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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 17.1909

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Heft 1
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Schäfer, Wilhelm: Bernhard Hoetger
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https://doi.org/10.11588/diglit.26460#0025

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B

emhard Hoetger.

Gegenwärtig zeigt dcr Bildbauer Bernhard
Hoetger im Museum zu Elberfeld eine Reihe
rwn Arbeitc», die ihn als ein bedentcndcs Talent
repräsentieren, sreilich mit der Einschränkung, daß cr von
Einflüssen ausgeht, die viclleicht das nicht so sehr be-
rühren, was er einmal machen wird und jetzt schon
dem aufmerksamen Auge zeigt, als daö, womit er in
dieser Auöstellnng zuerst verblüffcnd vielseitig ivirkt.
Hoetger ist ein Westsale, der zunächst in Düsseldors
untcr Carl Janßen studiertc, dann abcr nach Pariö
ging, wo die übermächlige Persönlichkcit Rodinö und
daö malerischc Prinzip der Plastik jahrclang seiner
jungen Begeisterung die Richtung gab.

Wohl mehr der Not gehorchend als dem eigenen
Tricbe hat er diese Zeit am bcstcn scstgelcgt in kleinen
Bronzegüssen von skizzcnhaster Arbeit, die dem Laicn
eine Art wildgcwordcner dkippfigürchen darstcllcn mögen,
iinmer voll Bewegung sind und durch dic Wucht ihres
Lebenö manchmal über das notgedrungene Format
hinauöstrebcn. Zum Teil abcr sind es Kinderfiguren
wie der bretonische Knabe (Abb. I), wo sich der harm-
lose Jnbalt mit der gewähltcn Größe einigermaßen
deekt, und der Beschaucr mit Behagen der künstlcrischen
Beobachtung solgen kann. Gcht er über dicseö Format
hinaus, z. B. mit cincm männlichen Kops, so behält
seine Technik zwar den srischen Schmiß, abcr sie kommt
im Gesühl der Größc nicht ganz mit, sie ist in Gefahr,
gewaltsam und übcrtrieben zu werden, wenn sie cin
dämonisches Symbol sasscn will. Daß von seinen
größeren Arbeiten diescr Art die Statuette eines sitzendcn
Arbciterö, der mit lächelndem Glcichmut über den Berg
seincr eigcncn Lumpen und Knochen hinweg uns ansieht,
lcbendigcr wirkre als dic höher zielcndcn, mit ihrem
wirklichen groteöken Humor: daraus hätte man einen
ö?inwcis aus jeine eigentliche Begabung nehmcn können;
wcnn nicht ans der gleichcn Zcit der Torso eines klcinen
weiblichen Aktcö zu sehen gcwcsen wäre, in dem alle
llbcrtreibun n dcr malcrischen Plastik biö an die Grenze
der edlen Foim zu'.ückgebildct waren: Dcr Sinn dcr
Hoctgerschcn Begabung ging von Ansang an weder
aufö Grotcskc noch aus das Dämonische, sondern ans
daö Edclschönc. So mußte er sich ganz von sclbcr aus
dcm malcrischcn ImpressionismuS besreicn, statt sich —
wic der Jtaliencr Rosso ctwa — in Übertreibungcn
wciter zu verstricken. Er war im gutcn Sinn cin
Schüler Rodinö und brauchte kcin Nachahmcr von ibm
zu werdcn, weil er wirklich an ihm lernte.

Schon ini Iunihest 1905 (Seite 205) konnte ich
eine Mädchcnbüste von Hoetger abbildcn, dic cine selb-
ständigc und seinc Begabung bewieö. Sie war auch jetzl
in Elbcrscld und sie ist tatsächlich eines seiner besten
Stückc. Wic auö ihrer leicht vernarbtcn Bronzekruste
in einer andern Technik (etwa in Marmor) die Formen
sich klar zu großen und schöncn Flächcn runden würden,
das bewies Hoetgcr mit einer andcrn Büste, die
wicdcrum daö Motiv des schön vorgebogcnen Frauen-
halses an cinem merkwürdigcn Antlitz zeigte. Schon
die Abbildung (2) davon läßt dcutlich erkenncn, wie
diesc Zügc zur Stilisierung drängen; das Tnpische
darin ist so einheitlich, auch seltsam srcmd, daß sich die

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Bemhard Hoetger: Weiblicher Kopf. (Bronze.)
 
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