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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 22.1912

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Heft 5
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Müller, Paul: Fernaufnahme - Bildwirkung
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https://doi.org/10.11588/diglit.26494#0183

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anchem Wan-
derer auf der
Höhe des Ge-
birges, am Strande
der See oder auch
wohl auf einsamer
Heide regt sich der
Wunsch, dies oder
jenes fernliegende
landschaftliche Motiv
auf der photographi-
schen Platte sestzu-
haltcn; drum schnell
die Kamera zur Hand,
aufgebaut und eine
Aufnahme gemacht.

Awar wirkt schon auf
der Mattscheibe das
Bild nicht mehr ganz
so stimmungsvoll wie
in der Natur, es fehlt
ihm etwas, das man sich nicht zu erklären vermag;
allein die Farbenwirkung ist zu schön, sie tauscht über
alles hinweg, die Aufnahme wird vollzogen und hoch-
befriedigt kehrt man heim.

Erst in der Dunkelkammer folgt dann die völlige Er-
nüchterung. Der fertigen Platte, der ja nun auch die
Farben fehlen, mangelt jede Bildwirkung. Es ist eine
Photographie, vielleicht eine sehr gute Photographie,
aber auch weiter nichts; man steht vor einem Rätsel.
Der Apparat stammt doch aus einer guten Fabrik,
ebenso die Platte; man hat sich alle Mühe bei der Auf-
nahme gegeben, das Bild ist technisch einwandfrei ge-
lungen, und doch ist das Resultat völlig unzureichend.
Da kommt einer der guten Freunde, dem man die
Aufnahme zeigt, auf
den Gedanken: „Das
Bild ist an und für
sich zu klein, man muß
es vergrößern, dann
erst wird es wirken."

Auch dieses Opfer
wird gebracht, aber
die Wirkung bleibt
aus. Der an und
für sich schon viel zu
große Vordergrund
wirkt jetzt erschreckend
aufdringlich,derHori-
zont jedoch und ge-
rade das Motiv, das
dem Auge so wohl
gefiel,verlieren sich in
unscheinbarer Größe
aufder weiten Flache.

Der wahre Grund
liegt in der unnatür-
lichcn Verzeichnung
der Perspektive durch

die nieist niit viel zu
kleiner Brennweite
ausgestatteten Objek-
tive unsererKameras.
Für ein normales
Auge beträgt namlich
die Sehweite, d. h.
die Entfernuna, in
die ein Bild etwa
von der Größe des
Plattenformats unse-
rer Taschenkameras
vom Auge gebracht
werden muß, damit
dieses ohnc Anstren-
gung alleTeilegleich-
mäßig genau betrach-
ten kann, ungefahr
25 cmr. Falls also
ein Objektiv die von
den einzelnen Punk-
ten einer Landschaft ausgehenden Strahlen in der
gleichen Entfernung von 25 0111 von seinem Mittel-
punkt wieder zu einem Bild vereinigt, und dieses
Bild von einem normalen Auge aus 25 cmi Abstand
betrachtet wird, so hat der Beschauer annähernd den-
selben Eindruck, als wenn er in die Landschaft selbst
hineinblickte. Die Entfernung, in der ein Objektiv
die Strahlen wieder vereinigt, d. h. den Abstand der
Mattscheibe vom Objektivmittelpunkt bezeichnet man
mit „Brennweite".

Wie aus dieser kurzen Betrachtung hervorgeht,
müßten also Landschaftsobjektive für eine Plattengröße
von beispielsweise 9 x 12 cmr eine Brennweite von
25 oiii besitzen. Dies ist aber keineswegs der Fall.

12 bis 15, im günstig-
sten Falle 18 om ist
das normale Maß.
Größere Brennwei-
ten erfordern volu-
minösers Apparate,
und man verzichtet
lieber zugunsten einer
größeren Bequem-
lichkeit auf gute Bild-
wirkung. Erst die
Erfindung des Tele-
oder Fernobjektivsbc-
fähigte den Land-
schaftsphotographen,
eine wirklich gute
Bildwirkung seiner
Aufnahmen zu erzie-
len. Dieses System,
das aus einer Kom-
bination eines nor-
malen guten Objek-
tivs, etwa einesDop-
pelanastigmaten mit

Fernaufnahme - Bildwirkung.

Zementfabrik in Oberkassel. Fernaufnahme mit Objektiv von 18 om Brennweite.

Aementfabrik in Oberkassel. Fernaufnahme.
 
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