Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
208

auf die Landschaften des Lucas Moser (1431)/) Mueltscher's (1456)3) und Wolgemut's (Hofer
Altar 1465) oder auf die Schongauer's gegenüber jenen der niederländischen Meister zeigt.
Trotz dieser Unterschiede finden sich aber auch erhebliche verwandte Züge, die sogar mehr
als jene ins Auge spriugen und die offenbar vor allem zu dem Gedanken eines direkten,
persönlichen Zusammenhanges zwischen jenen Künstlern führten. Diese Uebereinstimmungen
aber sind keineswegs der Art, dass sie sich nur aus persönlichen Verbindungen erklären
Hessen, ihr Grund ist vielmehr in der gleichen Entwicklungsstufe der nordischen Malerei
des 15. Jahrhunderts zu suchen.
Was sie vor allem charakterisiert ist die für die nordische Kunst jener Periode so
bezeichnende Freude am Detail, als die schönste Landschaft erscheint ihnen in Folge dessen
die reichste, die man aus allen möglichen Erinnerungen zusammensetzt, was um so näher
lag, als man draussen ja keineswegs Studien zur Landschaft malte, sondern höchstens Details
zeichnete und malte, namentlich aber, worin besonders die Niederländer Meister sind, auf
ihre malerischen Reize beobachtete, um sie im Gemälde zu verwerthen.
Diese Landschaften lehnen sich daher nur im Einzelnen an die Natur, im Ganzen
dagegen sind sie eine freie Schöpfung, die unter Erinnerung an die Natur und an Gemälde
im Atelier entstand, phantasievoll und wie das schon die jugendliche Kunst mit sich bringt,
oft auch möglichst phantastisch aufgeputzt.
Daraus erklärt sich auch, dass z. B. bei dem Dirck Bouts zugeschriebenen Altärchen
der Münchener Pinakothek (Nr. 107—109) die Lilie, wie die kleinen Muscheln, die Schnecke
mit ihrem Schleimfaden das sorgfältigste Naturstudium zeigen, während der Hintergrund
reines Phantasiegebilde ist. Ebenso lassen auch beim Hofer Altar wie bei anderen Bildern
Wolgemut's und seiner Zeitgenossen im Gegensatz zu dem meist phantastischen Hintergrund
Maiglöckchen und Schlüsselblume, Farnkraut und Ackeley oder Löwenzahn im Vordergrund
offenbar den Blumenfreund erkennen. Wie schon Ackeley und die Blätter des Löwenzahnes
andeuten, mait er besonders gern Blumen und Blätter, die gleich der Distel sich an die
ältere stilisierte Kunst anschliessen und daher auch schon im Ornament und der Miniatur
der vorausgehenden und gleicher Zeit eine erhebliche Rolle spielen.
Beachtenswert!) erscheint auch das Bevorzugen von Frühlingsblumen, es erklärt sich
wohl daraus, dass wir jene Einzelbetrachtung der Natur, die sich über jeden aufkeimenden
Halm, jedes Blatt und jede Blume freut, besonders im Frühjahr üben. So fein hier aber
der Künstler von seinem Naturstudium beim Spaziergange erzählt, so kümmert es ihn doch
nicht, die ersten Frühlingsblumen unter voll belaubte Bäume zu stellen, die noch dazu in
der Regel recht schematisch sind und wenn es wahrscheinlich ist, dass der Burg oder dem
Bauernhaus vielleicht auch einem Städtebild genaue Erinnerung an Gesehenes etwa auch eine
kleine Zeichnung zu Grunde liegt, so ist dagegen sicher, dass der Künstler eine Landschaft,
wie sie sich im Hintergrund ausbreitet, so wenig gesehen haben kann, wie die merkwürdigen
Felsen, die fast durchweg den Stempel freier Erfindung deutlich genug an sich tragen.
1) Der Tiefenbronner Altar von 1431 (Photographische Publikationen der kunsthistorischen Gesell-
schaft 1899) ist hiefür besonders durch die Seelandschaft interessant, auch durch das Beiwerk und die
Weinlaube, in der Christus bei Martha und Magdalena dargestellt ist, auch das Kircheninterieur bei
der letzten Communion der Magdalena ist für des Künstlers Naturbeobachtung wichtig.
2) Der Altar in Sterzing: Photographische Publikationen der kunsthistorischen Gesellschaft 1898.
u. Reber in den Sitzungsberichten der kgl. bayer. Akademie der Wissenschaften. Historische Classe 1898.
 
Annotationen