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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 21.1911

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Heft 9
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Rüttenauer, Benno: Der Arrestant Ludwigs XIV, 2
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https://doi.org/10.11588/diglit.26495#0339

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et 9trrejhnt XIV
Von SBenno Slüttenouer.
II-
31m folgenben Doge regnete eg unb bie Daclfterrnffe
war unzugänglich S" bumpfem SBrüten faß bar Straf
cot bem fchweren eichenen Difch, wo fei" Diener eben
bamit fertig geworben, bie 91eße ber Slohlzeit ob-
Zuraumen.
3Bie am 31benb zuoor war er in feinen fcftwarzen
Vlontel gewictelt, unb nur bie weißfeibenen Strümpfe
unb bie Schuhe mit golbenen biomontenbefe$ten
Schnallen unb weit obflelfenben gereiften Schleifen
falten barunter heroor. 31uf feinem blonbbraunen $octen-
houpt fehlte ber Dretfpiit.
Dag Stemoch war nicht allzu eng, auch h'ulänglich
beleuchtet, troltbem armgbide Sifenborrcn bie fchmole
Sichtöffnung eng oergitterten, bie gleich ben Schieß-
fc^arten einer älafematte, nach außen fich oetfüngenb,
bag flofterbide üPouerwerf burchbohrten. Steißgetolfte
Stonbe, nagt wie bag Vichtg, umgaben ben Stefangenen.
Doch fchloffen fich an bag Hauptgemoch z'uet 91ebenräume
an, eine Schloftommcr für ben Strafen unb ber Verfchlog
für ben SSebienten. Der (befangene, einfi hotte man ihn
ben tollen (brafen genannt, wäre nun fchon glüclltch ge-
wefen mit etwag Rapier unb einem Schreibzeug. 3M!ein
beibeg würbe ihm nur gelegentlich unb feiten gewährt
Zur 31bfoffung oon Vrtefen, wozu in febem einzelnen
Soll bte Stenehmigung beg (bouoerneurg eingeholt werben
mußte.
Der (braf fah fich heute wieber ber fclfwärzefien SPe-
lancholie pretggegeben. Von feiner SPahlzeit hatte er
faum einen tBiffen berührt. Der Sebengtricb in ihm
wollte fich nicht abtoten laffen, aber alle feine Organe
befanben ftch in einer 31rt Empörung unb iReoolution
gegen biefe Süge oon Seben, bag in Stoftrbeit ber Dob
felber war. Der Unglüclliche fühlte, wie er zu allem Slenb
Iran! würbe in allen Saften.
Sin fnarrenbeg Steräufcft oon Sifenriegeln riß ihn
aug feiner büflern Verfunfenheit. Sin Schlüffe!, fo Hang
bag (beraufch, würbe zweimal im Schloff gebreht unb
eine fchwere Dür ächzte in ihren 31nge!n. Sehr gebämpft
Hang eg wie oon ferne. Doch bann wieberbolte ficbg
florier unb wie um oteleg näher, Snblich noch einmal,
ganz nahe, in fchrill freifchenben Dünen. Denn brei
fchwere, fchwer mit Sifen befchlogene Düren oerfperrten
biefen Hofterbicf ummauerten Werfer. Unb nun tat bie
le$te noch Innen fich auf. Sin Strahl ber grettbe flog
über bog (beficht beg (befangenen unb er erhob ficb oon
feinem Si$. Vor ihm fionb später blouet im langen
Schworzmontel, ben Schiffhut unterm 3!rm.
— 3Bte ich @uch banle! rief ber (braf bewegt.
— blicht mir, wehrte ber Sefuit, allein unferer
Königin, Surer gnobigen Herrin, gebührt Stter Dont;
ich gehorche blofj ben ^Befehlen Sh^er bHojeftot. SPit bero
ollerhbchfien Srloubnig überbringe ich Such biefeg.
Vlit biefen Porten reichte ber Sefuit, inbem er fich
auf einen Stuhl nieberließ, bem Strafen einen unoer-
fiegelten Strief.
— Von meiner grau ...

spater blouet mochte bem (befangenen ein ßeiclfen,
baß er ben Vrief lefen möge, unb mit heftiger Haub unb
ooll Stührung fich entfchttlbigertb entfaltete biefer bag
Vlott. Sr hatte laum einen iBlid borouf geworfen, fo
jtürzten ihm fchon bie Dränen aug ben 31ugen.
Der Sefuit betrachtete unterbeffen oufmertfom ben
ätnopf feineg fpanifchen Stohreg, ber einen beinernen
Dotenlopf borftellte.
— Die (bute, rief ber Straf, fie hat fich ber Königin
ZU Süßen geworfen, fie macht mir Hoffnung, mich
nochfteng in meinem Werter befuchen zu bürfen. Sch (labe
eg lount um fie oerbient.
— So, fogte lopfnictenb ber spriefter, Shc habt wohl
oiel gegen fie auf bem Stemiffen.
— Sin folcher Sngel.
— Shc habt fie nur allzufehr olg Sngel behonbelt,
.Sperr Straf, fiel ber Sefuit ein, unb feine ftrengen 31ugen
blidten faft fcholfhoft; möge bag Unglücf Sucr flattere
hofteg Hetz in Dreue ihr zuwenben.
— SPetn ^)erz ift wahrhaft zerfnirfcht, beteuerte
fener.
spater 91ouet antwortete nur mit einem ftrengen
VM. Sinen 31ugenblid petnlicheg Schweigen.
— Sh? Zweifelt an mir? fragte ber (befangene faft
ängftüch-
Der ^trießer fchien noch Störten zu fuchen.
— So lang Shc noch glauben tonnt, brachte er bann
ZÖgernb unb oorfidftig heroor, baff Such ber ätönig zu
Unrecht Iper ein Dbboct) gewährt.
Da muffte ber Straf hoch lachen. Sg Hong ober
bitter.
— Sin Dbboch gewährt, ift gut, rief er bann in ehrlicher
Sntrüftung. Sch halte gehofft, zum Stlorfcholl oon gronf-
reich ernannt zu werben, unb meine Verbienße um bag
SBoterlonb unb ben ätönig heifcfUen längft biefe Ste!oh-
nung, bie unterbeffen mehr olg einem Unwürbigen
Zuteil geworben ift; ftott beffen wirft man mich tu bie
SBoftille um einer Soppalie willen. Sch fage gar nicht,
baff ich unfchulbig fei, nur baff meine Strafe in feinem
SBerhältnig fleht zu meiner SBerfehlung. T)er jtönig tut
meinem Stomon oiel zu oiel Sftre an, ein folcheg SKuf-
hebeng booon zu machen. SPan fönnte meinen, ich
habe bie oerruchten „SBricfe an einen spto^inziolen"
gefchrteben.
— Shc fpcecht oon bem ftolzbemütigen spogfo^
erwibertc ber Sefuit finflet; ber Unglüdfelige würbe
unterbeffen oor einen höheren Slichterftuhl gerufen.
%uch oergleiche ich Sure Sterte nicht mit ben unhciloollen
Schriften biefeg SBerbommten. Doch ich weiff, wog Shc
benft. 311g unfer Drben oerlongte, bo§ bte wahrhaft
teuflifchen SBriefe beg SBerblenbeten oon .Spenferghonb
öffentlich oerbronnt würben, bo hat fich l*er ätönig auf
bie Seite unfereg ärgften geinbeg beg ^Porlomentg
geftellt. Sr hat bamit ein grofjeg Unrecht getan, feine
Slachfolget werben noch bafür bü^en müffen.
— 3fug spogfolg SBriefen, warf ber Straf ein, nehmen
bte Sanfentflen unb Hugenotten gleichermaßen ihre
giftigen Stoffen.
— Stott will eg fo, um ung wach zu halten, fpraeft
später Slouet mit bemütigem Senfen beg äbopfeg. Shc
ober fönnt boraug fehen, baß aug teinem Verbrechen


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