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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 25.1915

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Heft 6
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Haeuselmann, Johann Friedrich: Kriegerisches Kunstgewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.26491#0207

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Abb. 1. Magdeburger Stemzeugschüssel mit Blücher.

Kriegerisches Kunstgewerbe.

er Ausbruch des Europaischen Krieges hat die
küustlerischen Kraftc im Deutschen Reiche ganz
überraschend betroffen. Nach dem langen Frie-
denszustande ist der Krieg ein Ereignis, welches, künstlerisch
erlebt, auch schöpferisch neugestaltend wirken muß. Die
Beweise dafür sind uns wirklich nicht erspart geblieben.
Am ausgiebigsten wird in Dichtung und Vertonung ge-
arbeitet. Auch mit Pinsel, Stift, Feder und Meißel
werden die kriegcrischen Erlebnisse bereits massenhaft
gebildnet und gefornit. Die Baukünstler überlegen sich,
wic die große Aeit zum Segen einer vaterlandischen ein-
heitlichen Bauerei genützt werden kann, die Kunst-
gewerbler dagegen sind mit der Gestaltung kriegerischcr
Erzeugnisse bereits zum Auge gekomnien.

Die Bewertung dieser künstlerischen Schöpfungen
innerhalb der gesamten deutschen Kultur bleibt natürlich
der Zukunft vorbehalten. Heute kann nur festgestellt
werden, daß diese Kriegskunst eine plötzliche Erscheinung
ist und im Wesen der verflossenen sriedlichen Kunst-
arbcit ferne stebt. Damit steht sie auch im Gegensatz zu
der Kriegskunst früherer Aeiten. Für uns ist die heutige
Kriegskunst einc aus dem Rahmen der allgemeinen deut-
schcn Kultur herausgehende Erscheinung, früher war sie
cin dauernder Bestandteil der kriegerischen Aeitalter.
Dicser Unterschied muß genau beobachtet wcrdcn, wenn
die Gegenwart mit der Vergangenheit in Beziehung
gesetzt wird, denn der Wert der künstlerischen Erzcugnisse
ist naturgemäß von der Breite ihres Nahrbodens ab-
hangig. Jn unserer Kultur war die dem gegenwartigen

Kriege voraufgehende lange Friedenszeit im Grunde un-
kriegcrisch. Dic kriegcrischen Schöpfungen waren dem
Reize der Vergangenheit abgerungen. Eine zeitgemaße
Kriegskunst hat erst der große Krieg wieder mit sich ge-
bracht; und, so plötziich wie dies geschah, konnte aucb
der Nährboden dazu nicht vorbearbeitct sein.

Die weitcre Bearbeitung dieses künstlerischcn Nähr-
bodens ist aber zweifellos die brenncndste Frage der
Gegenwart. Soll unsere heutige Kriegskunst auf eine
allgcmein vorbereitete Grundlage gestellt werdcn, oder
sol! sic weitcr den Aufälligkeiten des einzclnen WillenS
überantivortet bleiben? Aunächst hängt die Antwort von
der Kriegsdauer ab. Bei langerer Dauer würde sich wohl
von selbst einc gewisse allgemeine Grundlage heraus-
bilden, während in einem knapperen Aeitraum dicselbe
bewußt geschaffen werden müßte. Dazu liegt aber
meines Erachtens keine Veranlassung vor. Es darf ein
besonderer Reiz dieser neuesten deutschen Kriegskunst
bleiben, daß sie ein Kranz einzelner, durch das plötzliche
Ereignis hervorgerufener, Schöpfungen ist. Darin wird
auch das Wesen des aufgezwungenen Kricges für alle
Zeitcn untrüglich festgehalten. Wird dagegen die zeit-
gemäße Kriegskunst durch die äußeren Anlässe in die
Länge gezogen, so kann eine Läuterung und Klärung ini
Sinne der früheren Kriegskunstzeitalter auch nicht aus-
bleiben. Eine bewußt geschaffene Grundlage erscheint
also auch bier überflüssig. Wir wagen nicht, die Kriegs-
dauer zu bestimmen, so daß uns auch der Überblick zu den
notwendigen Gliedern einer allgemein geltenden Kriegs-

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