnung, indem er gleich ihm eine früh
erworbene Meisterschaft und einen raschgewonnenen
Ruhm aufs Spiel setzte, uin vor der Natur von Grund
auf umzulernen. Hier darf ich wieder bitten nachzulesen,
was ich im Maiheft I9O5 über den Künstler schrieb,
wo ich ihm in jedem Punkt die Entwicklung voraus-
sagte, die nun ihre Früchte zeigt: „Und da beginnt man
nach ihm selbst zu suchen, nach dem, was Clarenbach
uns geben wird, wenn er — der die malerische Kultur
unserer niederrheinischen Nachbarländer, um die sich so
viele ihr Leben lang bemühten, gleichsam zum Frühstück
verspeiste — einmal beginnen wird, mit seinen Gaben
an die größere und letzte Lehrmeifterin, die Natur, zu
gehen. Und auch hier läßt er uns nicht ganz ohne
Zeichen. Ich meine nicht, daß er versucht, und daß es
 
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