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Rosenberg, Marc
Die Kunstkammer im Grossherzoglichen Residenzschlosse zu Karlsruhe — Karlsruhe, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.73578#0013
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fast ein ganzes Jahrhundert, bevor wir wieder
amtliche Nachrichten über dieselbe erhalten, um
zu erfahren, dass sie sehr vernachlässigt worden
war. Einerseits scheinen die politischen Ereig-
nisse daran schuld zu sein, andererseits die Ver-
einigung mit der Bibliothek, deren Verwalter
für derartige Werke der Kleinkunst kein Interesse
hatten. Erst im Jahre 1847, also nach 75jährigem
Stillschweigen, berichten die Akten, dass vielerlei
abhanden gekommen ist, und dass vier Verzeich-
nisse über die fehlenden Stücke aufgestellt worden
sind. Merkwürdigerweise liegen diese leisten
aber nicht bei den Akten. Auf mich macht
es den Eindruck, dass die wirklichen Abgänge
sich nur auf geringwerthige Objekte oder Einzel-
theile erstreckt haben können.
Mit dem Jahre 1850 beginnen für die Kunst-
kammer verschiedene Ausscheidungen und Um-
stellungen, welche in directer Linie zu den be-
stehenden Verhältnissen geführt haben.
Da die Bibliotheksräume im Schlosse für
die Handschriften zu beschränkt geworden waren,
mussten die Kunstsachen den Platz räumen. Zu-
nächst bestand die Absicht, Gegenstände von
wissenschaftlichem Werthe bei der Bibliothek
zu belassen, die wenigen Bilder der Galerie zu
übergeben und den Rest unter die Aufsicht der
Schlossinspection zu stellen. Am 5. Juli 1850
wurde aber alles, was sich noch an Werken
der Kleinkunst in der Hofbibliothek befand, im
Ganzen 471 Nummern, an den Schlossinspector
abgegeben. Mit Rücksicht auf den bei dieser
Gelegenheit abermals sich ergebenden Raum-
mangel ordnete Grossherzog LEOPOLD die

Versteigerung von 90 werthlosen Stücken an,
sechs wurden in die Gewehrkammer abgeliefert
und 34 nach Schloss Baden verbracht, von wo
man sie indessen später wieder zurückgeholt hat.
Der Haupt-Bestand verblieb in der Hauskäm-
merei, bis später (vor 1855) 350 Nummern davon
unter dem Namen einer „Elfenbeinsammlung" in
der Grossherzogl. Kunsthalle aufgestellt wurden.
Nachdem 1872 eine Ausscheidung für die Ver-
einigten Sammlungen stattgefunden hatte, wur-
den, wie wir eingangs erwähnt haben, auf Befehl
des regierenden Grossherzogs die zerstreuten
Kunstgegenstände aus den Schlössern von Baden
und Eberstein, aus der Silber- und Porzellan-
kammer, aus zufälligen Aufbewahrungsorten und
aus der Hauskämmerei gesammelt und zur Kunst-
kammer in den Räumen des ehemaligen Natura-
lienkabinets vereinigt.
Wer die Geschichte der verschiedenen
fürstlichen Kabinette kennt, weiss, dass es ver-
geblich wäre, in denselben heute noch alles das
wiederfinden zu wollen, was in den alten In-
ventaren steht. Diese Sammlungen galten ihren
Besitzern als Fonds, welchen bei Heimführungen
und Taufen, Geburtstagen und Ehrungen, Mis-
sionen und Besuchen Einzelstücke zu Geschen-
ken entnommen wurden. Dazu kamen die Thei-
lungen durch Vermählungen und Erbschaften,
welche mehr als alles andere den Bestand durch-
einander warfen. Wenn man alle diese Umstände
berücksichtigt, muss man anerkennen, dass die
Grossherzogliche Kunstkammer ihren Grundstock
besser und sicherer bewahrt hat, als viele ähn-
liche Sammlungen.


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