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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 26.1916

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Heft 5
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Schäfer, Wilhelm: Josef Eberz
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https://doi.org/10.11588/diglit.26490#0158

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Josef Cberz.

Eifellandschaft.

Gerade das Rezept freilich
wird auch das sein, waS der
Laie an diesem Bild vor allem
zu sehen glaubt und was ihn
- wie er meint, aus einer Un-
zulänglichkeit des Künstlers -
am Genuß, ja an der Würdi-
gung überhaupt hindert: aber
hier ist eben der Abgrund be-
festigt, der nicht nur die Ab-
sichten der Hoelzelschule, son-
dern den reinen Willen der jun-
gen deutschen Malerei überhaupt
vom herkömmlichen und land-
läufigen Verständnis scheidet.
Und darum muß wie jedesmal,
wenn von einem Künstler der
neuen Zeit gesprochen wird, auch
hier eine grundsätzliche Dar-
stellung Bedenken, Tadeln und
gar Vorwürfen entgegcntreten,
die aus einer Anschauung in
eine andere wie Steine hinüber-
geworfen werden: Was die jun-
gen Maler treibt, ist letzten
Grundes ein Glaube; der
Glaube nämlich, daß den Din-
gen unseres Lebens mehr unter-
liegen muß, als ihr Gebrauchs-
wert; daß auf ihrem Gebiet
also ein Bild kein Gegenstand
des LuruS sei, als den Tolstoi
in einer bitteren Stunde alle
Kunst sah. Sie finden, daß
cs mehr sein müsse alo gut ge-
sehen und gemalt; sie wollen
mit ihrer Malerei ein Bekennt-
nis ablegen, und was an diesen
Bekenntnissen im einzelnen töricht
und unvollkommen aussehen

mag: im ganzen bedeutet der
Drang dazu den gründlichsten Versuch einer Kunsterneuerung seit den Zeiten der Nazarener. Und dieser neue Idealis-
mus ist — selbst wenn man zugeben wollte, daß er jenem alten an religiöser Inbrunst nachstände — ihm darin über-
legen, daß er nicht neuen Wein in alte Schläuche füllen, sich die Kunst nicht mit alten Mitteln bequem machen
will, wie es damals — und wir wissen ja auch zu welchem kläglichen Ende — geschah.
Wer etwas in der Anschauung alter Malerei bewandert ist, dem muß die Verwandtschaft unserer Zeit mit
der des Konrad Witz und des Michael Pacher ausfallen, der Zeit also, da die großen Dinge der alten deutschen
Malerei im Wachsen waren. Aber nicht in dem Sinne etwa, wie cs gern gesagt wird, daß nun wieder einmal
die Primitivei: die Mittel herleihen müßten; denn gerade in den Mitteln tut sich der Abstand der Jahrhunderte
unüberbrückbar aus, weil die von dem Gang der Entwicklung bestimmt werden und auch an ihn gebunden sind.
Nicht im Alten, um es paradox zu sagen, sondern im Neuen liegt die Ähnlichkeit: daß eben damals wie heute
der Begriff einer neuen Freiheit in die Malerei kam. Auch damals werden die im Herkömmlichen zufriedenen
Kunstfreunde die Hände gerungen haben über den aufrührerischen Geist, der alle Tradition zu zerstören anhub:
aber Grünewald und Dürer haben ihn mit jedem Zug ihres Werkes bestätigt. Warum wollen wir weniger gläubig
sein? Oder steht es so, daß unsere Kunst auf einem Gipfel der Vollendung angelangt sei, von dem nur noch die
Dekadenz möglich wäre?
Wir haben dieses Wort vor dem Krieg häufig gehört und sind in seinem Ausbruch fast damit totgeschlagen
worden. Ein reinigender Sturm sollte durch unser Vaterland fegen und alles beseitigen, was morsch und faul
war. Der Sturm ist gekommen und hat fünf viertel Millionen freiwilliger deutscher Iungmannschaft über die
Grenzen geweht; aber sollte es wirklich die Meinung der Deutschen sein, daß dieser Sturm nicht wußte, von wannen
er kam und wohin er wehte? Der Iubelschrei der Erlösung, der damals durch Deutschland ging, ist eine ewige

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