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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 24.1914

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Heft 6
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Schmidt, Paul Ferdinand: Die Darmstädter Jahrhundert-Ausstellung Deutscher Kunst 1650 - 1800
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https://doi.org/10.11588/diglit.26492#0219

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Abb. 1. Balthasar Denner: Stilleben (Aquarell, 1698).

Die Darmstädter Jahrhundert-Ausstellung Deutscher Kunst 1650-1800

s ist vielleicht verfrüht, schon nach den ersten Ein-
drücken von dieser Schau der barocken Kunst in
Deutschland auszusprechen: sie ist leichter überseh-
bar in ihren Wirkungen und sie bietet nicht so viele Über-
raschungen und Probleme wie die Berliner Jahrhundert-
schau von 1906. Aber dieser Eindruck wird doch bleiben,
weil die Gegensatze überzeugend sind: von derMalerei des
19.Jahrhunderts in Deutschland wußte man bis 1906 nur
bruchstückweise, und es konnten ganze Epochen und große
Künstler dort entdeckt werden; vom 17. und 18. Jahr-
hundert aber wußten wir schon, daß in Deutschland
die ganze Fülle des künstlerischen Genius sich auf die
Baukunst konzentrierte, der „die wichtigsten Schöpfungen
des deutschen Barock und Rokoko" angehören, wie das
Vorwort des Kataloges in kluger Einschrankung selber
sagt. Fügt man hinzu, daß auch die bedeutsamsten und
charakteristischsten Werke der Malerei und Plastik in
unmittelbarem Iusammenhang mit der Architektur ent-
standen und daher allensalls nur in Skizzen gezeigt
werden konnten, und daß von dem reichen Kunstgewerbe
das schönste Glied, das Porzellan, aus begreiflichen
Gründen ausgelassen werden mußte, so versteht man,
wie eng sich die Grenzen der Darmstadter Ausstellung

IV 19»

selber gezogen haben, und wird wissen, was man dort
nicht zu erwarten hat.

Und doch ist die Ausstellung sehr notwendig gewesen
und ein tapferes und dankenswertes Unternehmen des
Großherzogs von Hessen und seines künstlerischen Bei-
rates Prosessor Biermann. Es war notwendig, die
Ausammenhänge der Malerei seit dem 30jährigen Krieg,
ihre besonderen Werte und ihre Beziehungen zum
19. Jahrhundert allen sichtbar und übersehbar heraus-
zuarbeiten. Das ist geschehen, mit einem Nachdruck
auf dem 18. Jnhrhundert, der sich durch das Uberwiegen
des fürstlichen Besitzes erklärt. Es ist an und für sich
ein Verdienst, diese Kunstschätze, die weit verstreut und
versteckt, schwer oder garnicht zugänglich in Schlössern
ein beschauliches Dasein sühren, mitten hinein ins Tages-
licht der kritischen Vergleichung zu ziehen, und dieses
Verdienst wird man Biermann hoch anrechnen müssen
als einen Ersolg seiner unermüdlichen Arbeit und seines
Organisationstalentes. Eine andere Frage ist die, welche
Epoche kunsthistorisch mehr Neuland gebracht hatte, und
nach den vorhandenen Proben zu urteilen, wird man
sich freuen, daß hier im 17. Jahrhundert wohl noch
manche wertvolle Entdeckung zu holen ist. Das Resultat
 
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