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Bruegel, Pieter [Ill.]; Roh, Franz [Oth.]
Pieter Bruegel d. Ä. - die Niederländischen Sprichwörter — Werkmonographien zur bildenden Kunst in Reclams Universal-Bibliothek, Nr. 50: Stuttgart: Reclam-Verl., 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.72934#0041
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16 Bruegel. Und Anton Perrenot von Granvella, Erz-
bischof von Mecheln, Ratgeber Philipps II. von Spanien,
gliedert ihn in seine umfassende Sammlung von italieni-
schen, flämischen und deutschen Werken ein. Aus dessen
Korrespondenz erfährt man, daß Bruegels Bilder nach
seinem Tode sehr gesucht und teuer sind. Der zeitgenös-
sische Maler Joris Hoefnagel besitzt Zeichnungen und
sticht ausdrücklich und genau die Grisaille von Bruegels
„Marientod". Wichtiger zu hören, daß sich auch in Rom
gewisse Kenner interessieren und jener angesehene
Miniaturist Clovio sechs frühe Bruegel sein eigen nennt,
die er wärmstens dem flämischen Maler Bartholomäus
Spranger empfiehlt.
Das größere Publikum jener Tage aber, soweit es
Bruegels Gemälde überhaupt erblickt, scheint ihn mehr
als grimmigen Spaßmacher eingeschätzt zu haben. Manche
seiner Stiche, die natürlich verbreitet werden konnten,
waren in ihrem verklausulierten, symbolischen Tiefsinn
(die „Tugenden" und „Laster") wohl nur den Gebilde-
ten ganz verständlich. Bei Guiccardini 1567, Vasari 1568
und Lampsonius 1572 wird er mehr als bloßer Fortset-
zer von Hieronymus Bosch genommen, der ja zwei Ge-
nerationen früher gelebt hatte. Der Geograph und Hu-
manist Abraham Ortelius, Bruegels Freund, erkennt ihn
aber in seinem ganzen inneren Reichtum: Im „Album
Amicorum" gilt er nicht mehr als nur humorig, sondern
als der größte Künstler seiner Zeit und als der Antike (!)
ebenbürtig. Die Natur und Umwelt sei sein einziger,
profunder Lehrer gewesen. Er wird gegen die zeitgenös-
sischen Romanisten abgesetzt, welche die menschliche
Figur verkünstelt hätten.
Als nach des Meisters Tod dann eine Popularisierungs-
welle einsetzt, ist sie damit erkauft, daß Kopien oder
Nachahmungen die eigentliche Tiefenspannung Bruegels
umgehen, was sich auch bei Kopien oder Varianten zeigt,
die Bruegels Söhne herstellen. Man steuert nämlich auf
einen platteren Realismus zu, ohne den nachmittelalter-
lichen Tiefsinn, der in Bruegel dem Älteren noch ge-
waltet hatte. Trotzdem werden im letzten Jahrzehnt des
16. Jahrhunderts noch Originale des Meisters gesucht,

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