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Freiligrath, Ferdinand [Hrsg.]
Rheinisches Jahrbuch für Kunst und Poesie — 1.1840

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Püttmann, Hermann: Über die neuesten Kunstschöpfungen, inbesondere der Düsseldorfer Schule
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https://doi.org/10.11588/diglit.19846#0215
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-N> 201

sinnliche Aberglaube, das Unrecht von Jahrhun-
derten, der geistige Leichtsinn und die rohe Materie.

Jm „Ezzelino" ist nochmals mit harmonischer Voll-
endung der Gegensatz von Gut und Ucbel, Leben und
Tod, Geist und Materie erkennbar. Auch hier ist Reli-
gion das Thcma, und der jüngere Mönch repräsentirt die
Poesie, der ältere die Prosa dcrselben. Ezzelino ist der
starre Unglaube, der sich auf das praktische Leben stützt
und dic Schwingcn des Geistcs in der rohesten Sinnlich-
keit beschmutzt hat; in ihm manifestirt sich die Consc-
quenz dcr Materie. — Die Beschreibung der drei
Gestalten cntnchme ich der meisterhaften Schilderung
Gruppe's. Dicser Kritiker sagt nämlich: „Ohne Bcwe-
gung, nicht einmal des Hauptcs, und nur einen höhni-
schen Blick scitwärts hinübcrwerfend, die Zähne zusammen-
beißend, scine nervige Faust ballend, sitzt Ezzelino da und
läßt die Worte dcc Bußprcdigt an seinem eiscrnen Her-
zen wie an cincm Harnisch abgleiten." Von den zur Be-
kchrung gesandtcn Mönchen heißt es: „Wir sehen in ei-
ner weichen, blonden Jünglingsgestalt die mildeste Auf-
fassung des Christenthums, welche ihre Feinde liebt und
segnet, die ihr fluchen. Der zarte Glicderbau und das
liebende Antlitz in der Mönchskutte, die stille, schonungs-
volle Bcwegung und die volle Hingebung in den segens-
reichcn Bcruf bci einer jugendlichcn Befangenheit, die so
wohl thut, dies alles strahlt in dem milden Licht cincr
höheren Verklärung. Ganz andcrs der zweite, etwas ältcr
genommene Mönch, mit schwarzcm Haar; zurücktrctend,
sich fest aufrichtend, mißt er mit einem scharfen Blick den

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