86 III. Von dem franz. Geist und der geistigen Arbeit in Paris.
höfische Rücksichten, politische und weltliche Berechnungen über
Candidatenwahlen entschieden. Zu manchen Epigrammen hat
diese berühmte Körperschaft Anlaß gegeben durch ihre Neigung,
einer mächtigen und vornehmen Mittelmäßigkeit eher die Un-
sterblichkeit zuzugestehen, als dem mittellosen Talent und Genie.
Alphonse Karr gab ihnen einmal den witzigen Rath, die Wahl
ihrer Mitglieder einer Commisfion deutscher Gelehrten anzu-
vertrauen, da er sicher sei, daß diese es besser verstehen würden.
Aber die Epigrammatiker erkannten nicht, daß dis aristokratischen
Verbindungen, die die Akademie so gern einging, in einem
monarchischen und höfischen Staate keineswegs für die Literatur
einen Nachtheil verursachten, sondern weit eher eine gründliche
Veredlung der Literatur oder mindestens der Literaten erzielten,
die Achtung vor ihrer Würde und sogar ihr Gewicht im Staate
begründeten. Die Gleichheit unter den Mitgliedern war übrigens
und ist noch ein Grundgesetz der Akademie. Ein Herzog oder
Pair durfte auf seinem Seffel nur der Kamerad seines Nach-
bars sein, und wäre dieser auch ein einfacher Bürgerlicher
gewesen. Die vierzig Seffel sind ein Symbol dieser Gleichheit.
Ludwig XIV., als Beschützer der Akademie, sandte dieselben
eines Tages als Geschenk, um mit einem Schlage all die
Hin- und Herreden über Seffel, Bänke und Feldstühle zu
beschwichtigen, welche die Etikette jener Zeit so häufig hervor-
rief, und die manch hochgestellte Persönlichkeit zu ihrem Vor-
theil in die Gesellschaft gern einführen wollte. Zu einer Zeit,
wo man auf seine Titel so eifersüchtig war, mußten sich ein
Prälat oder ein Minister, die sonst immer nur „Monseigneur"
genannt wurden, in der Akademie mit dem allgemeinen Namen
„Monsieur" begnügen; es erregte großen Skandal, und wurde
beinahe eine Staatsangelegenheit, als der Cardinal Dubois
unter der Regentschaft und der Cardinal Maury später in der
Kaiserzeit die Anrede „Monseigneur" beanspruchten. Es be-
durfte einer großartigen Jntrigue und der Vermittelung des
Monarchen, der zuweilen sich als eifersüchtigen Beschützer der
Akademie erwies, um dieselbe dahin zu bringen, den Ansprüchen
der hochmüthigen Prälaten nachzugeben, die wol nicht gewählt
worden wären, wenn sie sich zuvor erklärt hätten.
Man hat der Academie-Francaise vorgeworfen, daß sie von
höfische Rücksichten, politische und weltliche Berechnungen über
Candidatenwahlen entschieden. Zu manchen Epigrammen hat
diese berühmte Körperschaft Anlaß gegeben durch ihre Neigung,
einer mächtigen und vornehmen Mittelmäßigkeit eher die Un-
sterblichkeit zuzugestehen, als dem mittellosen Talent und Genie.
Alphonse Karr gab ihnen einmal den witzigen Rath, die Wahl
ihrer Mitglieder einer Commisfion deutscher Gelehrten anzu-
vertrauen, da er sicher sei, daß diese es besser verstehen würden.
Aber die Epigrammatiker erkannten nicht, daß dis aristokratischen
Verbindungen, die die Akademie so gern einging, in einem
monarchischen und höfischen Staate keineswegs für die Literatur
einen Nachtheil verursachten, sondern weit eher eine gründliche
Veredlung der Literatur oder mindestens der Literaten erzielten,
die Achtung vor ihrer Würde und sogar ihr Gewicht im Staate
begründeten. Die Gleichheit unter den Mitgliedern war übrigens
und ist noch ein Grundgesetz der Akademie. Ein Herzog oder
Pair durfte auf seinem Seffel nur der Kamerad seines Nach-
bars sein, und wäre dieser auch ein einfacher Bürgerlicher
gewesen. Die vierzig Seffel sind ein Symbol dieser Gleichheit.
Ludwig XIV., als Beschützer der Akademie, sandte dieselben
eines Tages als Geschenk, um mit einem Schlage all die
Hin- und Herreden über Seffel, Bänke und Feldstühle zu
beschwichtigen, welche die Etikette jener Zeit so häufig hervor-
rief, und die manch hochgestellte Persönlichkeit zu ihrem Vor-
theil in die Gesellschaft gern einführen wollte. Zu einer Zeit,
wo man auf seine Titel so eifersüchtig war, mußten sich ein
Prälat oder ein Minister, die sonst immer nur „Monseigneur"
genannt wurden, in der Akademie mit dem allgemeinen Namen
„Monsieur" begnügen; es erregte großen Skandal, und wurde
beinahe eine Staatsangelegenheit, als der Cardinal Dubois
unter der Regentschaft und der Cardinal Maury später in der
Kaiserzeit die Anrede „Monseigneur" beanspruchten. Es be-
durfte einer großartigen Jntrigue und der Vermittelung des
Monarchen, der zuweilen sich als eifersüchtigen Beschützer der
Akademie erwies, um dieselbe dahin zu bringen, den Ansprüchen
der hochmüthigen Prälaten nachzugeben, die wol nicht gewählt
worden wären, wenn sie sich zuvor erklärt hätten.
Man hat der Academie-Francaise vorgeworfen, daß sie von