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III. ZUR KUNSTGESCHICHTE DER EHEMALIGEN REICHS-
STADT NÖRDLINGEN.

Indem wir das Allgäu verlassen, wenden wir uns über Ulm nach dem nordöstlichen
Teil des schwäbischen Gebiets, um in der ehemaligen freien Reichsstadt Nörd-
lingen uns ein deutliches Bild darüber zu verschaffen, inwieweit sein Kunstleben
etwa von der Zentrale an der Donau und dem fränkischen Vorort Nürnberg ab-
hängig, oder ob daselbst sich ein eigenes bodenständiges Kunstwesen entfalten
konnte, das imstande war, auch seinen weitern Umkreis zu durchdringen und
künstlerisch zu befruchten.

Der beste Kenner der ehemaligen Öttingen-Wallersteinischen Galerie, G. Grupp,
berichtet in seiner ausführlichen Geschichte dieser Sammlung, daß aus dem Ries,
vielleicht aus dem zwei Stunden westlich von Nördlingen entfernten Zister-
zienserinnenkloster Kirchheim die beiden Tafeln mit der heiligen Dorothea und
Margarete (Abb. 12) stammen, die damals Graf Rechberg dem Museumsgründer
Fürst Ludwig von Öttingen-Wallerstein vermittelte. Sie wanderten dann später in
die Augsburger Galerie und sind heute in der Alten Pinakothek zu München auf-
gestellt.1 Zu ihnen gehört, möglicherweise einem gleichen Retabel ursprüng-
lich angehörend, eine Ursulatafel, die sich ehedem in der Sammlung Sepp zu
München befand.2

Schon vor 25 Jahren hat Friedrich Back diese Münchener (damals Augsburger)
Heiligentafeln in einen engeren Zusammenhang mit dem Seligenstadter Altar-
werk zu Darmstadt gebracht, vor allem aber mit den aus der Wallfahrtskirche des
Kapuzinerklosters Bornhofen a. Rh. (gegenüber Roppard) ins Bonner Provinzial-
museum übertragenen Heiligen- und Passionsbildern, die gemäß einem glück-
lichen dokumentarischen Fund 1415 von einem „Meister Bertholdt, Maler zu Nörd-
lingen in der gutten Stadt" hergestellt wurden.3

Über den fraglichen Nördlinger Meister Bertold und seinen Sohn Thoman können
nunmehr zuverlässigere und ausführlichere biographische Daten beigebracht
werden, als sie damals Back zur Verfügung standen. Tatsächlich starb der Vater
Bertold bereits 1422/23, und sein Sohn Thoman, der nachweislich vor 1420
Nördlinger Meister war, folgte ihm schon 7 Jahre später im Tode nach. Aus der
Werkstatt des letzteren, der 1426 im Auftrag der Stadt eine Tafel des Jüngsten
Gerichts und um 1429 ein Altarwerk für die Kirchengemeinde zu Reimlingen in
nächster Nähe der Reichsstadt malte, der aber auch mit dem Ulmer Maler-Bild-
hauer Multscher in geschäftlichen Beziehungen stand, gingen vermutlich die obigen
Münchener Heiligentafeln hervor, wie ihm, dem Mitarbeiter in des Vaters Werk-
statt, wohl auch die Heiligenfiguren auf den Bornhofer und Seligenstadter Altar-

1. Jahrb. d. Hist. Vereins von Nördlingen u. Umgeb. VI (1918), 92f.

2. C. Gebhardt, Altd. Bilder der Sammlung Sepp, in Monatsh. f. Kstw. III (1910), 425 u.
Tafel 93. — Vgl. hierzu Anz. des Germ. Nationalmuseums 1930/31 (H. Zimmermann), p. 34
u. Tafel 119.

3. Fr. Back, Mittelrh. Kunst, 1910, p. 71 f. — W. Cohen, Kat. d. Gemälde-Galerie in Bonn, 1914,
Nr. 150—59.
 
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