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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 30.1920

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Heft 1
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Schäfer, Wilhelm: Gelegentlich der Bilder Cuno Amiets in der Loggia des Zürcher Kunsthauses
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https://doi.org/10.11588/diglit.26486#0011

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Abb. 1.

Avv. 2.

Cuno Amiet: Bilder in der Loggia des Iürcher Kunsthauses sHauptwand)

Abb. 3.

Gelegentlich der Bilder

Luno Amiets in der Loggia deö Zürcher Kunsthauses.

as Aürcher Kunsthaus gehört nicht der Stadt,
sondern einer Gemeinschaft von Aürcher Künst-
freunden, die Kunstgesellschaft genannt. Es
ist noch gar nicht so lange her, daß diese Gesellschaft im
sogenannten Künstlergütli einige Bildersäle und Iimmer
und hinter der Börse einen mehr als bescheidenen Äus-
stellungsraum hatte. Überraschend schnell — wenigstens
für den Außenstehenden — ließ sie dann durch Moser
das geräumige Haus am Heimplatz errichten, das sich
in wenigen Jahren zur schönsten modernen Bildersamm-
lung der Schweiz und nicht nur der Schweiz ausgewachsen
hat. Hierbei ist der Aürcher Kunstgesellschaft zwar das
Glück günstig gewesen: zunächst dadurch, daß sie in ihren
Böcklinbildern einen einzigen Grundstock besaß, der sich
durch Leihgaben, Schenkungen und Käufe zu einem
Böcklinsaal ausbauen ließ (womit sie die Versäumnis
gegen den „Meister von Aürich" wettmachte),zum andern
durch die Erwerbung des gesamten künstlerischen Nach-
tasses von Rudolf Koller, zum dritten dadurch, daß noch
in der Sonne Böcklins der Aürcher Albert Welti aufwuchs
und gewissermaßen von Anfang an eine Berühmtheit
war. Jndem die Kunstgesellschaft an diesen drei Künst-
lern ihre lokalen Verpflichtungen auslöste, kam sie von
selber zu einer Sammlung, die, durch allerlei Einzel-
werke alter und neuer Schweizer (namentlich Aürcher
Herkunft) vermehrt, neben den Galerien in Basel,
Karlsruhe, Stuttgart, Frankfurt und Köln zwar um
den Ertrag einer jahrhundertlangen Kunstpflege weit
zurückblieb, aber doch um ihrer lokalen Ausbildung
willen so viel Beachtung beanspruchen konnte, wie diesen
Meistern im Rahmen der deutschen Künst des neun-
zehnten Jahrhunderts zukam.

War somit der Aürcher Kunstgesellschaft die lokale
Verpflichtung zum Glück ausgeschlagen, so machte sie

dieses Glück wett, als sie mit einer beispiellosen Hart-
näckigkeit das Lebenswerk Ferdinand Hodlers an sich
riß. Ferdinand Hodler war Berner von Herkunft und
er blieb es zeitlebens, trotzdem er in Genf malte. Seine
Verbindung mit Aürich hatte begonnen, als er im Waffen-
saal des Landesmuseums den „Rückzug von Marignano"
an die Wand malen durfte. Er wurde damals durchaus
nicht als Heros aufgenommen und allerlei Anekdoten
berichten von der urwüchsigen Kraft, mit der Hodler
dem Widerstand und den Widrigkeiten sein gewaltiges
Werk abtrotzen mußte. ünd tat ächlich :st der Lebens-
wunsch des Meisters, mit der Ausmalung der gegen-
überliegenden Wand sein Werk zu vollenden, n'cht in
Erfüllung gegangen. Awar hatte schon im Treppen-
haus des alten Künstlergütli sein „Umzug der Turner"
gehangen, aber als das Kunsthaus seine marmornen
Hallen aufmachte, schien es zunächst gar nicht so, als ob
Ferdinand Hodler darin die maßgebende Rolle spielen
würde. Erst seine „Heilige Stunde" — nicht ohne Wider-
stand für eine bescheidene Summe erworben — zeigte
den Umschwung der Gesinnung gegen seine große Kunst
an. Unterdessen war dem Maler — wie es vor ihm
Arnold Böcklin, Gottfried Keller u. a. geschah, im Reich
ein Echo geworden, das seinen Namen zum Programm
machte. Freilich bedeutete dieses Programm auch in
Deutschland zunächst einen Kampfplatz, und weder
Böcklin noch sonst einer der großen Maler des neun-
zehnten Jahrhunderts hat solch einen hartnäckigen
Widerstand erfahren, hat so das Gelächter der in ihrem
herkömmlichen Geschmack gestörten Bürger und Künstler
herausgefordert, wie Ferdinand Hodler. Der Schreiber
dieser Aeilen würde aus der Erinnerung seines eigenen
Anteils an diesem von den Gegnern so überaus lächer-
lich verlorenen Kunstkrieg eine manchen beschämende

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