der) als Gleichnisse naiver menschlicher Beschränktheit
nahm und mit Mechelns Aquarellisten und Tempera-
malern in Verbindung stand. Baldaß zeigt 1918, daß
Bruegel in der Landschaftsmalerei, von der heimatlichen
Tradition Patiniers kommend, über alles hinausführt,
was in Europa bis zu seiner Zeit geschaffen worden war.
Dvorak kann 1924 erweisen, daß hinter der Unmittel-
barkeit des Meisters doch, sozusagen unterirdisch, ein ge-
wisses Formengut des internationalen Manierismus ar-
beitet, nicht nur in den Stellungen der dargestellten
Menschen. Hans Sedlmayr zeigt 1934 als positiv, daß
Bruegel die Naturformen zu geometrischen Schemen
reduziert, was eine Verfremdung bewirkt, bisher aber
oft nur als Ungeschicklichkeit angesehen worden war.
Tolnay verwebt Bruegel (1925 und 1935) dann in die
Ideengeschichte Europas und sieht in ihm einen „Liber-
tiner", einen Anhänger des Universaltheismus von Coorn-
hert, jener Überwindung der einzelnen Konfessionen,
welche bei Bruegel aber eine pessimistische Note an-
nimmt. In Zukunft wird man hier vielleicht sogar von
einem vorgeahnten nihilistischen Existenzialismus spre-
chen. Diese Züge im Lebensgefühl Bruegels lassen ihn
gerade heute besonders aktuell erscheinen.
Natürlich kam man dank der Arbeiten von Tolnay,
Dvorak, Novotny, Jedlicka usw. auch den formalen
Eigenheiten immer näher, ohne die man ja am eigent-
lich Künstlerischen vorbeigesehen hätte. Vielleicht haben
hier zwei Bewegungen der modernen Kunst ein wenig
mitgeholfen. Auch die „objektiven Forscher" können sich
solcnen Tendenzen ja nicht entziehen. Der „Magische
Realismus" um 1920 versuchte nach dem Expressionismus
noch einmal, ohne eine neue „Realität" zu erfinden, die
uns umgebende Welt in genauer Zeichnung zu verfrem-
den. Und der Surrealismus drängte mit ähnlichen Bild-
mitteln nach Erfindung einer phantastischen, nur träum-
baren Welt.
Gewisse Bilder Bruegels verwirklichen in vollendeter
Weise das erste, andere das zweite Programm. Wieder
andere, wie unser Sprichwortbild, setzen beide Möglich-
keiten in eine höchst überzeugende Verbindung.
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nahm und mit Mechelns Aquarellisten und Tempera-
malern in Verbindung stand. Baldaß zeigt 1918, daß
Bruegel in der Landschaftsmalerei, von der heimatlichen
Tradition Patiniers kommend, über alles hinausführt,
was in Europa bis zu seiner Zeit geschaffen worden war.
Dvorak kann 1924 erweisen, daß hinter der Unmittel-
barkeit des Meisters doch, sozusagen unterirdisch, ein ge-
wisses Formengut des internationalen Manierismus ar-
beitet, nicht nur in den Stellungen der dargestellten
Menschen. Hans Sedlmayr zeigt 1934 als positiv, daß
Bruegel die Naturformen zu geometrischen Schemen
reduziert, was eine Verfremdung bewirkt, bisher aber
oft nur als Ungeschicklichkeit angesehen worden war.
Tolnay verwebt Bruegel (1925 und 1935) dann in die
Ideengeschichte Europas und sieht in ihm einen „Liber-
tiner", einen Anhänger des Universaltheismus von Coorn-
hert, jener Überwindung der einzelnen Konfessionen,
welche bei Bruegel aber eine pessimistische Note an-
nimmt. In Zukunft wird man hier vielleicht sogar von
einem vorgeahnten nihilistischen Existenzialismus spre-
chen. Diese Züge im Lebensgefühl Bruegels lassen ihn
gerade heute besonders aktuell erscheinen.
Natürlich kam man dank der Arbeiten von Tolnay,
Dvorak, Novotny, Jedlicka usw. auch den formalen
Eigenheiten immer näher, ohne die man ja am eigent-
lich Künstlerischen vorbeigesehen hätte. Vielleicht haben
hier zwei Bewegungen der modernen Kunst ein wenig
mitgeholfen. Auch die „objektiven Forscher" können sich
solcnen Tendenzen ja nicht entziehen. Der „Magische
Realismus" um 1920 versuchte nach dem Expressionismus
noch einmal, ohne eine neue „Realität" zu erfinden, die
uns umgebende Welt in genauer Zeichnung zu verfrem-
den. Und der Surrealismus drängte mit ähnlichen Bild-
mitteln nach Erfindung einer phantastischen, nur träum-
baren Welt.
Gewisse Bilder Bruegels verwirklichen in vollendeter
Weise das erste, andere das zweite Programm. Wieder
andere, wie unser Sprichwortbild, setzen beide Möglich-
keiten in eine höchst überzeugende Verbindung.
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