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Rodenberg, Julius
Paris bei Sonnenschein und Lampenlicht: ein Skizzenbuch zur Weltausstellung — Leipzig, 1867 (2. Aufl.)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1385#0297
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Von Jülius Rodenberg.

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mit rothen Bändern und Handschuhen ooulour äs xuills.
Die Seelen dürsten nach dem Freien, der fteien Natur, der
fteien Luft — diesem letzten Rest von Freiheit, der den Parisern
gegönnt ist; und während dann die schwülen Häuser, die
schattenlos heißen Straßen von Paris für einige Stunden
leer und stiller werden, erfüllt sich die ganze Umgegend mit
Leben und Jubel auf Meilenweite, von den Seineufern bis zu
den waldigen Anhöhen, von Asnieres bis Vesinet und Ver>
sailles.

Hier in Asnieres, in den sommerlichen Gärten, wo man
unter den alten Eichen tanzt, unter welchen einst Ludwig Phi-
lipp mit Thiers und Guizot gewandelt; wo die Bäume dieses
einst königlichen Parks fast den Rand des vorüberziehenden
Wassers berühren; wo Lie Drehorgel, der Gesang uud das
Orchester sich immer mischen mit dem fröhlichen Lachen und dem
Gläserklang aus kleinen Pavillons; wo man über die Mauer
hinweg, an einer kleinen wohlbesetzten Tafel und von einer
muntern Gesellschaft umgeben, einen anmuthigen Blick hat gegen
das bunte Treiben an dem Fluffe und auf dem Flusse, seine
blühenden Ufer und das sonnigs Paris im Hintergrunde: hier
und an zahllosen andern Punkten der landschaftlich mit Wald
und Feld, Hügel, Thal und Waffer so reich ausgestatteten Um-
gebung von Paris entfaltet sich ein reizendes Sommerleben.
Was auch folgen mag, wenn erst die funkelnden Lichterreihen
wie Diamanten in den Zweigen sich schaukeln und die pras-
selnden Feuerwerke, die blauen Schleier der Nacht zerreißend
überall emporsteigen; hier im Grünen und im Sonnenschein
zeigt sich uns der Pariser von seiner besten, gefälligsten Seite;
hier ist er sorglos, naiv, tummelt sich in all jenem unschuldigen
Uebermuth, der ihn im Grunde so liebenswürdig macht. Hier
wirft er sich in den Rasen, hier jubelt er hellauf zum Himmel,
hier spielt er Pfänderspiele, — hier endlich klettert er hoch
hinauf in die Bäume und läßt sich auf den breiten Aesten sein
Diner serviren, um aus der Laubkrone herab, in der Hand das
Glas, in welchem der Wein und die Sonne schimmern, von
Grasmücken und Finken umzwitschert, seiner Freundin den
Reim zu fingen:

Rodenberg, Paris.

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