Pieter Bruegel hat in seinem Bild nicht eine beliebige
Ansammlung kurioser Redensarten, sondern ein einheit-
liches Bekenntnis wiedergeben wollen. 1668 redet das
Inventar einer Amsterdamer Sammlung von einer „ver-
kehrten Welt Bruegels des Älteren, represente par plu-
sieurs Proverbes et Moralites". Hierbei muß man im
Auge behalten, daß „verkehrt" damals nicht nur töricht,
sondern schlechthin böse bedeutet. Nicht aus Zufall
hockt denn bei Bruegel im Dämmer der kleinen Kapelle,
durchaus ins Zentrum unseres Bildes genommen, der Teu-
fel im Beichtstuhl. Gilt er doch als Bewirker aller mensch-
lichen „Verkehrungen".
Aber Bruegel will eben nicht nur vorgegebene Texte
illustrieren. Er will typische Lebenslagen und Exempla
schaubar machen. Deshalb verzichtet er jetzt auf jegliche
Inschriften, die er dodi seinem ersten Sprichwortbild
und seinen Stichen beigab. So wird dieses Gemälde im
Gegensatz zu seinem früheren nun zu einer Art Rebus,
was der geheimnisvollen Anschauungsart des Malers ent-
spricht. Andrerseits steht die hier aufgewiesene Bildform
nicht ganz so isoliert, wie man denken könnte. Vorstufen
des gleichnisartigen Wimmelbildes gab es auch außerhalb
der Niederlande, so schon bei Cranach d. Ä., Altdorfer,
Erhard Schön und H. S. Beham. Auf einer anonymen
süddeutschen Malerei „Melancholie" sieht man in einer
ebenso weitläufigen Landschaft mit ähnlich hoch genom-
menem Horizont gegen zweihundert Figuren, welche
durchaus handelnd wie bei Bruegel lauter Abwehrsitua-
tionen gegen die Melancholie darstellen. Dieses Bild war
ein Jahr vor unserem entstanden. Während es lauter
Vorschläge bringt, wie man einem Übel entgehen könne
(didaktisch optimistisch), zeigt Bruegel, wie man in lau-
ter Wahn verstrickt bleibt (humoriger Pessimismus).
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Ansammlung kurioser Redensarten, sondern ein einheit-
liches Bekenntnis wiedergeben wollen. 1668 redet das
Inventar einer Amsterdamer Sammlung von einer „ver-
kehrten Welt Bruegels des Älteren, represente par plu-
sieurs Proverbes et Moralites". Hierbei muß man im
Auge behalten, daß „verkehrt" damals nicht nur töricht,
sondern schlechthin böse bedeutet. Nicht aus Zufall
hockt denn bei Bruegel im Dämmer der kleinen Kapelle,
durchaus ins Zentrum unseres Bildes genommen, der Teu-
fel im Beichtstuhl. Gilt er doch als Bewirker aller mensch-
lichen „Verkehrungen".
Aber Bruegel will eben nicht nur vorgegebene Texte
illustrieren. Er will typische Lebenslagen und Exempla
schaubar machen. Deshalb verzichtet er jetzt auf jegliche
Inschriften, die er dodi seinem ersten Sprichwortbild
und seinen Stichen beigab. So wird dieses Gemälde im
Gegensatz zu seinem früheren nun zu einer Art Rebus,
was der geheimnisvollen Anschauungsart des Malers ent-
spricht. Andrerseits steht die hier aufgewiesene Bildform
nicht ganz so isoliert, wie man denken könnte. Vorstufen
des gleichnisartigen Wimmelbildes gab es auch außerhalb
der Niederlande, so schon bei Cranach d. Ä., Altdorfer,
Erhard Schön und H. S. Beham. Auf einer anonymen
süddeutschen Malerei „Melancholie" sieht man in einer
ebenso weitläufigen Landschaft mit ähnlich hoch genom-
menem Horizont gegen zweihundert Figuren, welche
durchaus handelnd wie bei Bruegel lauter Abwehrsitua-
tionen gegen die Melancholie darstellen. Dieses Bild war
ein Jahr vor unserem entstanden. Während es lauter
Vorschläge bringt, wie man einem Übel entgehen könne
(didaktisch optimistisch), zeigt Bruegel, wie man in lau-
ter Wahn verstrickt bleibt (humoriger Pessimismus).
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