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Ritter, Stefan; Rummel, Philipp; Becker, Thomas; Ganschow, Thomas; Godbillon, Isabelle; Großmann, Sonja; Herb, Christiane; Kalogeroudi, Eleni; Meyr, Martina
Archäologische Untersuchungen zur Siedlungsgeschichte von Thugga: die Ausgrabungen südlich der Maison du Trifolium 2001-2003 — Thvgga, Band 3: Wiesbaden, 2015

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https://doi.org/10.11588/diglit.42449#0032
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Die Ergebnisse: Zusammenfassung und historische Auswertung

sich noch das Fragment einer Volutenschnauzen-Lampe mit
floralem Dekor im Diskus (L 29). Sodann fanden sich Lam-
pen mit einem Eierstab auf der Schulter (Kat. L 52, 53), die
im mittleren 1. Jh. n. Chr. aufkamen. In größerer Zahl kamen
schließlich Bildlampen zutage, die, ohne typologisch fixiert
werden zu können, ganz verschiedene Motive zeigen: zwei Ero-
ten (Kat. L 174), einen Löwen (Kat. L 181), einen Adler (Kat.
L 182), eine Rosette oder Muschel (Kat. L 191, 193, 199), ei-
nen Myrtenkranz (Kat. L 196) oder ein Streifenmuster (Kat. L
198).
An Metallfunden kam in der Auffüllschicht 113=142 eine
Fibel des sog. Aucissa-Typs (Kat. N 3) zutage, wie sie von au-
gusteischer Zeit bis nach der Mitte des 1. Jhs. n. Chr. reichs-
weit getragen wurden135. Sodann fand sich in der untersten
Verfüllschicht 340 des Ofens ein bronzener Fingerring (Kat. N
6), der wohl in die 1. Hälfte des 1. Jhs. n. Chr. zu datieren ist.
Ein weiterer Bronzering (Kat. N 7) stammt aus der Auffüll-
schicht 175 im Norden des Hofes.
In diesen Schichten tauchen erstmals auch Glasfunde auP36.
Aus dem Lehmboden des Hofes 132 stammt das Wandfragment
einer gläsernen Rippenschale, die der seit dem späten l.Jh.
v. Chr. weit verbreiteten Form Isings 3 angehört (Kat. M 3). Fer-
ner fanden sich in der Auffüllschicht 113=142 eine zylindrische
Flasche (Kat. M 62) und in der Auffüllschicht 175 eine Glas-
perle (M 124) sowie ein intakter Spielstein (Kat. M 119). Au-
ßer diesem gläsernen Spielstein stammen aus den betreffenden
Befunden auch mehrere Spielsteine, die aus wiederverwendeten
Scherben von Keramikgefäßen bestehen (s. zu Kat. P 29)137.
In diesen Befunden fanden sich schließlich wieder zahlrei-
che Tierknochen138. Hierbei ist in der Verteilung der diversen
Nutztierarten, verglichen mit den vorrömischen Befunden, ein
Ansteigen des Anteils von Schweinen gegenüber Rindern zu
verzeichnen; dies entspricht einem auch anderswo in Nordaf-
rika für die frühe Kaiserzeit beobachteten Trend hin zu einem
verstärkten Verzehr von Schweinefleisch.

Frühe Kaiserzeit: Zusammenfassung
Um die Mitte des 1. Jhs. n. Chr. fanden innerhalb des vorrö-
mischen Hofhauses begrenzte bauliche Eingriffe statt, indem
der Hof mit einem neuen, höher liegenden Lehmboden ver-
sehen wurde. Wichtig ist dabei, dass diese Aktivitäten nicht
in die Struktur des Hauses eingriffen, sondern nur den Hof
selbst betrafen, der mit dem neuen Ofen, wie zuvor, weiter-
hin zu Wirtschaftszwecken genutzt wurde (Taf. 42). Damals
fanden noch keine substantiellen, an einem übergreifenden
Planungskonzept orientierten baulichen Eingriffe statt. Damit
lässt sich hier erstmals für Thugga eine in numidische Zeit zu-
rückreichende, sowohl strukturelle als auch funktionale Sied-
lungskontinuität belegen, die in den Jahrzehnten nach der
135 Hierzu s. Kap. IV. 4. 1.
136 Hierzu s. Kap. IV. 3.
137 Diese Spielsteine stammen aus den Bef. 132, 134, 141 und 340.
138 Das vereinzelte menschliche Fingerglied aus Bef. 113=142 (s. Kap. IV. 5-
Kap. III. 2. 1.) geriet, wie die zahlreichen sonstigen Altfunde, sehr wahrschein-
lich durch Umlagerung älteren Materials in diese Auffüllschicht.

Eingliederung der Stadt in den römischen Herrschaftsbereich
46 v. Chr. keine Unterbrechung erfuhr und bis in das späte 1./
frühe 2. Jh. n. Chr. fortdauerte.
Dieser nur ganz ausschnitthaft beobachtete Befund findet
eine Entsprechung darin, dass in Thugga bis in das beginnen-
de 2. Jh. n. Chr. hinein kaum größere bauliche Aktivitäten
bezeugt sind: Nach Ausweis der Inschriften beschränkte sich
die öffentliche Bautätigkeit bis in die Zeit um 100 n. Chr. auf
wenige Prestigeprojekte wie die Pflasterung des Forums, den
Bau des Macellums und die Errichtung einiger kleinerer Tem-
pel131'. Hierdurch unterscheidet sich Thugga sowohl von dem
in augusteischer Zeit neugegründeten Karthago als auch von
solchen Städten im römischen Nordafrika, die im Verlaufe des
I. Jhs. n. Chr. völlig neu und dabei teils mit einem orthogona-
len Straßenraster angelegt wurden. In Thugga wurde hingegen
nicht nur das ältere, sehr unregelmäßige Straßennetz beibehal-
ten, sondern es blieben, wie sich nunmehr zeigen lässt, auch
ältere Wohngebäude noch über viele Jahrzehnte bestehen140.
Der Umstand, dass das alte Hofhaus in der frühen Kaiserzeit
weiterhin zu Wirtschaftsszwecken genutzt wurde, wird durch
die überaus zahlreichen Keramikfunde bestätigt, die von Grob-
keramik-Gefäßen aus lokalen oder regionalen Töpfereien do-
miniert werden. Auffallend ist dabei der hohe Anteil an Frag-
menten von Kochgefäßen, namentlich Kasserollen, Schüsseln,
Pfannen und Deckeln. Da diese wohl kaum über eine größere
Entfernung in die entsprechenden Verfüllschichten gelangten,
ist anzunehmen, dass ganz in der Nähe dieses Hauses oder viel-
leicht in diesem selbst in großer Menge Kochgeschirr — mögli-
cherweise auch zum Verkauf - gelagert wurde141.
Bemerkenswert ist sodann, dass in den frühkaiserzeitlichen
Befunden, verglichen mit der mittleren und späteren Kaiser-
zeit, in zwar verhältnismäßig geringem, aber dennoch durch-
aus signifikantem Umfang Import-Keramik zutage trat. Die
fast ausnahmslos italischen Sigillaten bezeugen den Import fei-
nen Tafelgeschirrs aus Italien. Und die Amphoren zeigen, dass
damals auch Wein importiert und dabei vor allem aus Italien
bezogen wurde. Das Vorherrschen von Weinamphoren unter
den importierten Transportgefäßen ist auch für das frühkaiser-
zeitliche Karthago konstatiert worden, wo man ebenfalls den
Wein vor allem aus Italien einführte, während man sich bei
anderen Lebensmitteln, wie etwa Olivenöl, mit Produkten aus
dem Umland versorgte142. Überhaupt findet das Spektrum der
Fundkeramik aus den hier besprochenen Befunden gute Paral-
lelen im Siedlungsabfall aus frühkaiserzeitlichen Befunden aus
Karthago143.
139 Hierzu s. Saint-Amans 2004, 55-110; vgl. auch Ritter 2006, 549-558.
140 Hierzu passt auch, dass in dem von uns untersuchten Areal das Gebiet
östlich des alten Hofhauses weiterhin unbebaut blieb.
141 Besonders wichtig ist die unterste Verfüllschicht 340 in dem alten Ofen,
die besonders viele Kochgefäß-Fragmente enthielt; diese wurden offenbar bei
der Umgestaltung des Hofes in die damals noch offenliegende Grube entsorgt.
Unter diesen Gefäßen befanden sich — im Unterschied zu den späteren, fla-
visch-trajanischen Befunden, namentlich der Keramikschüttung 93 (s. Kap.
II. 4.) - keine Fehlbrände; dies spricht dagegen, dass es sich um den Abfall
einer Töpferei handelte.
142 Hierzu s. Martin-Kilcher 1999, 422 (mit weiterer Lit.).
143 Das Keramikspektrum aus den hier besprochenen Schichtenbefunden
lässt sich sehr gut etwa mit dem Keramikinventar eines frühkaiserzeitlichen
Pozzo unter dem Cardo XIII in Karthago vergleichen, dessen Verfüllung in das
zweite Drittel des 1. Jhs. n. Chr. datiert wird; hierzu s. Martin-Kilcher 1999,
 
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