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Rollett, Hermann
Die drei Meister der Gemmoglyptik Antonio, Giovanni und Luigi Pichler: eine biographisch-kunstgeschichtliche Darstellung — Wien: Braumüller, 1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.70057#0037
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GIOVANNI PICHLER.

2 I

in jedem seiner Werke; und dies ist nicht wenig, wenn man
weiss, dass in diesen Eigenschaften hauptsächlich das Schöne
und Wunderbare in den Arbeiten dieser Art der Kunst beruht,
und wegen welcher die ausgezeichneten antiken und modernen
Werke der Gemmoglyptik so sehr geschätzt werden. Betrach-
tet man die Sache genauer, so unterscheiden sich die Arbeiten
Giovanni Pichler’s durch etwas ganz Eigenes, durch eine nur
ihm zukömmliche Art, in welcher er z. B. Kopfhaare in Masse
reizend darstellt und mit ein paar freien Strichen deren Fein-
heit andeutet, in welcher er dem leicht geschlossenen Munde
eine edle Grazie, den Augen eine wunderschöne Form zu geben
weiss. Dazu kommt eine höchst correcte Zeichnung, eine Kraft
und Energie des Schnittes, ein mit Gefühl und Tüchtigkeit
ausgeführtes Basrelief, im classischen, harmonisch-hohen Geist
der Alten. Alle diese die charakteristischen Merkmale seiner
Arbeiten ausmachenden Vollkommenheiten vereint, machen es
nicht schwer, viele seiner Werke zu erkennen, die als antike
bezeichnet werden, sowie andere zu verwerfen, obwohl selbe
fälschlich seinen Namen tragen, welchen die Gemmenhändler
aus eigennütziger Gewinn- und Habsucht hineinschneiden liessen.
Zuweilen jedoch war Giovanni Pichler durch die Laune und
Unwissenheit der Besteller gezwungen, von dem einfachen und
grossartigen Style abzuweichen und etwas in’s Uebertriebene
und Gemessene überzugehen, worüber er selbst, es beklagend,
sagte: „Mit der allzu accuraten Arbeit verliere ich meine Zeit
und das Werk seinen Werth.” Wer daher, klug und discret,
dem Giovanni die Wahl und Durchführung der Arbeit über
liess, konnte gewiss sein, ein in jeder Beziehung gelungenes
Werk zu erhalten. — Er besass die grösste Leichtigkeit und
Geschicklichkeit, die Physiognomien mit ihrem Ausdruck und
Charakter zu treffen; denn er arbeitete viel in Bildnissen, deren
einige ihm in grosser Vollendung gelangen, indem er nicht in
den Fehler vieler Künstler verfiel, welche ein besonderes Merkmal
hervorheben und es gewissermassen zum Mittelpunkt der Aehn-
lichkeit machen, während Giovanni Pichler entgegengesetzt
eine etwaige Missbildung zu verkleinern suchte, ohne hiebei das
Eigenthümliche der Physiognomie zu verlieren. — Ein grosser
Bewunderer und Lobredner der Alten, hatte er dieselben stets
 
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