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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 26.1916

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Heft 6
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Weigmann, Otto: Briefe von Schwinds an Ernst Förster
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https://doi.org/10.11588/diglit.26490#0221

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daß diese Composition für die vielbesprochene Trinkhalle^)
gemacht war, wo sie als Mittelstück der Rheinsagen
paradircn sollte, die ich dort zu malen gedachte. Für den
herzhaften Antheil den Du an meiner Angelegenheit
genommen Hafk, bin ich Dir sehr dankbar, kann mir aber
nur gratuliren, daß ich von hier wegkomme. Man
watet bis an die Knie in einem zähen Schlamm von Plan-
losigkeit Mattherzigkeit und Lügen. Goetzenberger
gruppirt sich besser zum ganzen als ich. Laß Dir also
den Gang nicht zu viel sein und das Entree nicht zu hoch.
Benachrichtige DarenbergerH und hilf überlegen was
weiter zu thun ist. Mir genügt ein Urtheil meiner Freunde,
das weitere überlasse ich Euch.
Leb recht wohl und empfiehl mich Deiner Frau
Dein alter Freund Schwind.
Anmerkungen : 1. Der Bildhauer Ludwig Schaller,
geboren 1804 in Wien, gestorben 1865 in München, war
mit seinem Freunde Schwind nach München überge-
siedelt und in Schwanthalers Atelier eingetreten. Als
feine Hauptwerke seien genannt: Giebelgruppe und Fries
des Nationalmuseums in Pest und das Herder-Denkmal
in Weimar, von dem in den folgenden Briefen öfters
die Rede ist. 2. Diese Arbeit ist der Karton zu „Vater-
Rhein", der sich heutigentags im großherzoglichen
Museum in Schwerin befindet. Über die Geschichte
dieser Komposition unterrichtet neuerdings eingehend
ein Aufsatz: Moritz von Schwind und Graf Raczynski
von Eggert Windegg in Österreich. Rundschau, Bd.XXVII,
Heft 6, 1911. 3. Ernst Förster bespricht diesen Karton
sehr lobend im Kunstblatt Nr. 47 vom II. Juni 1844.
4. Der von Oberbaurat Heinrich Hübsch errichtete Neu-
bau der Trinkhalle in Baden-Baden follte mit Fresken
ausgeschmückt werden. Die Verhandlungen mit Schwind,
der anfänglich gute Aussichten hatte, zerschlugen fich an
seiner der Größe seines Projekts angemessenen, aber doch
relativ hohen Honorarforderung (32 000 fl.). Der erfolg-
reiche Konkurrent Jakob Goetzenberger (geb. 1800 in
Heidelberg, gest. 1866 in Darmstadt), damals großherzogl.
Galerie-Inspektor zu Mannheim, hatte sich mit einer
Summe von 6000 bzw. 8000 fl. begnügt. 5. Sebastian
von Darenberger, geboren 1809, gestorben 1878 als
kgl. bayr. Staatsrat zu München, schrieb und dichtete
unter dem Pseudonym Karl Fernau. Er gehörte dem
engeren Freundeskreise Schwinds während seines ersten
Münchener Aufenthaltes an.
II.
(Frankfurts) 23. Octob. 844.
Lieber Freund Förster!
Vor allem bedaure, daß Du krank im Bett liegst.
Da Du aber mit Geduld versehen scheinst, so hast Du
vor der Hand das beste. Die Zeichnungen?) betreffend
scheinst Du an dem Aufsatz von der LescheH zu hängen,
während ich fuße auf den Gemälden des PolignotusH,
die Goethe in 8 Abtheilungen aufführt als: hochtragisch
5 Gegenstände, bei mir der trauernde Achill — 2. Liebes-
annäherung 15—16 Gegenstände, bei mir Venus auf
dem Meere schiffend etc. — 3. Geburt und Erziehung
— die Geburt der Minerva etc. — 4. Jagden — Diana
u. Actaeon etc. 5. Gesang Tanz u. Music. 6. Hercules.
7. Landschaftliches. 8. Kämpfe und Ringen gewaltsam
— Arrhichio.


Drei oder 4 colorirte Blättet) wo mehrere Gegen-
stände durch Ornamente verbunden sind (Minerva Diana
und Bachus mit den Tyrhenen) zeigen meinen ur-
sprünglichen Plan, die Wandflächen wo jetzt die Haupt-
bilder allein sind (10 Fuß lang 3 hoch) zu decoriren und
die Decke zu Andeutungen zu benutzen. Hübsch wollte
es aber so haben wie es jetzt ist, und da ich so acht
Wände und nur 6 Deckenflächen hatte, kamen 1 und 8
um ihr Zubehör. So denke ich wird die Sache deut-
lich sein.
Im Falle Du darüber etwas schriebest möchte ich Dich
ersuchen es nicht zu thun ohne der olympischen Spiele
von Schaller zu erwähnen die im 2ten Saal ausgcführt
sind und wovon ich die Stützen schicken kamt). Der dritte
Saal für römische Alterthümer bestimmt ist mit der grau
in grau ausgeführten ersten Geschichte Roms dekorirt.
In dem Hefte fehlen Vesta u. Sibilla die nebst der Roma
als Medallions über den Thüren stehen. Die acht Städte
Rom Florenz Venedig Mailand — Cölln Nürnberg
München u. Carlsruh sind von Reich ul treseo ausge-
führt in dem 4ten Saal der für die mittelalterige und
moderne Skulptur bestimmt ist. Es war in meiner Idee
diese Medallions zu umgeben mit den Porträten des
Pabst Julius, Cosmus von Medicis, dem h. Marcus
und Sforza, des Erzbischoffs der den Dom erbaut hat,
des Kaiser Maximilian des Königs Ludwig und des
Großherzog Leopold. Daneben Flüße allegorische
Figuren etc. selbst Landschaften. Es unterblieb aber
weil alle Verzierungen meist 3—4 mal gemacht werden
bis sie grau genug sind und das verschlingt das Geld.
Löwentha?) wird Dir geschrieben haben und schreiben.
Für das Festmal habe ich ein stattliches Transparent)
gemalt 16 Fuß hoch 12 breit, das mit gehörigem Beifall
durchgegangen ist. Alles verlangt, daß ein Contur ge-
stochen werde. Wie stehts mit Herder?)? Ich hielte es
für passend elbcn Contur zu Gunsten der Unternehmung
zu verkaufen und damit den Anfang einer hies-gen Samm-
lung zu machen. Schreibe baldigst was Du dazu meinst?
Die Reden die bei dem Feste gehalten wurden waren
vortrefflich, namentlich Gutzkows Toast auf Weimar")
hinreißend. Lessings") Hierherkunft ist nicht sehr erfreu-
lich — für meine Person nicht aber für das ganze. Aus-
kommen wird man wohl können, aber freuen kann ich
mich dieser mattherzigen Richtung nicht. Für Herr-
mann") freue ich mich herzlich, er verdient alles beste
doppelt und dreifach.

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