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Rosenberg, Marc
Die Kunstkammer im Grossherzoglichen Residenzschlosse zu Karlsruhe — Karlsruhe, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.73578#0010
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Beleg, sowie der Nachweis wird beibringen
lassen, wann und durch wen dasselbe in die
Kunstkammer gekommen ist. Im Interesse der
Hausgeschichte wäre eine solche Untersuchung
im höchsten Grade wünschenswerth, in kunst-
geschichtlicher Hinsicht dagegen hat sich das
Studium des Aktenmateriales, da Anschaffungs-
rechnungen bisher nicht aufgefunden werden
konnten, als wenig ergiebig gezeigt. Wir sind
heute mit Hilfe einer strengen kritischen Methode
in der Lage, an den Objekten selbst mehr über
die Zeit und den Ort ihrer Entstehung, sowie
über den Gebrauch, welchem sie gedient haben,
abzulesen, als uns diese Inventare sagen. Sie
sind nämlich fast nie gleichzeitig mit den Gegen-
ständen, welche sie beschreiben, sondern erwähnen
dieselben meistens erst beim Ableben derjenigen
Fürstlichkeiten, welche sie erworben haben.
Ausserdem sind die Aufzeichnungen fast aus-
schliesslich von Personen gemacht, welche aller
derjenigen Kenntnisse baar sind, deren man
zur Beschreibung eines Kunstwerkes, oder einer
kunstgewerblichen Arbeit bedarf. Wenn in dem
Inventar von 1733 z. B. ein Spottbild auf Luther,
ein eigrosser Türkis und eine Darstellung mit
einer Bacchantin aufgezählt werden sollen, so
geschieht es in folgender Weise:
^ „Mademoiselle Cätherl mit Dr.
Güthern, in einem alten Gemahl." —
^ ,, Ein grosses Ay. Von einer gewissen
Materie." — ^ „Eine Poetische kunst-
reiche histori in einer goldenen bildhauer
Rahm, eine fastnachts Göttin represen-
tirendt."
Andere ähnliche Beschreibungen, oder
auch Ausdrücke, wie „indianisches Geschirr"
für chinesisches Porzellan und „Spallier"
für Gobelins, brauchen wohl nicht besonders her-
vorgehoben zu werden. Hingegen möchte ich
auf einige andere Notizen hinweisen, eine An-
zahl schon längst nicht mehr existirende Stücke
betreffend, deren Verlust uns aber ganz besonders
bedauernswerth erscheint.

Zunächst finden wir in einem Inventar
von 1733 ein Service beschrieben, dessen Emaillen
auf Rafael zurückgeführt werden. Wenn dabei
natürlich nicht an eine Ausführung von seiner
Hand, vielleicht nicht einmal an eine Benützung
seiner Compositionen zu denken ist, so scheint
doch jedenfalls eine sehr bemerkenswerthe
Schmelzmalerei vorgelegen zu haben. In gleicher
Technik war auch ein Altar hergestellt mit
Scenen nach den Miniaturen eines 1647 von
FRIEDRICH BRENTEL gemalten Gebet-
buches. Wie dieses Gebetbucli in der Pariser
Nationalbibliothek aufgetaucht ist, so mag ein
gütiges Schicksal auch einmal den Altar wieder
auffinden lassen. Können wir uns bei derartigen
Nachforschungen von dem Bilde leiten lassen,
welches wir uns von diesem Stücke im Geiste
machen, so sind wir dem dritten hier anzu-
führenden Gegenstände gegenüber in einer miss-
licheren Lage, weil wir uns von seinem Aus-
sehen keine genaue Vorstellungen machen können.
Die Beschreibung, Mamma von Einhorn
mit geschmeltzter A rbeit und Granaten
nerzirt, in einem Futteral, obgleich ziemlich
gleichlautend in zwei verschiedenen Inventaren
vorkommend, vermittelt uns keinen bestimmten
Begriff, weil ein derartiges Stück bisher nirgends
bekannt geworden ist. Zuletzt sei noch auf eine
Serie von Figuren in Goldemaille hingewiesen,
welchen ihr grosser Materialwertli wohl schon
frühzeitig den Untergang bereitet haben mag.
Wenn man im Inventar der Markgräfin Sibylla
von Baden-Baden deren Beschreibung liest,
muthet es einen an, als habe man den Katalog
des Grünen Gewölbes zu Dresden in Händen und
stehe vor den Wunderwerken eines Dinglinger.
Notizen, welche man als eine wirkliche
Bereicherung unserer Kenntniss in die Geschichte
der Kleinkünste eintragen könnte, sind in den
Inventaren, soweit ich wenigstens in dieselben
eingedrungen bin, nicht zu finden. Höchstens
könnte die eine dazu gerechnet werden, welche
die Entstehung einer kleinen Sammlung kunst-

II
 
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