DOI Heft:
Heft 5
DOI Artikel:Braun, Felix: Die Amazonenschlacht
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.26491#0192
ie Amazonenschlacht.
Von Felir Braun.
Die Ankunft.
Jch war vor Troja mit und sah die Schlacht
der Amazonen. Ah — wir standen alle
zu Scharen bei den Schiffen, auf dem Walle,
um sie zu sehn in ihres Rittes Pracht.
Sie sprengten, Sattels, Zaums und Aügels bar,
auf braun und schwarzen Rossen, staubumflogen,
helmlos das Haupt, von goldnem Band umzogen,
und frei im Wind das nachtige Haar.
Sie schwangen lange Spieße, ganz aus Eisen,
die Köcher schütterten an ihren Rücken,
und unsern Bogenschützen zum Entzücken
spannten sie ihre Armbrust fast zu Kreisen.
Und wo bei uns das Schwert zur Seite hängt,
hatten sie kleine Arte festgebunden.
Die rechte Brust entblößt, gefolgt von Hunden,
kamen sie wie ein Sturm herangesprengt,
die Luft erfüllend mit ganz hohem Schreien,
wie Vögel frühlings in den Bäumen lärmen. —
Verfinsternd alles, Sturz von Falkenschwärmen,
brachen sie plötzlich über unsre Reihen,
wegjagend über eherne und nackte
riesige Männerleiber, schwirrend, brausend,
und jeder zweite fiel. Es waren tausend,
die dieser Tag mit blutigen Fingern packte.
Sie ritten über uns hinweg — sie schrien
und machten kehrt und griffen an vom neuen.
Die Waffen schlugen uns zu Boden hin. —
Die Jungfraun rissen wie die grimmen Leuen
uns Männer auf den blutdurchtränkten Plan.
Wir lagen unter ihrer Rosse Hufen.
Und unser Wehschrei, Röcheln, Racherusen
verging in ihrem jauchzenden Päan.
Verwundete Amazone.
Acht Tage wütete der eiserne Tod
von Weiberhänden fort in unsern Scharen.
Am neunten, aber erst beim Abendrot,
als sie erschöpft und ganz von Kräften waren,
begaben sie sich nach den Lagerzelten,
um auszuruhn. Die Nacht war hoch und weit,
im Feuer ungezählter Sternenwelten,
nur Licht, nur Raum, nur Unermeßlichkeit.
Und da geschahs, daß mich der Vorwitz stieß
und ich hinausging vor die letzten Runden.
Die Luft war lau. Ein milder Westhauch blies.
Kein Klang rings — nur von den Molosserhunden
ein Laut im Fernen dann und wann. Ganz leis
macht' ich den Schritt. Jch sah die Lagerbrände
der Amazonen trüb im Nebelkreis
und ließ mich schleichend nieder auf die Hände,
daß mich kein plötzliches Geräusch verriete. —
So kroch ich fort und kam schon nah der Stadt.
Da sah ich -— und erhob mich, daß ich kniete —
das Bild, das niemals seinesgleichen hat:
Gestützt an abgebrochnem Pfeiler stand,
die eine Hand zum Hinterhaupt erhoben,
fallend die andre von der Fläche Rand,
der großen Augen Schmerzensblick nach oben —
sag ich noch: eine von den Kriegerinnen?
Ach, nur ein Mädchen, ganz in des Geschlechtes
lieblicher Schwachheit, teilhaft jedes Rechtes,
womit uns Fraun die Seele abgewinnen.
Um ihre Schultern war ein weißes Linnen
mit vielen Knoten kunstgemäß gewunden
und scharfen Blicks erspäht ich einen runden
finsteren Fleck wie Blutspur mitteninnen.
Und ich begriff, daß sie verwundet war. —
Das Herz erfüllt von Hilfeliebesdrange
— wie kost' ich ihr im Geist schon Mund und Wange,
den weißen Hals, die Stirn, das wilde Haar! —,
schlich ich von Baum zu Baum mich rastlos näher,
den Tod zuschwörend jenem Kriegsgenossen,
der seinen Pfeil nach dieser Brust geschossen,
urd dem gesamten Heere der Achäer
im Jnnern grollend. Und nun war ich ganz
herangekommen. Awischen ihr und mir
reichte kein Schwert. Jch sah des Haares Glanz,
des Nackens Aug, der weißen Haut Geflirr
netzhaft im Spiel des Sternenhimmellichtes,
die junge Brust, der Arme schwellendes Rund,
das Ebenmaß des länglichen Gesichtes
und, vorgewagt, das Aug, den Schmerzensmund.
Und — da mir Blindheit rot den Blick umschwankte,
was weiß ich, was ich tat! Jch fühlte bloß
den warmen Leib an meinem, Griff und Stoß,
und daß wir rangen, daß ich hielt und langte,
Weichheit, Entgleitung, Fülle, Atemkeuchen,
Kraft wider Kraft, Brust eng an Brust gepreßt,
heiß wie vom schäumenden Blut der Fieberseuchen,
luststöhnend, staubumschichtet, schweißgenäßt. —
Mit einem Male traf mich auf beide Knie
blitzgleich ein Schlag. Jm wankte kaum im Fall
und schlug schwer hin. Das Gras verschlang den Schall.
Und riesenhaft gereckt gewahrt' ich sie.
Von Felir Braun.
Die Ankunft.
Jch war vor Troja mit und sah die Schlacht
der Amazonen. Ah — wir standen alle
zu Scharen bei den Schiffen, auf dem Walle,
um sie zu sehn in ihres Rittes Pracht.
Sie sprengten, Sattels, Zaums und Aügels bar,
auf braun und schwarzen Rossen, staubumflogen,
helmlos das Haupt, von goldnem Band umzogen,
und frei im Wind das nachtige Haar.
Sie schwangen lange Spieße, ganz aus Eisen,
die Köcher schütterten an ihren Rücken,
und unsern Bogenschützen zum Entzücken
spannten sie ihre Armbrust fast zu Kreisen.
Und wo bei uns das Schwert zur Seite hängt,
hatten sie kleine Arte festgebunden.
Die rechte Brust entblößt, gefolgt von Hunden,
kamen sie wie ein Sturm herangesprengt,
die Luft erfüllend mit ganz hohem Schreien,
wie Vögel frühlings in den Bäumen lärmen. —
Verfinsternd alles, Sturz von Falkenschwärmen,
brachen sie plötzlich über unsre Reihen,
wegjagend über eherne und nackte
riesige Männerleiber, schwirrend, brausend,
und jeder zweite fiel. Es waren tausend,
die dieser Tag mit blutigen Fingern packte.
Sie ritten über uns hinweg — sie schrien
und machten kehrt und griffen an vom neuen.
Die Waffen schlugen uns zu Boden hin. —
Die Jungfraun rissen wie die grimmen Leuen
uns Männer auf den blutdurchtränkten Plan.
Wir lagen unter ihrer Rosse Hufen.
Und unser Wehschrei, Röcheln, Racherusen
verging in ihrem jauchzenden Päan.
Verwundete Amazone.
Acht Tage wütete der eiserne Tod
von Weiberhänden fort in unsern Scharen.
Am neunten, aber erst beim Abendrot,
als sie erschöpft und ganz von Kräften waren,
begaben sie sich nach den Lagerzelten,
um auszuruhn. Die Nacht war hoch und weit,
im Feuer ungezählter Sternenwelten,
nur Licht, nur Raum, nur Unermeßlichkeit.
Und da geschahs, daß mich der Vorwitz stieß
und ich hinausging vor die letzten Runden.
Die Luft war lau. Ein milder Westhauch blies.
Kein Klang rings — nur von den Molosserhunden
ein Laut im Fernen dann und wann. Ganz leis
macht' ich den Schritt. Jch sah die Lagerbrände
der Amazonen trüb im Nebelkreis
und ließ mich schleichend nieder auf die Hände,
daß mich kein plötzliches Geräusch verriete. —
So kroch ich fort und kam schon nah der Stadt.
Da sah ich -— und erhob mich, daß ich kniete —
das Bild, das niemals seinesgleichen hat:
Gestützt an abgebrochnem Pfeiler stand,
die eine Hand zum Hinterhaupt erhoben,
fallend die andre von der Fläche Rand,
der großen Augen Schmerzensblick nach oben —
sag ich noch: eine von den Kriegerinnen?
Ach, nur ein Mädchen, ganz in des Geschlechtes
lieblicher Schwachheit, teilhaft jedes Rechtes,
womit uns Fraun die Seele abgewinnen.
Um ihre Schultern war ein weißes Linnen
mit vielen Knoten kunstgemäß gewunden
und scharfen Blicks erspäht ich einen runden
finsteren Fleck wie Blutspur mitteninnen.
Und ich begriff, daß sie verwundet war. —
Das Herz erfüllt von Hilfeliebesdrange
— wie kost' ich ihr im Geist schon Mund und Wange,
den weißen Hals, die Stirn, das wilde Haar! —,
schlich ich von Baum zu Baum mich rastlos näher,
den Tod zuschwörend jenem Kriegsgenossen,
der seinen Pfeil nach dieser Brust geschossen,
urd dem gesamten Heere der Achäer
im Jnnern grollend. Und nun war ich ganz
herangekommen. Awischen ihr und mir
reichte kein Schwert. Jch sah des Haares Glanz,
des Nackens Aug, der weißen Haut Geflirr
netzhaft im Spiel des Sternenhimmellichtes,
die junge Brust, der Arme schwellendes Rund,
das Ebenmaß des länglichen Gesichtes
und, vorgewagt, das Aug, den Schmerzensmund.
Und — da mir Blindheit rot den Blick umschwankte,
was weiß ich, was ich tat! Jch fühlte bloß
den warmen Leib an meinem, Griff und Stoß,
und daß wir rangen, daß ich hielt und langte,
Weichheit, Entgleitung, Fülle, Atemkeuchen,
Kraft wider Kraft, Brust eng an Brust gepreßt,
heiß wie vom schäumenden Blut der Fieberseuchen,
luststöhnend, staubumschichtet, schweißgenäßt. —
Mit einem Male traf mich auf beide Knie
blitzgleich ein Schlag. Jm wankte kaum im Fall
und schlug schwer hin. Das Gras verschlang den Schall.
Und riesenhaft gereckt gewahrt' ich sie.