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Münzen und Medaillen
aus verschiedenem Besitz

Michelet Saulmon

Maler und Architekt zu Bourges am Hofe des
Herzogs Johann von Berry um 1400.

*116 Große silberne Medaille auf Kaiser Constantin den Großen. -J-CON

STANTINVS - o IN XPO o ÖGO o FI96LIS o IMPGRA-TOR o 6T o MOD6
RATOR-ROMANORVMoGToSeMPGRoAVGVSTV Der Kaiser im langen,
faltigen Mantel nach r. reitend. Unten im Felde Rv. °0°-|-MIHIo
ABSIT o GLORIARI °o° - °o° NISI § IN § CRVCG °o° - °o° DOMINI § NOSTRI
° IHV o XPI °o° An einem Brunnen, aus dem aus einer Pflanze ein Kreuz
wächst, sitzen rechts und links zwei Frauen, die das Christentum und das
Heidentum symbolisieren. Die Darstellung wird von Bode als Brunnen
des Lebens bezeichnet. Neben dem Kreuz ZI— 5 Mm. 87.5. Gr. 155.
Arm. II. S. 8. 5. v. Schlosser, Jahrb. Bd. XVIII. Taf.22. Habich S.24. 2.
Von Bode, Archiv Bd. III. S. 4 u. 5. Vorzüglicher Originalguß. Taf. IV.

In seinem Aufsatz im Archiv für Medaillen- und Plakettenkunde weist Exzel-
lenz von Bode mit überzeugender Klarheit diese Medaille dem Lieblings-
künstler des Herzogs von Berry zu. Sie gehört zu vier großen Schau-
stücken, die der Herzog Johann auf die vier Kaiser, die sich um die Aus-
breitung des Christentums besondere Verdienste erworben hatten, in Gold
anfertigen ließ. Kaiser Constantin hatte die christliche Lehre zur Staats-
religion erhoben. So weist auch die Rückseite dieses Medaillons auf diesen
Schritt vom Heidentum zum Christentum. Die seit dem Jahre 1401 von
dem Schatzmeister des Herzogs angefertigten Inventare der Kunstsammlung
führen diese vier Medaillons in Gold mit wertvollen Fassungen bereits auf.
Lange ist der Streit gegangen, wo die Stücke entstanden sein könnten.
Die frühere Auffassung, daß es sich um italienische Arbeiten handelt, ver-
wirft Bode, er schreibt: „Daß die allein erhaltenen Nachbildungen (das ge-
faßte goldene Exemplar ist verloren gegangen) burgundische Arbeiten um
1400 sind, kann nicht mehr bezweifelt werden; aber auch Champeaux' An-
nahme, daß nur die auf Veranlassung des Herzogs angefertigten freien
Goldwiederholungen nordische Arbeiten, die in Paris gekauften Originale
aber italienische Arbeiten gewesen seien, scheint mir unhaltbar, da die Auf-
fassung und der Inhalt der Vor- wie der Rückseiten wie die Arbeit selbst
bis in alle Einzelheiten rein nordischen, speziell burgundischen Charakter
ohne jede Spur von italienischen Vorbildern zeigen. Es ist uns nicht ein-
mal möglich, aus einer Komposition, wie dem Brunnen des Lebens mit
den allegorischen Frauengestalten des Christentums und des Heidentums —
in modernerem Sinne hat man sie auch als ,irdische und himmlische Liebe'
bezeichnet — auf der Rückseite der Constantin-Medaille ein italienisches
Vorbild zu konstruieren, selbst wenn wir die durch ihre Beziehungen zu
Burgund und Frankreich so bedeutungsvolle Kunst von Verona aus den
letzten Jahrzehnten des Trecento dafür zu Hilfe nehmen."
Nicht alle bekannten Exemplare tragen die Zahlen 234 und 235 auf der
Vorder- und Rückseite. Es finden sich diese Nummern unter anderem auf
dem Exemplar in Paris. Die Bedeutung der Nummern ist wahrscheinlich
darin zu suchen, daß es sich um Inventar-Nummern der beiden Modell-
seiten oder der beiden Seiten der Gußform handelt. Das vorliegende Exem-
plar stammt aus der Sammlung des Kurfürsten Wilhelm 1. von Hessen und
ist außer dem Pariser Exemplar das einzige bekannte Original in Silber.
 
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