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Rosen, Valeska von
Mimesis und Selbstbezüglichkeit in Werken Tizians: Studien zum venezianischen Malereidiskurs — Emsdetten [u.a.], 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.24733#0013
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11

EINLEITUNG

«Questo divinissimo pittore ä fatto di quelle cose che paiano piü tosto
cosefatte da g(li) Angioli del Cielo che di mano d'u(n) huomo mortale et
in alcune cose etparticolarmen(te) ne' ritratti del v(ivo) ä avanzato di
g(ran) longa tutti ipit(tori) del mondo. E questa bestia d(el) Vasari lo
descri(ve) quasi unpittore a caso. »'

In diesen Sätzen, die Annibale Carracci am Rand seines Exemplars von
Vasaris opus magnum notierte, entlud sich seine während der Lektüre der
Tizian-Vita angestaute Verärgerung. Carracci irrt etwas; denn den Satz, er
wolle beweisen, daß Malerei ein bloßer Zufall sei, hatte Vasari auf Tizians
vermeintlichen Epigonen Tintoretto bezogen -2 doch hat er den Grundton
der Vita, in der Vasari mal verhüllt negativ, mal offensichtlich kritisch, nie
aber uneingeschränkt positiv Tizians Gemälde kommentiert, genau
erfaßt. Es waren die Autorität im Urteil und die Geschlossenheit der Theo-
rie samt ihren Folgen für die Beurteilung der Werke eines venezianischens
Malers, die Carraccis Verärgerung hervorriefen. Gesteigert wurde sie
sicherlich durch den Umstand, daß sich Vasaris Sicht bereits in der jünge-
ren Traktatliteratur, nämlich in den Schriften Giovanni Battista Armeni-
nis und Raffaello Borghinis, etabliert hatte und - wie man daraus wird
schließen können - sich auch im Kunstgespräch seiner Zeit zu verfestigen
begann. In der polemischen Reaktion auf Vasari bildeten Carraccis Postil-
len keine Ausnahme; Carlo Ridolfi und Marco Boschini fanden ähnlich
drastische Worte, und auch ihr Zorn entzündete sich insbesondere an der
 
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