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oder — 0£ wenn man das N vom Andromaclie zweimal, das eine
Mal als N, das andere Mal als £ gelten läfst; man ergänzt die
Reste zu ^(W^ofta/oc, mehr sinnreich als wahrscheinlich10); ist
es denkbar, dafs Andromaclie einen dem Mythos ganz unbekannten
Troer verteidigt? Geradezu unsinnig ist die Beischrift des
Siegers OP^IME: sie spottet jeder plausibelen Erklärung17) und
jeder Emendation. Unter diesen Umständen scheint die Annahme
zulässig, dafs die Namen entweder verlesen oder modern über-
malt sind. Vielleicht wäre es da geraten, bis zu einer gründ-
lichen Reinigung des Originals, auf jeden Deutungsversuch zu
verzichten. Dennoch glaube ich, dafs man schon jetzt zu einer
plausibelen Deutung gelangen kann, wenn man uns nur gestattet,
von den beiden sinnlosen Beischriften abzusehen.
Klar ist zunächst, dafs, wenn die Namen Andromache und
Astyanax richtig beigeschrieben sind, — was doch die nächste
und natürlichste Annahme ist, — diese That der Andromache
mit all ihrem, keineswegs einfachen Detail in einer Dichtung
behandelt gewesen sein mufs. Aber die Richtigkeit der Namens-
beischriften wird auch hier wieder von Brunn a. a. 0. S. 99
in Frage gestellt. Mancherlei Bedenken, z. B. dafs das wild an-
stürmende Weib mit der edlen duldenden Gattin des Hektar
nicht die geringste Ähnlichkeit habe oder dafs der fliehende
Astyanax in Poesie und Kunst sonst nicht vorkomme, veranlassen
ihn zu der Annahme, dafs die Namen unrichtig beigeschrieben
seien. Die ganze Darstellung wird unter dieser Voraussetzung
mit folgenden Worten charakterisiert: „Die wehrhaften Männer
aus Priamos Geschlecht sind bereits früher gefallen. . . . Wer
16) So stellt der Name auf einer beim archäologischen Institut in Rom
befindlichen Uurchzeichmmg, die nach Brunns Angabe (bei Heydemann a. a. 0.)
„vielleicht nach der Vase selbst, aber etwas flüchtig gefertigt" ist, gegen
deren Lesung man also doch ein gewisses Mifstrauen zu liegen berechtigt ist.
Hoffentlich dürfen wir von den Beamten des Louvre recht bald eine genauere
Revision der Beischriften erwarten.
17) Man ergänzt 'Otf/ifjiv>ig, 'Otpifiydtis, 'Oifuftfdaw, lauter unbezeugte und,
wenn auch an sich mögliche, so doch für den siegreichen Griechen recht
unpassende Namen; ganz abgesehen davon, dafs für Brygos die Buchstaben-
Verbindung P£ für H1 doch ganz undenkbar ist, t~->£ ST t X£ ?
Pkilolog. Untersuchungen Y. 5
oder — 0£ wenn man das N vom Andromaclie zweimal, das eine
Mal als N, das andere Mal als £ gelten läfst; man ergänzt die
Reste zu ^(W^ofta/oc, mehr sinnreich als wahrscheinlich10); ist
es denkbar, dafs Andromaclie einen dem Mythos ganz unbekannten
Troer verteidigt? Geradezu unsinnig ist die Beischrift des
Siegers OP^IME: sie spottet jeder plausibelen Erklärung17) und
jeder Emendation. Unter diesen Umständen scheint die Annahme
zulässig, dafs die Namen entweder verlesen oder modern über-
malt sind. Vielleicht wäre es da geraten, bis zu einer gründ-
lichen Reinigung des Originals, auf jeden Deutungsversuch zu
verzichten. Dennoch glaube ich, dafs man schon jetzt zu einer
plausibelen Deutung gelangen kann, wenn man uns nur gestattet,
von den beiden sinnlosen Beischriften abzusehen.
Klar ist zunächst, dafs, wenn die Namen Andromache und
Astyanax richtig beigeschrieben sind, — was doch die nächste
und natürlichste Annahme ist, — diese That der Andromache
mit all ihrem, keineswegs einfachen Detail in einer Dichtung
behandelt gewesen sein mufs. Aber die Richtigkeit der Namens-
beischriften wird auch hier wieder von Brunn a. a. 0. S. 99
in Frage gestellt. Mancherlei Bedenken, z. B. dafs das wild an-
stürmende Weib mit der edlen duldenden Gattin des Hektar
nicht die geringste Ähnlichkeit habe oder dafs der fliehende
Astyanax in Poesie und Kunst sonst nicht vorkomme, veranlassen
ihn zu der Annahme, dafs die Namen unrichtig beigeschrieben
seien. Die ganze Darstellung wird unter dieser Voraussetzung
mit folgenden Worten charakterisiert: „Die wehrhaften Männer
aus Priamos Geschlecht sind bereits früher gefallen. . . . Wer
16) So stellt der Name auf einer beim archäologischen Institut in Rom
befindlichen Uurchzeichmmg, die nach Brunns Angabe (bei Heydemann a. a. 0.)
„vielleicht nach der Vase selbst, aber etwas flüchtig gefertigt" ist, gegen
deren Lesung man also doch ein gewisses Mifstrauen zu liegen berechtigt ist.
Hoffentlich dürfen wir von den Beamten des Louvre recht bald eine genauere
Revision der Beischriften erwarten.
17) Man ergänzt 'Otf/ifjiv>ig, 'Otpifiydtis, 'Oifuftfdaw, lauter unbezeugte und,
wenn auch an sich mögliche, so doch für den siegreichen Griechen recht
unpassende Namen; ganz abgesehen davon, dafs für Brygos die Buchstaben-
Verbindung P£ für H1 doch ganz undenkbar ist, t~->£ ST t X£ ?
Pkilolog. Untersuchungen Y. 5