Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 26.1916

DOI Heft:
Heft 7/8
DOI Artikel:
Friedeberger, Hans: Bernhard Hoetger: Anläßlich der Ausstellung seiner Werke bei Paul Cassirer in Berlin
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26490#0260

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

Bernhard Hoetger.

Lächeln (Goldbronze).

kann, war von solcher Einheitlichkeit, Ruhe und schlichten
Schönheit, sie brachte, bei aller Rücksicht auf den Gesamt-
eindruck, das einzelne Werk zu so starker und selbstän-
diger Wirkung, daß man hoffen darf, sie werde für die
Darbietung von Bildhauerarbeiten nicht nur in ähnlichen
Veranstaltungen vorbildlich werden.
Abgesehen von einigen Majolikafiguren waren 21
Werke ausgestellt, die sämtlich in dein letzten Jahrzehnt
entstanden sind. Arbeiten der früheren Zeit fehlten, und
so ist man für deren Erkenntnis auf Photographien an-
gewiesen, die, wie fast alle Aufnahmen von Bildwerken,
nicht durchaus entsprechende Ansichten geben. Denn die
Kunst, Skulpturen richtig abzubilden, ist noch sehr wenig
verbreitet, und es muß gleich gesagt werden, daß auch
für unsere Abbildungen nicht durchweg richtig hergestellte
Vorlagen erhältlich waren.
Es ist bekannt, daß Hoetger in seiner frühen Zeit
Arbeiten geschaffen hat, die für den ersten Anblick den
Einfluß Rodins zeigen, und daß er sich dann, etwa um
dieselbe Zeit wie Maillol, von Rodins impressionistischer
Art abgekehrt hat, um seitdem einer strengen, oft irgendwie
an Formideale vergangener Zeiten gemahnenden Rich-
tung zu folgen.
Es entsteht nun zunächst die Frage, ob es sich bei
dieser Wandlung um einen willkürlichen und unvor-
bereiteten Bruch gehandelt hat. Soweit die Abbildungen
jener frühen Werke — es handelt sich um Pariser Ar-
beiter- und Straßentypen und um einen bretonischen


Bernhard Hoetger.

Weiblicher Kopf (Bronze).

Fischer, der in dieser Zeitschrift 1909 abgebildet wurde -
ein Urteil ermöglichen, geht es dahin, daß von einem
solchen Bruche nicht die Rede sein kann. Es handelt sich
vielmehr augenscheinlich bei dieser Wandlung lediglich
um ein nunmehr ungehemmtes Hervortreten schon ur-
sprünglich vorhandener Stilgrundsätze, die bis dahin
unter impressionistischen Äußerlichkeiten verborgen waren.
In Wahrheit sind nämlich auch diese ersten Arbeiten
nicht eigentlich malerische Plastiken gewesen. Ihre male-
rische Haltung beschränkte sich auf die Gestaltung der
Oberfläche und auf die Lichtführung. Sie begnügte sich
damit, die Haut der Skulpturen in ein Gewoge von
schattigen Tiefen und huschenden Lichtern aufzulösen,
die Fläche durch ein lebhaftes Spiel von Hebungen und
Senkungen zu zerteilen. Daneben aber wurde das Be-
wegungsmotiv, auch wenn es noch so lebhaft war, immer
derart gestaltet, daß sein Sinn in einer Ansicht völlig aus-
gedrückt war, und diese Ansicht war von festen Rand-
linien umschlossen. Hier fehlte also vollkommen das,
was das eigentliche Wesen jeder malerischen Plastik aus-
macht, das Herumgreifen einzelner Formen, Linien-
und Faltenzüge um den Rand einer Ansicht, die Zer-
störung jeder auch nur annähernd reliefartigen Wirkung,
die wirbelnde, drehende Bewegung der Jnnenformen,
die das Auge aus der Fläche hinaus, um den Körper
herum reißt, und den Umriß zu einer eigentlich sinnlosen,
nur willkürlich und ohne Rücksicht auf das Motiv be-
wegten Linie macht.

246
 
Annotationen