Beiträge zur Archäologie in Niedersachsen 5
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erhaltene Länge beträgt 5 cm und die erhaltene Form
spricht für eine ursprüngliche Länge von insgesamt
knapp 5,5 cm.
Funde von Beilen liegen aus zahlreichen jungneolithi-
schen Kollektivgräbern vor. Hierbei treten besonders
häufig solche aus Flint: Beckum-Lippborg (STIEREN
1929, 285 f.), Evessen (Schrickel 1966 461), Gudens-
berg-Lautariusgrab (Schrickel 1966, 433; Taf. 30,1),
Liebenburg (TODE 1965, 89 ff.), Lohne [Züschen 1]
(Schrickel 1966 433; Taf. 33,19), Siebleben (D.W.
Müller 1994, 127 Abb. 42,3.4), Wandersleben (D.W.
Müller 1994 127 Abb. 42,14), Züschen II (Schrickel
1966, 442) und "Widaer Schiefer" auf: Altendorf
(Schrickel 1966 428), Burgörner (D.W. Müller 1994,
88 Abb. 3.20), Lohne [Züschen I] (Schrickel 1966,
433; Taf. 33,20), Nordhausen (D.W. Müller 1994,120
Abb. 35,6), Weißenfels (Beier 1983, 145). Hinzu kom-
men 13 schlichte Rechteck- und Ovalbeile (nach der
Terminologie von Brandt) unterschiedlichen Gesteins
aus Kollektivgräbern, die für die Verbindung des Odag-
ser Fundes mit der Grabanlage sprechen (Beier 1983,
98. Günther 1997, 34; 36 Abb. 37.1. Homberg 1992,
22 f. D.W. Müller 1994,77; 81. Schrickel 1966,435;
463. Tode 1965,90 Abb. 2,4. Wiegand 1955,220 Abb.
4.3). Hierbei ist zum einen an eine Grabbeigabe für
einen Verstorbenen zu denken, zum anderen aber auch
die Interpretation als verworfener Werkzeugrest von der
Konstruktion der Kammer in Erwägung zu ziehen. Für
letzteres spricht möglicherweise die schmucklose Funk-
tionalität dieses Werkzeugs und die Funde vergleichba-
rer Beile 3 m neben dem Grab von Lohra (SCHRICKEL
1966, 438) sowie im Hügel und der näheren Umgebung
der Kammer von Hörselgau (D.W. Müller 1994, 81).
Das Nackenfragment einer Axt (Taf. 44) ist noch 3,6 cm
lang, im Nacken maximal 4 cm hoch und weist an der
Bruchkante einen rechteckigen Querschnitt von 2,9 zu 4
cm auf. Nach K. H. Brand ist das Nackenfragment wohl
den Fredsgaard-Äxten zuzuweisen, also den Doppel-
äxten des Typs Alb, deren Verbreitung einen deutlichen
Schwerpunkt im nordöstlichen Harzvorland aufweist.
Für die Datierung können Siedlungsfunde des MN la aus
Dänemark, Schweden und Schleswig-Holstein angeführt
werden, zu denen noch ein Fund vom Hutberg aus Salz-
münder Kontext zu ergänzen ist (Brandt 1967, 34; 37;
39; Karte 9). Das Exemplar vom Hutberg bei Wallendorf
zeigt in der Seitenansicht eine über die gesamte Länge
konkav geschwungene Breitseite und unterscheidet sich
dadurch von dem Odagser Fund. Auch scheinen die
Fundumstände nicht gesichert, da Benesch für das aufge-
fundene Beil auf die Lage im Hügel III verweist, bei der
Besprechung der Axt die Fundumstände jedoch uner-
wähnt lässt (Benesch 1941,34; Taf. XVIII. 1). Entspre-
chend kann der Verweis von Brandt auf die Salzmünder
Kultur nur als chronologischer Richtwert angeführt wer-
den, da die Siedlung auf dem Hutberg im keramischen
Fundmaterial Elemente der späten Baalberger Kultur,
der Stufe V der Michelsberger Kultur, der Wiörek-Stufe
der östlichen Trichterbecherkultur und des älteren Salz-
münde zeigt (BERAN 1992, 52 ff.).
Nach Zapotocky ist das Fragment den Doppeläxten vom
Typ DIB-3 zuzuweisen; I für die flache Variante, B für
den flachen Querschnitt und 3 für das erst zum Nacken
hin konkav aufsteigende Profil (ZÄPOTOCKY 1992, 122
Abb. 31; 124). Neben der feineren typologischen Diffe-
renzierung über die Seitenansicht führt Zapotocky auch
einige neuere Funde für die Datierung dieses Typs an,
die fast ausnahmslos auf das MN Ib und MN II verwei-
sen. Folgerichtig handelt es sich für Zapotocky primär
um eine Waffenform der nordischen Trichter-
becherkultur, die in Mitteldeutschland und der Altmark
am ehesten der jüngeren altmärkischen Gruppe der Tief-
stichkeramik und der nachfolgenden Walternienburger
Kultur zuzuweisen ist (ZÄPOTOCKY 1992, 130 f.). Wäh-
rend die von Brandt vorgeschlagene Datierung in das
MN la sehr früh ausfällt, zeigt die Datierung nach Zapo-
tocky eine schöne Übereinstimmung mit dem anhand der
Keramik nachzuweisenden älteren Belegungshorizont im
Grab von Odagsen.
Äxte sind deutlich seltener als Beile Bestandteil der
Inventare jungneolithischer Kollektivgräber. Zu nennen
sind Großenrode II (Rinne 1996, Taf. 24,1), Holzsußra
(D.W. Müller 1994, 82; 109 Abb. 24), Liebenburg
(Tode 1965, 89 ff. Abb. 2,4), Lohne [Züschen I]
(Schrickel 1966,433 f.; Taf. 33,17.18), Lohra (Uenze
1954, 35 Abb. 7,22), Schönstedt (Feustel 1972, Taf.
XXVII), Schmerlecke I (Schrickel 1966, 455 f) und
Züschen II (Schrickel 1966,422; Taf. 39,B1). Abgese-
hen von dem Umstand, dass Äxte insgesamt seltener als
Beile sind, lässt die geringere Präsenz unter den Beiga-
ben eventuell auf eine unterschiedliche Wertung gegen-
über den Beilen schließen. Es kann hier der erhöhte
Arbeitsaufwand bei der Herstellung angeführt werden,
der die Mitgabe dieser Waffe deutlich einschränkte.
Denkbar sind jedoch auch eine besondere Bedeutung der
Waffe für die Lebenden, so dass sie Teil des Nachlasses
des Verstorbenen war. Auch mythische Vorstellungen
von einem friedlichen Jenseits - im Kontrast zum feind-
lichen Diesseits - die den Besitz von Waffen überflüssig
machten, sind denkbar. Widersprüchlich für die letzte
Hypothese scheint die Mitgabe von Pfeil und Bogen,
doch können diese als Jagd-, eventuell sogar als Sport-
gerät“, in einen unscharfen Grenzbereich zwischen
Werkzeug und Waffe fallen.
2.5 Tierknochen, Zähne und Schmuckobjekte
Dieses Kapitel ist überwiegend den Tierknochen, ein-
schließlich Zähnen und Geweihresten gewidmet10. Mehr-
heitlich kommt diesen Funden wohl eine Funktion als
Kleiderapplikation oder Schmuckstück zu, sicher gepaart
mit einer nicht mehr zu ergründenden gesellschaftlichen
oder mythischen Bedeutung. Daneben sind weitere
Funde als Speisebeigaben oder als Beutereste von
Raubtieren zu deuten. Die zahlenmäßig herausragendste
Gruppe sind durchbohrte sowie nicht durchbohrte
111 Mein herzlicher Dank gilt Dipl.-Biol. Frau C. Oelschlägel (geb.
Schulze-Rehm), die mir ihre Datenlisten und Kartierungen zu den
Knochenfunden aus Odagsen zur Verfügung stellte.
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erhaltene Länge beträgt 5 cm und die erhaltene Form
spricht für eine ursprüngliche Länge von insgesamt
knapp 5,5 cm.
Funde von Beilen liegen aus zahlreichen jungneolithi-
schen Kollektivgräbern vor. Hierbei treten besonders
häufig solche aus Flint: Beckum-Lippborg (STIEREN
1929, 285 f.), Evessen (Schrickel 1966 461), Gudens-
berg-Lautariusgrab (Schrickel 1966, 433; Taf. 30,1),
Liebenburg (TODE 1965, 89 ff.), Lohne [Züschen 1]
(Schrickel 1966 433; Taf. 33,19), Siebleben (D.W.
Müller 1994, 127 Abb. 42,3.4), Wandersleben (D.W.
Müller 1994 127 Abb. 42,14), Züschen II (Schrickel
1966, 442) und "Widaer Schiefer" auf: Altendorf
(Schrickel 1966 428), Burgörner (D.W. Müller 1994,
88 Abb. 3.20), Lohne [Züschen I] (Schrickel 1966,
433; Taf. 33,20), Nordhausen (D.W. Müller 1994,120
Abb. 35,6), Weißenfels (Beier 1983, 145). Hinzu kom-
men 13 schlichte Rechteck- und Ovalbeile (nach der
Terminologie von Brandt) unterschiedlichen Gesteins
aus Kollektivgräbern, die für die Verbindung des Odag-
ser Fundes mit der Grabanlage sprechen (Beier 1983,
98. Günther 1997, 34; 36 Abb. 37.1. Homberg 1992,
22 f. D.W. Müller 1994,77; 81. Schrickel 1966,435;
463. Tode 1965,90 Abb. 2,4. Wiegand 1955,220 Abb.
4.3). Hierbei ist zum einen an eine Grabbeigabe für
einen Verstorbenen zu denken, zum anderen aber auch
die Interpretation als verworfener Werkzeugrest von der
Konstruktion der Kammer in Erwägung zu ziehen. Für
letzteres spricht möglicherweise die schmucklose Funk-
tionalität dieses Werkzeugs und die Funde vergleichba-
rer Beile 3 m neben dem Grab von Lohra (SCHRICKEL
1966, 438) sowie im Hügel und der näheren Umgebung
der Kammer von Hörselgau (D.W. Müller 1994, 81).
Das Nackenfragment einer Axt (Taf. 44) ist noch 3,6 cm
lang, im Nacken maximal 4 cm hoch und weist an der
Bruchkante einen rechteckigen Querschnitt von 2,9 zu 4
cm auf. Nach K. H. Brand ist das Nackenfragment wohl
den Fredsgaard-Äxten zuzuweisen, also den Doppel-
äxten des Typs Alb, deren Verbreitung einen deutlichen
Schwerpunkt im nordöstlichen Harzvorland aufweist.
Für die Datierung können Siedlungsfunde des MN la aus
Dänemark, Schweden und Schleswig-Holstein angeführt
werden, zu denen noch ein Fund vom Hutberg aus Salz-
münder Kontext zu ergänzen ist (Brandt 1967, 34; 37;
39; Karte 9). Das Exemplar vom Hutberg bei Wallendorf
zeigt in der Seitenansicht eine über die gesamte Länge
konkav geschwungene Breitseite und unterscheidet sich
dadurch von dem Odagser Fund. Auch scheinen die
Fundumstände nicht gesichert, da Benesch für das aufge-
fundene Beil auf die Lage im Hügel III verweist, bei der
Besprechung der Axt die Fundumstände jedoch uner-
wähnt lässt (Benesch 1941,34; Taf. XVIII. 1). Entspre-
chend kann der Verweis von Brandt auf die Salzmünder
Kultur nur als chronologischer Richtwert angeführt wer-
den, da die Siedlung auf dem Hutberg im keramischen
Fundmaterial Elemente der späten Baalberger Kultur,
der Stufe V der Michelsberger Kultur, der Wiörek-Stufe
der östlichen Trichterbecherkultur und des älteren Salz-
münde zeigt (BERAN 1992, 52 ff.).
Nach Zapotocky ist das Fragment den Doppeläxten vom
Typ DIB-3 zuzuweisen; I für die flache Variante, B für
den flachen Querschnitt und 3 für das erst zum Nacken
hin konkav aufsteigende Profil (ZÄPOTOCKY 1992, 122
Abb. 31; 124). Neben der feineren typologischen Diffe-
renzierung über die Seitenansicht führt Zapotocky auch
einige neuere Funde für die Datierung dieses Typs an,
die fast ausnahmslos auf das MN Ib und MN II verwei-
sen. Folgerichtig handelt es sich für Zapotocky primär
um eine Waffenform der nordischen Trichter-
becherkultur, die in Mitteldeutschland und der Altmark
am ehesten der jüngeren altmärkischen Gruppe der Tief-
stichkeramik und der nachfolgenden Walternienburger
Kultur zuzuweisen ist (ZÄPOTOCKY 1992, 130 f.). Wäh-
rend die von Brandt vorgeschlagene Datierung in das
MN la sehr früh ausfällt, zeigt die Datierung nach Zapo-
tocky eine schöne Übereinstimmung mit dem anhand der
Keramik nachzuweisenden älteren Belegungshorizont im
Grab von Odagsen.
Äxte sind deutlich seltener als Beile Bestandteil der
Inventare jungneolithischer Kollektivgräber. Zu nennen
sind Großenrode II (Rinne 1996, Taf. 24,1), Holzsußra
(D.W. Müller 1994, 82; 109 Abb. 24), Liebenburg
(Tode 1965, 89 ff. Abb. 2,4), Lohne [Züschen I]
(Schrickel 1966,433 f.; Taf. 33,17.18), Lohra (Uenze
1954, 35 Abb. 7,22), Schönstedt (Feustel 1972, Taf.
XXVII), Schmerlecke I (Schrickel 1966, 455 f) und
Züschen II (Schrickel 1966,422; Taf. 39,B1). Abgese-
hen von dem Umstand, dass Äxte insgesamt seltener als
Beile sind, lässt die geringere Präsenz unter den Beiga-
ben eventuell auf eine unterschiedliche Wertung gegen-
über den Beilen schließen. Es kann hier der erhöhte
Arbeitsaufwand bei der Herstellung angeführt werden,
der die Mitgabe dieser Waffe deutlich einschränkte.
Denkbar sind jedoch auch eine besondere Bedeutung der
Waffe für die Lebenden, so dass sie Teil des Nachlasses
des Verstorbenen war. Auch mythische Vorstellungen
von einem friedlichen Jenseits - im Kontrast zum feind-
lichen Diesseits - die den Besitz von Waffen überflüssig
machten, sind denkbar. Widersprüchlich für die letzte
Hypothese scheint die Mitgabe von Pfeil und Bogen,
doch können diese als Jagd-, eventuell sogar als Sport-
gerät“, in einen unscharfen Grenzbereich zwischen
Werkzeug und Waffe fallen.
2.5 Tierknochen, Zähne und Schmuckobjekte
Dieses Kapitel ist überwiegend den Tierknochen, ein-
schließlich Zähnen und Geweihresten gewidmet10. Mehr-
heitlich kommt diesen Funden wohl eine Funktion als
Kleiderapplikation oder Schmuckstück zu, sicher gepaart
mit einer nicht mehr zu ergründenden gesellschaftlichen
oder mythischen Bedeutung. Daneben sind weitere
Funde als Speisebeigaben oder als Beutereste von
Raubtieren zu deuten. Die zahlenmäßig herausragendste
Gruppe sind durchbohrte sowie nicht durchbohrte
111 Mein herzlicher Dank gilt Dipl.-Biol. Frau C. Oelschlägel (geb.
Schulze-Rehm), die mir ihre Datenlisten und Kartierungen zu den
Knochenfunden aus Odagsen zur Verfügung stellte.