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I. KUNST UND KÜNSTLER DER EHEMALIGEN REICHSSTADT
ULM.

Bei der Herausgabe der nachfolgenden Quellen wurde es unternommen, für den alt-
schwäbischen Umkreis alles Wesentliche nach Möglichkeit zu erfassen und zur all-
gemeinen Kenntnis zu bringen, was bis jetzt an Kunstgeschichtlichem und Kunst-
biographischem noch ungehoben in den südwestdeutschen öffentlichen Archiven
und Handschriften der Bibliotheken schlummerte oder was bei flüchtigem Raubbau
früher bereits, aber unvollständig oder ungenau zur Veröffentlichung gelangt war.
Sehen wir von Rob. Vischers dokumentarischen Beiträgen zur Augsburger und
Allgäuer Kunsthistorie, von Jul. Baums Regestenanhang zu seiner Geschichte der
Ulmer Plastik ab, dann wüßten wir nichts von Belang zu benennen, das als quellen-
kritische Publikation zur Kunstgeschichte dieser Landstriche während des letzten
Halbjahrhunderts zutage getreten wäre.

Was Hampe und Gümbel für Nürnberg und die fränkischen Lande und jüngstens
Hartig für das München des XV. und XVI. Jahrhunderts versuchten und teilweise
mit Erfolg zu Ende führten, hätte Nachahmer für das nachbarliche schwäbische
Stammesgebiet anreizen müssen, namentlich da vor wenig Jahren erst eine kom-
petente, um die Erforschung südwestdeutscher Kunst im ausgehenden Mittelalter
vor andern verdiente Persönlichkeit, hinsichtlich unserer tatsächlichen Kenntnis um
die Meister des Pinsels und des Meißels zwischen Schweizerland und Frankenland
das kurze Verdikt abgab: „Mit der Künstlergeschichte Schwabens tappen wir noch
arg im Dunkeln." l

Von den drei Vororten vaterländischer Kunst in Süddeutschland während des
XV. Jahrhunderts: Nürnberg, Ulm und Straßburg, kann letzteres bis zur Stunde
die Ehre für sich in Anspruch nehmen, daß die Geschichte seines Kunstlebens in
jenem Jahrhundert noch völlig im Dunkel begraben liegt; Ulm kann sich mit dem
schlechten Trost begnügen, daß im Gegensatz zur fränkischen Hauptstadt einerseits
von seiner Kunst immer reichlich geredet wird, daß wir andererseits aber herzlich
wenig über seine Meister nach der lebensgeschichtlichen Seite hin wissen, kaum die
nackten Namen eines Multscher, Schüchlin, Sürlin und Zeitblom neben ihren laut
redenden Schöpfungen anführen können.

Von einem Monumentalwerk wie dem Sakramentshaus im Ulmer Münster kennen
wir weder den Meister des Figürlichen noch des hochragenden Steingehäuses, und
der Glaube an den altern Sürlin, den Kunstschreiner, als Verfertiger der herrlichen
Büsten, will als ökumenisches Credo nicht mehr recht verfangen,2 je tiefer wir in
die Kenntnis der Werkstätten, ihrer Arbeitsweise, ihrer Leiter und zahlreichen In-
sassen an Hand der Quellen eindringen. Je mehr Künstlernamen aus dem Dunkel
der Vergangenheit auftauchen, desto mehr werden wir gewissenshalber genötigt
sein, von unsern Nottaufen auf die wenigen, bislang zufällig überlieferten Katalog-
grolseri der Galerien abzustehen und Umtaufen aus Gerechtigkeit und besserer Ein-
sicht vorzunehmen.

• Repert. f. Kunstwissenschaft XLV (1925), 220 (Schuette).

• Jahrb. d. preuß Kunstslgen XLVIII (1927), 18f.
 
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