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Rosenberg, Marc
Die Kunstkammer im Grossherzoglichen Residenzschlosse zu Karlsruhe — Karlsruhe, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.73578#0011
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voller Drechslerarbeiten in Elfenbein nach Geis-
lingen verlegt, wo heute noch eine derartige
Industrie besteht. Ohne diesen Nachweis würden
wir sie der ZICK'schen Schule in Nürnberg,
der TEUBER'schen in Regensburg oder der
AULICA OFFICIANA SAXO-COBURGICA
in Gotha zugeschrieben haben, wohin auch eines
der Stücke seiner Inschrift nach ganz bestimmt
gehört.
Soviel über die Quellen im Allgemeinen.
Gehen wir nun dazu über, den Antheil der ein-
zelnen Fürsten an der Kunstkammer kennen
zu lernen.
Wie die neuere Gestaltung Badens auf
der Wiedervereinigung der seit Markgraf Chri-
stoph I. auseinandergehenden Bernhardinischen
und Ernestinischen Linien beruht, so basirt auch
der gegenwärtige Inhalt der Kunstkammer auf
den zwei getrennten Sammlungen, welche von
diesen beiden Hauptlinien angelegt worden sind.
Der Ernestinische Besitz ist von Rastatt,
der Bernhardinische aber nicht etwa von Dur-
lach, sondern aus dem sogen. Markgräflichen Hof
in Basel nach Karlsruhe verbracht worden. Dort
hatte schon Markgraf FRIEDRICH V. 1644 den
alten Hagenbach'schen Hof erworben, und sein
Sohn FRIEDRICH VI. scheint es gewesen zu
sein, welcher 1674 bei Antritt seines Feldmar-
schallamtes, als er seine Familie, die Bibliothek
und das Münzkabinet nach Basel in Sicherheit
brachte, auch die Kunstsachen dorthin überführte,
falls sie nicht schon früher nach Basel geflüchtet
worden sind.
Die Zeugnisse für das allmählige An-
wachsen der Kunst - Sammlungen der Ernesti-
nischen Linie sind leider nicht sehr zahlreich.
Sie beginnen mit dem Verlassenschafts-Inventar
des Prinzen BERNHARD -fr 1553, Sohn des Mark-
grafen Ernst von Baden - Durlach. Bemerkens-
werth ist darin zweierlei. Erstens, dass uns der
Name des zur Schätzung herangezogenen Gold-
schmiedes SPEIDEL zu Weil der Stadt über-
liefert wird und zweitens, dass wir Kunde von

zwei interessanten Stücken erhalten, sogen. Greifen-
klauen, wie solche sich bis heute in der Kunst-
kammer erhalten haben. Die Exemplare des
Prinzen Bernhard schätzte der Goldschmied auf
200 Gulden, und wenn die Fassung an ihnen
nicht reicher war, als an den erhaltenen Stücken,
so hat er zweifellos den Affectionswerth mit
angeschlagen.
Im Nachlasse des Markgrafen CARL II.,
+ 1577, finden wir einiges Silbergeschirr ver-
zeichnet, welches derselbe von CARL IX. von
Frankreich erhalten hat. Der Anlass zu diesem
Geschenk, die Vermählung des Königs mit der
Tochter des Kaisers Maximilian II. im Jahre 1570,
war derselbe, welcher der Kaiserlichen Schatz-
kammer zu Wien den Besitz des berühmten
Salzfasses des BENVENUTO CELLINI ein-
getragen hat, welches, wie sehr auch Phantasie
und Stilkritik thätig sein mögen, doch die einzige
sicher beglaubigte erhaltene Arbeit des Meisters
bleibt. Die Geschenke für den Markgrafen
waren, wie man aus dem hier folgenden Ver-
zeichniss ersieht, von ungleich geringerem Werthe:
Ein vberlengtes gar vergültes Handbeckit, mit
dem frantzösischen Wappen, campt zwo vergälten Giess-
kandten. — Zwe, runde gar vergälte Beckit mit zwo
Giesskandten vnd dem frantzösischen Wappen. -— Drey
vergällter Leichter. — Drey vergülter nidertrechtiger
gebuckelter weiter Becher mit Deckeln. — Drey ver-
gälter gebuckelter Salzfässlin mit dreien füss vnd einem
Deckel. rEin vergälte Schaalen darinn Neptunus
getrieben.
Da die weiteren Baden-Durlacher Akten
keine für unsere Zwecke brauchbare Auskunft
mehr geben, müssen wir bis in das 18. Jahr-
hundert hinein, also etwa 150 Jahre vorgreifen,
um einen Blick auf die in einem Inventar von
circa 1720 verzeichneten Kunst-Gegenstände zu
werfen, welche sich im Markgräflichen Hofe zu
Basel angesammelt hatten. Dieselben bestanden
in einer umfangreichen Portraitssammlung (theils
in Miniaturformat, theils etwas grösser), in einer
Gemmensammlung und in einer Collection Bron-
cen, welche wir bei Besprechung des jetzigen Be-
standes der Kunstkammer kennen lernen werden.

III
 
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