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Grohmann, Will; Uhlmann, Hans; Gerd Rosen (Berlin, West)
Hans Uhlmann — Berlin: Galerie Gerd Rosen, 1947

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https://doi.org/10.11588/diglit.70722#0008
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volumens und raumes ausgehend gegenstände bildet, nicht abbildet, das simultane
der bewegungsvorstellungen und verschiedenen ansichten dreidimensional begleicht und
das moment der zeit und der bewegung erlebbar macht. Das thema mensch würde
dann ein beispiel unter vielen und hätte totaleren aufgaben zu weichen. Die plastik
würde objektiver, sozusagen „ichfrei". Man könnte sie „freivorstellig" und „total-
ansichtig" nennen im gegensatz zur „sehbildmäßigen" und „schrägansichtigen" des
bisherigen abendlandes, zur „vorstelligen und geradansichtigen" der ögypter und zur
„optisch-diskontinuierlichen" der neger. Damit hätten wir die vier grundformen des
plastischen angedeutet, unter die sich die Varianten zusammenfassen ließen.
Als Picasso seine erste kubistische plastik schafft, den bronzekopf von 1909, öffnet er
einen weg, der noch immer nicht zu ende ist, nur daß sich wie in der malerei durch
die rückverlegung des akzents auf den geistigen gehalt der gegenstandsfragmente
zunehmend surrealistische tendenzen durchsetzen bzw. durch betonung geometrischer
und sphärischer formen konstruktivistisch-technische energien. Die meilensteine des
weges wären: Brancusi, die muse 1910; Archipenko, gehende frau 1912; ders., skulpto-
malerei 1914; Duchamp-Villon, das pferd 1914; Picasso, konstruktion 1914; Laurens,
tanz 1914; Lipschitz, harlekin 1916; Gabo, eisenkopf 1916; Juan Gris, toreador 1917;
Tatlin, konstruktion 1917; Vantongerloo, konstruktion 1917; Belling, dreiklang 1919;
Moholy-Nagy, nickelplastik 1921; Pevsner, abstraktes porträt 1922; Schlemmer, rund-
plastik 1923; Picasso, entwurf einer plastik aus eisendraht 1928; Moore, liegende frau
1929; Giacometti, entwurf für einen platz 1930; Arp, personnages 1931; Lipschitz, gesang
der vokale 1931; Gabo, konstruktion 1932; Pevsner, konstruktion 1933; Calder, mobile
1934; Bill, endloses band 1935; Gonzales, tänzerin 1935. Es sind maler dabei, die
in der plastik eine bestätigung oder revision ihrer anschauungsweise suchen, Picasso,
Gris, Moholy, Schlemmer und bildhauer, die malen, wie Bill; malerl, die plastische
entwürfe zeichnen und malen wie Picasso und Chirico, und plastikerj deren Zeichnungen
beinahe ein oeuvre für sich darstellen, wie Moore. Fraglos wurde die Problematik der
plastischen kunst nach der jahrhunderiwende von allen als ebenso groß empfunden
wie die der malerei, eher als größer. Da maler wie bildhauer, von den gleichen geistigen
Voraussetzungen getragen, jede descriptive Wiederholung oder Umbildung des ge-
gebenen als gegenstandslos empfinden mußten, kann es nicht überraschen, wenn sie
gemeinsam an die lösung verwandter fragen herangingen. „Mein werk ist objektive,
nicht descriptive konstruktion", sagt Strawinsky; für subjektive gefühle war kein platz
mehr in der kunst, der mensch war nicht mehr das maß der dinge, er war im ganzen
der weit aufgegangen.
Man mag erstaunt sein, daß in diesem Zusammenhang nicht die rede ist von Maillol,
Lehmbruck, Barlach, Matare, Mareks. Wir wissen, was die plastik der gegenwart diesen
heute schon klassischen meistern zu verdanken hat, Maillol und seiner erkenntnis der
kubischen akzente, Lehmbruck und seinen richtungskontrasten, Barlach und seinen
blockhaft geschlossenen, schicksalbeladenen gestalten, Matare und seinen stenographi-
schen abkürzungen, Mareks und seinen bemühungen um einen zeitentsprechenden
kanon der menschlichen gestalt. Auch die maler der brücke sind nicht erwähnt, die
von 1904 an sich um eine erneuerung der plastischen gesefze bemühten und mit ihren
blockhaften figuren neue maßstäbe aufstellten, Nolde, Kirchner, Schmidt-Rottluff, Heckel.
Aber es kam bei der kleinen zeittabelle darauf an, zusammenzustellen, was analog

atelierfoto 1947
 
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