ZUR FORM DES SPRICHWORT-BILDES
Immer wieder drängte es Pieter Bruegel, einer typischen
Redewendung originellen Ausdruck zu verleihen. 1558
begann er mit jener Malerei des Museums Maijer van
den Bergh, die ein volles Dutzend Medaillons in einem
Rahmen vereinigt und kommentierend jeweils einen ge-
reimten Zweizeiler hinzufügt. Von den dortigen zwölf
flämischen Volksweisheiten übernimmt er später neun
in das von uns zu behandelnde Gemälde, und er geht, was
das Bildganze anlangt, von dem anfänglich rein additi-
ven, rationalen Schema zu einem divisiv irrationalen
über.
1558 stellt Bruegel zwölf andere flämische Sprichwör-
ter dar, die von Jan Wierix und Pieter van der Heijden
gestochen werden. Diesmal sind die illustrierten Senten-
zen durch eine kreisförmige Umschrift gekennzeichnet.
Obgleidi sodann ohne jede sichernde Inschrift, beruht
auch das Gemälde der „Krüppel" von 1568 wahrschein-
lich auf einem alten Sprichwort. Bildeten doch jene Zei-
ten die Lügen gern als Krüppel ab, wobei man der nie-
derländischen Redewendung entsprach: „De Leugen
gaet Kreupel of op Kreuken." Selbst der dortige Fuchs-
schwanz weist auf Betrug oder allgemeine Torheit hin.
Auf dieses Bild bezieht sich wahrscheinlich eine 1673 er-
folgende Notiz zum Inventar des Sammlers Pieter Wou-
ters: „Eennige Sottekens [Toren] op Krücken loopende
van den ouden Bruegel."
Auch dem Gemälde „Vogelnest" von 1568 (Wien)
kann man eine entsprechende Sentenz zugrunde legen:
„Dije de nest weet, dije weeten, dijen rooft, dije hätten."
(Die das Nest kennen, die wissen; die es rauben, be-
sitzen es aber.)
Wahrscheinlich gehören zu diesem Typus auch „Der
lustige Weg zum Galgen" und, wie Tolnay meint, „Die
zwei Affen". Sogar von der grandiosen Wiener Meer-
landschaft mit dem Wal und der Tonne hat man dies
gesagt. In Zedlers Universallexikon von 1732—50 heißt
es: „Wenn der Wallfisch mit einer ihm vorgeworfenen
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Immer wieder drängte es Pieter Bruegel, einer typischen
Redewendung originellen Ausdruck zu verleihen. 1558
begann er mit jener Malerei des Museums Maijer van
den Bergh, die ein volles Dutzend Medaillons in einem
Rahmen vereinigt und kommentierend jeweils einen ge-
reimten Zweizeiler hinzufügt. Von den dortigen zwölf
flämischen Volksweisheiten übernimmt er später neun
in das von uns zu behandelnde Gemälde, und er geht, was
das Bildganze anlangt, von dem anfänglich rein additi-
ven, rationalen Schema zu einem divisiv irrationalen
über.
1558 stellt Bruegel zwölf andere flämische Sprichwör-
ter dar, die von Jan Wierix und Pieter van der Heijden
gestochen werden. Diesmal sind die illustrierten Senten-
zen durch eine kreisförmige Umschrift gekennzeichnet.
Obgleidi sodann ohne jede sichernde Inschrift, beruht
auch das Gemälde der „Krüppel" von 1568 wahrschein-
lich auf einem alten Sprichwort. Bildeten doch jene Zei-
ten die Lügen gern als Krüppel ab, wobei man der nie-
derländischen Redewendung entsprach: „De Leugen
gaet Kreupel of op Kreuken." Selbst der dortige Fuchs-
schwanz weist auf Betrug oder allgemeine Torheit hin.
Auf dieses Bild bezieht sich wahrscheinlich eine 1673 er-
folgende Notiz zum Inventar des Sammlers Pieter Wou-
ters: „Eennige Sottekens [Toren] op Krücken loopende
van den ouden Bruegel."
Auch dem Gemälde „Vogelnest" von 1568 (Wien)
kann man eine entsprechende Sentenz zugrunde legen:
„Dije de nest weet, dije weeten, dijen rooft, dije hätten."
(Die das Nest kennen, die wissen; die es rauben, be-
sitzen es aber.)
Wahrscheinlich gehören zu diesem Typus auch „Der
lustige Weg zum Galgen" und, wie Tolnay meint, „Die
zwei Affen". Sogar von der grandiosen Wiener Meer-
landschaft mit dem Wal und der Tonne hat man dies
gesagt. In Zedlers Universallexikon von 1732—50 heißt
es: „Wenn der Wallfisch mit einer ihm vorgeworfenen
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