KvlU'gl'n KonzcssivNl'n nn cin Publiln»! mncsit, das, sowcit cs hicr
in Betracht kommt, meincr Ansicht nach wohl verkannt wird.
Jch las das Buch als selber ein Frcmder, der c,crn von cincm
llandvertrauten sich in desien Heimat cinführen ließ. Ob Unvoll-
ständigkeiten oder llnrichtigkeiten drin enthaltcn sind, wciß ich nicht
zu sagen, wohl aber, daß cs mir Freude machte und ich andcrn
eine gleiche daran wünsche-
Ünseru Aufsah „Straßburg" habcn wir dem Band cntnommen,
die Abbildungen jedoch sind von anderer Herkunft. R. S.
ätsel der Bauknnft.
Die kleinc Abbildung zeigt dcu O.uerscbnitt des Mailänder
Domes, wie er sich mit der Überschrift in der ersten deutschen
Vitruv-Ausgabc von Waltcr Nivius aus dem Iahre 1548 findet.
Die eingezeichneten Dreiccke sind gleichseitig, und was dem crsten
Blick deutlich wird, kann auch die gcnauere Prüfung nicht abstreiten:
die Konstruktion, wie sie der Querschnitt zeigt, baut sich auf der
Grundform des gleichseitigcn Dreiecks auf, aus dem sich alle
wichtigen Schnittpunkte koustruieren lasien. Die Zeichnung ist alt,
sie findct sich schon in der ältesteu Vitruv-Ausgabe von läesariano
und bcstätigt also, daß die vielberedeten Bauhüttcn-Geheimniffe
auch die geometrische Konstruktion in sich bargen.
DondcrArchltecttlr/das.r. §ap.
UMcheauffr-jffung0cr Ouhographtodcr auff)ichcuet>cs obgcsehten grmdr oder
Jchnograph, nach orm Tcmsch'n Slcmmchm grunv dro Tnangclö/mu jonvcrlichcm jlntz libgrmcffrn.
Wer sich aus schonen Neiseerinnerungen das Straßburger
Münstcr vorstellt, wird sich den phantastischen Bau nicht gern als
Rcchenaufgabc erklären laffcn, obwohl eiu Blick aufs Langhaus
jedem sagen muß, daß in dem Verhältnis der Pfeiler und Fenster
zucinandcr bestimmte Meffungen selbstredend wicdcrkehren müffen,
um diese klare harmonischc Ordnnng zu erzeugen. Nur will es
dem Gefühl nicht eingehen, daß sie aus einem Grundschema
geometrisch entwickelt scin sollen: gerade die modernen Vor-
stellungen von dcr Frciheit der künstlerischen Schöpfung sträuben
sich gegen eine solche nachweisbare Gcsetzmäßigkeit: wir wollen
uns die Frcude am menschlichen Gcnic nicht rauben laffen, das
solche Verhältniffc aus der Tiefe des Gefiihls heraus ohne gco-
metrischc Hilfc hinstcllen kann. Wic wir auch die Zirkelnieffungen
Dürers allzuleicht in eine etwas spöttische Beziehung zur Be-
schränktheit und Enge des dunklen Mittelalters bringen, aus dem
er nicht ganz zum Licht der Renaiffance durchkam.
Trotzdem wciß jedcr Baugcwerkschlllcr, daß es für die
richtige Cinsetzung der Fcnstcr, fllr dic richtige Ncigung dcs
Daches uud viele andere Dinge geometrische Hilfsmittel gibt, die
immer im Brauch warcu — und die ein historischer Betrachter
wohl als Restc der alten Bauhüttengehcimniffc deuten könntc.
Iedenfalls darf man es einem Dombaumeister nicht als akadc-
mische Spiclerei auslegen, wcnn er — mit dcr Aufsicht und
Pflege eincs alten Bauwerks betraut — sich immer mehr in die
Messungen dcr schönen Derhältnisse vertieft und eines Tages zu
verblüffenden Anschauungen kommt, wie cs dcm Straßburger
Dombaumeister Knauth geschah.
Cr hat im Iahre I?08 als Sonderdruck der III. Cls. Rund-
schau ein Hcft herausgebracht, das mit dem sonderbaren Titel:
„Das Straßburgcr Münster und die Cheopspyramide,
Rätsel dcr Baukunst" die Neugier wie d.m ungläubigen Spott
gleichcrweise herausfoidert, bis man seinen Gedankengängen stau-
nend bis zu Endc gefolgt ist und angesickns seiner Zeichnungen
kaum noch zweifeln tann, daß auch das Laughaus vom Straß-
burgcr Münster — wie wahrscheinlich alle Mcisterwerke der gotischcn
Baukunst - auf eine geometrische Konstruktion zurückzuführcn ist.
Und zwar nicht wie der Mailänder Dom auf das dem Kreis
eingezeichnete Dreieck sondern das Quadrat und das ins Quadrat
eingezeichnete Dreieck. (Alsv auf dic sogenanntc Quadratur statt
auf die Triangulatur.)
Wie jeder weiß, ist das gleichseitige Dreieck niedriger, als
das Dreicck im Quadrat, das niil ihm gleiche Grundlinie und
Höhe hat. Auf dieses Dreieck im Quadrat, sowie auf das Achteck,
was von selbst entsteht, wenn auf jedcr dcr vier Seiten des
Quadrats das Dreieck eingezeichnct wird, lasscn sich nach dcn
Messungen von Knauth alle wichtigen geomctrischen Derhältniffe
am Langhaus des Straßburger Münsters zurückführen, sowohl ini
Grundriß, wie im Querschnitt, wie im Maßwerk der Fenster, im
Querschnitt der Pfeilcr usw. Jndem Knauth diese Dinge nicht
nur behauptet, sondern durch die roteingezeichnete Quadratur an
Fcnstern, Pfeilern usw. cbenso drastisch und verblüffend vorführt,
wie die Triangulatur in dcr nebenstehenden alten Abbildung vom
Mailänder Doni: hebt er tatsächlich ein wenig den Schleier
„von dcm streng gehülcten Geheimnis der altcn Bauhütten".
Denn daß die Schnittpunkte der Grundriffe und Qucrschnitte zu-
fällig mit seiner geomelrischcn Koustruktion zusamnienfallcn, wird
man ebensowenig behaupten dllrfen, wic man sich angesichts
seiner Zeichnungen damit herausreden kann, Laß er den Dingen
Gcwalt antäte.
Gewagter freilich ist der zweite Teil seiner Arbeit, wo er
von englischen Messungen und Forschungen an der Cheops-
pyramide ausgehend Beziehungen zum Straßburger Münstcrbau
findet, die einen schwindcln machen, wie wenn ein Seil von der
Spitzc des Münsters zur Pyramide gespaunt wäre, auf dem wir
nun gchen sollcn. Daß er an der Cheopspyramide das geo-
metrische System der Quadratur erprobt, liegt ja wohl nicht
allzufern; denn wenn dies schon ein Geheimnis der Bauhütten
war, wird es auch wohl ins Altertum zurück weisen. Aber was
wird der Leser dicser kurzen Besprechung sagen, wenn er hört:
daß die Cheospyramide nach den Behauptungcn des Kgl. Staats-
astronomcn für Schottland P. Smyth einzig und nllein errichtet
wurde, um Maße und Zahlcn des ägyptischen Wiffens von der
Erdc für alle Zeiten festzulcgen, und daß ihr Einhcitsmaß
(von Smyth Pmamidenmeter gcnannt) genau der zehnmillionste
Teil der Erdachsc sei, während unser Meter bekanntlich dcr zehn-
millionste Teil des Crdmeridianquadranten ist, daß aber der
ägyptische Pyramidenmeter genaucr mit den kosmischcn Maßen
stimmt als unser modernes Metermaß, und daß Knauth in seinen
Berechnungen am Langhaus des Straßburger Münsters diesen
ägyptischen Pnramidenmeter wicderzufinden glaubt?
Nun, es wird ihm nichts schaden, wenn cr — rechnerisch be-
begabt — die Resultate unv Vermutungen Knauths bezweifeln
zu müffen glaubt! der große und revolutionierende Wert dieser
Arbcit licgt nicht in den Resultaten, sondern daß sie ein solch
klasjischcs Beispiel wie das Langhaus am Münster Uberzeugend
in Bezichung bringt zu diesen (vom Gehcimnis dcr Bauhüttcn
umschlcierten) geometrischen Konstruktionen, daß er nicht nur auf ein
Nätsel der Baukunst, sondern der Kunst llberhaupt so drastisch
hinwcist, daß unser Gefllhl von der Gesctzmäßigkcit allcr künst-
lerischen Verhältniffe gcstärkl und zur wirklichen Wiffenschaft von
der Kunst, statt zur ästhetischen Phrascologie geführt wird.
K. Ebinghaus.
in Betracht kommt, meincr Ansicht nach wohl verkannt wird.
Jch las das Buch als selber ein Frcmder, der c,crn von cincm
llandvertrauten sich in desien Heimat cinführen ließ. Ob Unvoll-
ständigkeiten oder llnrichtigkeiten drin enthaltcn sind, wciß ich nicht
zu sagen, wohl aber, daß cs mir Freude machte und ich andcrn
eine gleiche daran wünsche-
Ünseru Aufsah „Straßburg" habcn wir dem Band cntnommen,
die Abbildungen jedoch sind von anderer Herkunft. R. S.
ätsel der Bauknnft.
Die kleinc Abbildung zeigt dcu O.uerscbnitt des Mailänder
Domes, wie er sich mit der Überschrift in der ersten deutschen
Vitruv-Ausgabc von Waltcr Nivius aus dem Iahre 1548 findet.
Die eingezeichneten Dreiccke sind gleichseitig, und was dem crsten
Blick deutlich wird, kann auch die gcnauere Prüfung nicht abstreiten:
die Konstruktion, wie sie der Querschnitt zeigt, baut sich auf der
Grundform des gleichseitigcn Dreiecks auf, aus dem sich alle
wichtigen Schnittpunkte koustruieren lasien. Die Zeichnung ist alt,
sie findct sich schon in der ältesteu Vitruv-Ausgabe von läesariano
und bcstätigt also, daß die vielberedeten Bauhüttcn-Geheimniffe
auch die geometrische Konstruktion in sich bargen.
DondcrArchltecttlr/das.r. §ap.
UMcheauffr-jffung0cr Ouhographtodcr auff)ichcuet>cs obgcsehten grmdr oder
Jchnograph, nach orm Tcmsch'n Slcmmchm grunv dro Tnangclö/mu jonvcrlichcm jlntz libgrmcffrn.
Wer sich aus schonen Neiseerinnerungen das Straßburger
Münstcr vorstellt, wird sich den phantastischen Bau nicht gern als
Rcchenaufgabc erklären laffcn, obwohl eiu Blick aufs Langhaus
jedem sagen muß, daß in dem Verhältnis der Pfeiler und Fenster
zucinandcr bestimmte Meffungen selbstredend wicdcrkehren müffen,
um diese klare harmonischc Ordnnng zu erzeugen. Nur will es
dem Gefühl nicht eingehen, daß sie aus einem Grundschema
geometrisch entwickelt scin sollen: gerade die modernen Vor-
stellungen von dcr Frciheit der künstlerischen Schöpfung sträuben
sich gegen eine solche nachweisbare Gcsetzmäßigkeit: wir wollen
uns die Frcude am menschlichen Gcnic nicht rauben laffen, das
solche Verhältniffc aus der Tiefe des Gefiihls heraus ohne gco-
metrischc Hilfc hinstcllen kann. Wic wir auch die Zirkelnieffungen
Dürers allzuleicht in eine etwas spöttische Beziehung zur Be-
schränktheit und Enge des dunklen Mittelalters bringen, aus dem
er nicht ganz zum Licht der Renaiffance durchkam.
Trotzdem wciß jedcr Baugcwerkschlllcr, daß es für die
richtige Cinsetzung der Fcnstcr, fllr dic richtige Ncigung dcs
Daches uud viele andere Dinge geometrische Hilfsmittel gibt, die
immer im Brauch warcu — und die ein historischer Betrachter
wohl als Restc der alten Bauhüttengehcimniffc deuten könntc.
Iedenfalls darf man es einem Dombaumeister nicht als akadc-
mische Spiclerei auslegen, wcnn er — mit dcr Aufsicht und
Pflege eincs alten Bauwerks betraut — sich immer mehr in die
Messungen dcr schönen Derhältnisse vertieft und eines Tages zu
verblüffenden Anschauungen kommt, wie cs dcm Straßburger
Dombaumeister Knauth geschah.
Cr hat im Iahre I?08 als Sonderdruck der III. Cls. Rund-
schau ein Hcft herausgebracht, das mit dem sonderbaren Titel:
„Das Straßburgcr Münster und die Cheopspyramide,
Rätsel dcr Baukunst" die Neugier wie d.m ungläubigen Spott
gleichcrweise herausfoidert, bis man seinen Gedankengängen stau-
nend bis zu Endc gefolgt ist und angesickns seiner Zeichnungen
kaum noch zweifeln tann, daß auch das Laughaus vom Straß-
burgcr Münster — wie wahrscheinlich alle Mcisterwerke der gotischcn
Baukunst - auf eine geometrische Konstruktion zurückzuführcn ist.
Und zwar nicht wie der Mailänder Dom auf das dem Kreis
eingezeichnete Dreieck sondern das Quadrat und das ins Quadrat
eingezeichnete Dreieck. (Alsv auf dic sogenanntc Quadratur statt
auf die Triangulatur.)
Wie jeder weiß, ist das gleichseitige Dreieck niedriger, als
das Dreicck im Quadrat, das niil ihm gleiche Grundlinie und
Höhe hat. Auf dieses Dreieck im Quadrat, sowie auf das Achteck,
was von selbst entsteht, wenn auf jedcr dcr vier Seiten des
Quadrats das Dreieck eingezeichnct wird, lasscn sich nach dcn
Messungen von Knauth alle wichtigen geomctrischen Derhältniffe
am Langhaus des Straßburger Münsters zurückführen, sowohl ini
Grundriß, wie im Querschnitt, wie im Maßwerk der Fenster, im
Querschnitt der Pfeilcr usw. Jndem Knauth diese Dinge nicht
nur behauptet, sondern durch die roteingezeichnete Quadratur an
Fcnstern, Pfeilern usw. cbenso drastisch und verblüffend vorführt,
wie die Triangulatur in dcr nebenstehenden alten Abbildung vom
Mailänder Doni: hebt er tatsächlich ein wenig den Schleier
„von dcm streng gehülcten Geheimnis der altcn Bauhütten".
Denn daß die Schnittpunkte der Grundriffe und Qucrschnitte zu-
fällig mit seiner geomelrischcn Koustruktion zusamnienfallcn, wird
man ebensowenig behaupten dllrfen, wic man sich angesichts
seiner Zeichnungen damit herausreden kann, Laß er den Dingen
Gcwalt antäte.
Gewagter freilich ist der zweite Teil seiner Arbeit, wo er
von englischen Messungen und Forschungen an der Cheops-
pyramide ausgehend Beziehungen zum Straßburger Münstcrbau
findet, die einen schwindcln machen, wie wenn ein Seil von der
Spitzc des Münsters zur Pyramide gespaunt wäre, auf dem wir
nun gchen sollcn. Daß er an der Cheopspyramide das geo-
metrische System der Quadratur erprobt, liegt ja wohl nicht
allzufern; denn wenn dies schon ein Geheimnis der Bauhütten
war, wird es auch wohl ins Altertum zurück weisen. Aber was
wird der Leser dicser kurzen Besprechung sagen, wenn er hört:
daß die Cheospyramide nach den Behauptungcn des Kgl. Staats-
astronomcn für Schottland P. Smyth einzig und nllein errichtet
wurde, um Maße und Zahlcn des ägyptischen Wiffens von der
Erdc für alle Zeiten festzulcgen, und daß ihr Einhcitsmaß
(von Smyth Pmamidenmeter gcnannt) genau der zehnmillionste
Teil der Erdachsc sei, während unser Meter bekanntlich dcr zehn-
millionste Teil des Crdmeridianquadranten ist, daß aber der
ägyptische Pyramidenmeter genaucr mit den kosmischcn Maßen
stimmt als unser modernes Metermaß, und daß Knauth in seinen
Berechnungen am Langhaus des Straßburger Münsters diesen
ägyptischen Pnramidenmeter wicderzufinden glaubt?
Nun, es wird ihm nichts schaden, wenn cr — rechnerisch be-
begabt — die Resultate unv Vermutungen Knauths bezweifeln
zu müffen glaubt! der große und revolutionierende Wert dieser
Arbcit licgt nicht in den Resultaten, sondern daß sie ein solch
klasjischcs Beispiel wie das Langhaus am Münster Uberzeugend
in Bezichung bringt zu diesen (vom Gehcimnis dcr Bauhüttcn
umschlcierten) geometrischen Konstruktionen, daß er nicht nur auf ein
Nätsel der Baukunst, sondern der Kunst llberhaupt so drastisch
hinwcist, daß unser Gefllhl von der Gesctzmäßigkcit allcr künst-
lerischen Verhältniffe gcstärkl und zur wirklichen Wiffenschaft von
der Kunst, statt zur ästhetischen Phrascologie geführt wird.
K. Ebinghaus.