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Rooses, Max
Geschichte der Malerschule Antwerpens: von Q. Massijs bis zu den letzten Ausläufern der Schule P. P. Rubens — München, 1881

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https://doi.org/10.11588/diglit.20661#0472
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XIII.

Die Periode des Verfalls.

hne Bedenken dürfen wir das 18. Jahrhundert eine Periode
des Verfalls für die Malerfchule Antwerpens wie für die
Stadt überhaupt nennen. Die definitive Sperre der Schelde
i. J. 1648 hatte den langen Jahren von Unruhen, von Krieg
und Rückgang, welche Antwerpen feit 1585 erlebt hatte,
ihren vernichtenden Abfchlufs gegeben. Konnte man bis
zur Zeit des weftphälifchen Friedens von den früher ge-
sammelten und aus den Tagen der Noth geretteten Schätzen
noch einigermafsen zehren, fo mufsten fich doch die Mittel innerhalb jener fechzig
Jahre der Drangfal erfchöpfen, da keine neuen Hilfsquellen für die hinfiechende
Bevölkerung zu Tage traten. Von 1648 bis 1700 aber aus der Hand eines
fpanifchen Statthalter in die eines anderen überliefert, wurde die Stadt durch
nichts als durch ein paar Volksaufläufe in ihrem Todesfchlafe gehört, und
mehr und mehr nahm die Verarmung und Entvölkerung überhand.

Mit neuen Wirren brach das 18. Jahrhundert an. Der fpanifche König
Karl II. ftarb im Jahre 1700 kinderlos, und der König von Frankreich wie der
römifche Kaifer, beide Söhne und Gatten von fpanifchen Königstöchtern, traten
in die Arena um fich des Erbes des verdorbenen Fiirften zu bemächtigen.
Von 1701 bis 1714 dauerte der Krieg und während des gröfsten Theils diefer
Zeit waren die Eidlichen Niederlande der Schauplatz der Feindfeligkeiten, unter
denen befonders Antwerpen, welches 1701 bis 1706 in den Händen der Franzofen
blieb, zu leiden hatte. Und als man endlich nach vierzehnjährigem Kampf zu
dem in Utrecht gefchloffenen Frieden gelangte, beftieg ein Enkel des franzöfifchen
Königs den Thron von Spanien und behielt die überfeeifchen Befitzungen,
während Belgien, Neapel und Mailand Oefterreich zu Theil wurde, wonach die
Eidlichen Niederlande abermals in die Hände eines neuen Gebieters fielen, der
fie auch bis gegen das Ende des Jahrhunderts behalten follte. Und vom erften
Augenblick der Befitzergreifung an liefs fich Oefterreich eine Erniedrigung
gefallen, welche unzweifelhaft bewies, dafs unfere Landftriche als erobertes
Land betrachtet wurden: die neuen Herrfcher nahmen nemlich den Traktat
von Barreel an, in welchem Holland ermächtigt wurde, in die bedeutendflen
flandrifchen Fettungen auf Kotten der Einwohner Befatzungen zu legen.
 
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