den das tiefere Eindringen in die Geheimnisse der Mechanik
bringt: nur dadurch gelangt man zu sicheren Beweisen für
Gott und Geist; nur auf diesem Wege sind wir imstande die
großen Glaubensgeheimnisse uns verständlich zu machen.40)
— Wir stehen am Ende der Lehrzeit Leibnizens; im Jahre
1672 hat er sich auf die Wanderschaft gemacht. Wir haben
gesehen, wie der junge Student sich mit der scholastischen
Philosophie beschäftigt; wie er etliches von ihren Anschau-
ungen kennen lernt; wie er aber in seinem Urteile über sie
sich dem seiner Lehrer und der neueren großen Denker an-
schließt; wie ihm wesentliche Bestandteile des scholastischen
Gedankenbaues fremd geblieben sind; wie er das Heil der
Philosophie nicht in spekulativer Durchdringung der Pro-
bleme sieht, sondern die Reformation der Philosophie von
der neuerblühten Empirie erhofft. So ist die schon an sich
geringe Kenntnis der Scholastik für Leibniz ein totes Kapital,
nicht ein Element seines geistigen Lebens. Ganz zutreffend
hat Leibniz später einmal selbst sein Studium der mittelalter-
lichen Philosophen charakterisiert: Fateor me adolescentem
etiam Scholae spinas attigisse nonnihil“41) — er hat die Hand
schnell wieder von diesen Dornen zurückgezogen.
Nur durch Leibnizens teleologische Weltbetrachtung und
durch sein äußerliches Bemühen, Aristoteles mit den neueren
zu versöhnen, ist der Eindruck erweckt worden, als habe er
eine Zeit seines Lebens sich in die scholastischen Gedanken
vertieft.42) Und daß man, wie die meisten Bearbeiter der
40) Brief an Johann Friedrich; I, 61.
41) Brief an Desbosses; II, 295.
42) Diesem Irrtum ist auch Vorschub geleistet worden durch eine
Aeußerung, die Leibniz im Jahre 1678 in einem Briefe an Herman
Conring getan hat. Auf dessen Vorwurf, er kenne die Scholastik
nicht, erwiderte Leibniz: „Legi (Scholastica) immoderatius etiam et
cupidius quam praeceptores mei probabant, cum primum in Aca-
demiis philosophiae operam darem. Quin imo verebantur, ne nimis
adhaerescerem ad haec saxa“ (I, 198).
226
bringt: nur dadurch gelangt man zu sicheren Beweisen für
Gott und Geist; nur auf diesem Wege sind wir imstande die
großen Glaubensgeheimnisse uns verständlich zu machen.40)
— Wir stehen am Ende der Lehrzeit Leibnizens; im Jahre
1672 hat er sich auf die Wanderschaft gemacht. Wir haben
gesehen, wie der junge Student sich mit der scholastischen
Philosophie beschäftigt; wie er etliches von ihren Anschau-
ungen kennen lernt; wie er aber in seinem Urteile über sie
sich dem seiner Lehrer und der neueren großen Denker an-
schließt; wie ihm wesentliche Bestandteile des scholastischen
Gedankenbaues fremd geblieben sind; wie er das Heil der
Philosophie nicht in spekulativer Durchdringung der Pro-
bleme sieht, sondern die Reformation der Philosophie von
der neuerblühten Empirie erhofft. So ist die schon an sich
geringe Kenntnis der Scholastik für Leibniz ein totes Kapital,
nicht ein Element seines geistigen Lebens. Ganz zutreffend
hat Leibniz später einmal selbst sein Studium der mittelalter-
lichen Philosophen charakterisiert: Fateor me adolescentem
etiam Scholae spinas attigisse nonnihil“41) — er hat die Hand
schnell wieder von diesen Dornen zurückgezogen.
Nur durch Leibnizens teleologische Weltbetrachtung und
durch sein äußerliches Bemühen, Aristoteles mit den neueren
zu versöhnen, ist der Eindruck erweckt worden, als habe er
eine Zeit seines Lebens sich in die scholastischen Gedanken
vertieft.42) Und daß man, wie die meisten Bearbeiter der
40) Brief an Johann Friedrich; I, 61.
41) Brief an Desbosses; II, 295.
42) Diesem Irrtum ist auch Vorschub geleistet worden durch eine
Aeußerung, die Leibniz im Jahre 1678 in einem Briefe an Herman
Conring getan hat. Auf dessen Vorwurf, er kenne die Scholastik
nicht, erwiderte Leibniz: „Legi (Scholastica) immoderatius etiam et
cupidius quam praeceptores mei probabant, cum primum in Aca-
demiis philosophiae operam darem. Quin imo verebantur, ne nimis
adhaerescerem ad haec saxa“ (I, 198).
226