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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 24.1914

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Heft 8/9
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Schäfer, Wilhelm: Die Deutsche Werkbund-Ausstellung in Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.26492#0295
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Die Deutsche Werkbund-Ausstcllung in Köln.

Aufgabe ohne Schaden für die Übersichtlichkeit zu lösen.
Dazu kommt noch, daß die Gliederung des nahezu
quadratischen Grundrisses in ein breiteres Mittelschiff
und zwei schmale Langschiffe nur undeutlich würksam
wird, weil die Höfe, die alü Orientierungspunkte den vier
Querhallen oorgelagert sein solltcn, teilweise oder ganz
überbaut werden ncußten, um Platz zu gewinnen. Man
muß sich also von der Mittelhalle mit den kaiserlichen
Prunkstücken aus zurechtfinden. Außer diesen dicht um-
lagerten Sehenswürdigkeiten gibt die Mittelhalle eine
Übersicht übcr die verschiedenartigsten Aweige des Kunst-
gewcrbech wie es sich vornehmlich in der Massenher-
stellung bewahrt. Abgesehen von wenigen Stücken, tritt
hier die Qualität des Materials mcist vor der Form
in Erscheinung, man nimmt darum von diesen Rau-
men — wie sie Keramik, Glasindustrie und Metall in
jcder Verarbeitung zeigen — den Eindruck eines guten
Durchschnitts ncit, obwohl z. B. so gute Leistungen
wie das Gebrauchsporzellan von Prof. Nicmeycr aus
der Manufaktur Rosenthal in Bayern eine ganz andere
Wertung verdienten.

Derartig große Ausstellungen haben bestimmte
KristallisationSpunkte nötig, die sich entweder an die
Gleichartigkeit des Materials oder der Jdee, an die
geographische Ausammengehörigkeit oder an die Namen
bestimmter Künstler halten. Sobald man daher das
Nkittelschiff verlaßt, kvird nian sich auch jeweils nach einem
dieser Punkte zurechtfinden.

Als Reprasentationsraum der Werkbundidee könnte
die Abteilung „auserlesener Einzelstücke aus
alter und neuer Aeit" gelten. Sie gibt in einer
Art von Museum eine Übersicht über die Entwicklung

des deutschen Kunsthandwerks und sucht eine Linie
darzustellen, die von dem gotischen Heribertschrein bis
zu deni berühmten Schreibtisch von Olbrich führt.
Leicht wäre es, in dieser Ausstellung Lücken nachzu-
weisen, wie auch die Ünsicherheit der Kurve zu be-
tonen, die da von alten zu neuen Kunstwerken geht;
doch sowieso nmß es einer Generation, die vor den
fertigen Resultaten steht, mehr als historisch merkwürdig
sein, wie gut da alte und neue Stücke sich nebencin-
ander halten. Der Schrank von Schmidt-Rottluff
mit seinen bunten in unregelmäßig dreieckige Flächen
aufgeteilten Jntarsien, die Bildwebereien von Wanda
Bibrowicz und die Stücke von Prof. Jos. Hoffmann
in Wien stehen trotz ihrer Modernität in ciner Linie
mit dem deutschen Kunstgewerbe, daS die Schnitzerei
des gotischen Schreins in der technischen Vollendung
schuf, die heute wieder der Ehrgeiz unseres Handwerks
ist. Leider trägt die Aufmachung des Raumes mehr den
Charakter einer provisorischen Festdekoration im kari-
katuristischen Sinn.

Gewissermaßen die näheren Erläuterungen zu dieser
Ausstellung geben die S onderausstellungen ein-
zelner Werkkünstler, anscheinend von cinem Witz-
bold „die zwölf Apostel" genannt, deren Evangelium
dann eben „die Veredelung der gewerblichen Arbeit im
Ausanimenwirken von Kunst, Jndustrie und Handwerk"
wäre. Besonders wir Alteren, die wir uns noch sehr gut
an das Aufsehcn erinnern, das die ersten Arbeiten von
Hermann Obrist, van de Velde und Otto Eckmann niach-
ten, und an die zweite Reihe: Pankok, Behrens, Olbrich
und Ricmerschniid, wir gehen mit einem gewissen Stolz
hindurch, unsere viel verlachten und bezwcifelten Hoff-

Abb. 17.

Vorderansicht des Pavillons der Farbenschau (Muthesius).
 
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