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Dürer, Albrecht; Rupprich, Hans [Hrsg.]
Schriftlicher Nachlaß (Band 3): Lehre von menschlicher Proportion: Entwürfe zur Vermessungsart der Exempada u. zur Bewegungslehre ; Reihschriftzyklen ; der Aesthetische Exkurs ; die Unterweisung der Messung ; Befestigungslehre ; Verschiedenes — Berlin, 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.29733#0011
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EINLEITUNG

In Goethes Korrespondenz aus Italien (Rom, den 2ß. August 1787) nach Weimar steht der Satz: „Nun hat
mich zuletzt das A und O aller uns bekannten Dinge, die menschliAe Figur, angefaßt, und ich sie, und iA
sage: Herr, ich lasse dich nicht, du segnest mich denn, und sollt' ich mich lahm ringen."
Dürer hatte um iß00 mit dem Studium der menschlichen Gestalt begonnen und sich unausgesetzt bemüht,
über ihre Proportionen als Kanon und als abweichender Charakter Klarheit zu gewinnen. Anfangs sollte
die Lehre von der Maß der Menschen in ein umfassendes LehrbuA der Malerei eingegliedert werden, all-
mählich aber wurde die mensAliche Figur Anfang und Ende der theoretischen und kunsterzieherisAen
Bestrebungen, und der Kampf mit der Erscheinung darum dauerte bis zum Lebensende. Dabei führten diese
wissenschaftlichen Studien niemals zu einer künstlerischen Bewegungsunfähigkeit. Dürer besaß von Natur
aus eine Doppelbegabung. Er war sowohl Künstler als auch Theoretiker. Wie die gestaltende Tätigkeit
gesegnet blieb bis zum Ende, so gedieh der Ertrag der gedanklichen Bemühungen zu einer immer breiteren
Fülle von Studien, Beobachtungen und Erkenntnissen zur mensAliAen Figur und des menschlichen GesiAtes,
ihren VermessungsmögliAkeiten und Maß Verhältnissen, Variationen und Bewegungen; und da Dürer als
universaler Mensch eine vorwiegend geometrische Begabung war, greifen die Interessen immer wieder
zurück auf die geometrischen Grundlagen und über die Proportionen der MensAen und Pferde hinaus auf
die Maße und Planungen der Baukunst und die BefestigungsteAnik.
*
Der dritte Band der Herausgabe von Dürers Schriftlichem Nachlaß bringt in konsequenter Ergänzung und
Fortsetzung der vorausgegangenen Teile zunächst einen Zyklus von Reinschriften menschlicher Propor-
tionen nach dem Meßsystem mit Hilfe des Teilers als Ergebnis und zur Reife gelangte FruAt der seit iß iß
im Hinblick auf eine Lehre von mensAHAer Proportion betriebenen Studien und angelegten Vorentwürfe.
Dieser zusammenhängenden Folge nachgeordnet sind die erhaltenen Studien und Ausarbeitungen naA der
Vermessungsart mit Hilfe der Exempeda oder des Meßstabes. Sie wurden den bereits im zweiten Band
gebraAten Vorarbeiten zum „UnterriAt alle Maß zu ändern" hinterher gereiht, weil Dürer, noA bevor er
siA entsAloß, in seinem Lehrbuch auA die andere Vermessungsart zu zeigen, begonnen hatte, jene mit
Hilfe des Teilers aufgeführten Typen zu variieren. In seinen frühen Planungen des Lehrbuches wollte
Dürer den Resultaten des ersten BuAes gleich das spätere dritte folgen lassen und seine Umkonstruierungs-
mögliAkeiten nur an Typen, die naA aliquoten Körperbruchteilen gemessen sind, vorführen. Erst später
begann er auch Figuren des zweiten Buches in die Veränderungen miteinzubeziehen.
Den im VergleiA mit den Vorarbeiten zum ersten BuA weit weniger ausgedehnten Studien und Vermes-
sungen mit Hilfe der Exempeda folgt ein Zyklus Reinschriften mit Hilfe des Meßstabes ausgearbeiteter
Proportionsfiguren. Beide Zyklen ReinsAriften waren wohl im Hinblick auf eine Drucklegung der nun-
mehr sAon auf vier Bücher erweiterten Lehre von mensAlicher Proportion angefertigt worden, stellen aber
noA keine Druckvorlage dar.
AngesiAts dieser beiden Zyklen Reinschriften zu den Meßverfahren mit Hilfe des Teilers wie mit Hilfe
des Meßstabes, drängt sich die Frage auf, ob nicht Dürer auch aus seinen Vorarbeiten zum „Unterricht alle
Maß zu ändern" eine ähnliAe Reinschrift angefertigt habe. Die Frage ist mit großer Wahrscheinlichkeit zu
bejahen. Leider aber müssen wir feststellen, daß sich davon nur geringe Reste erhalten haben. Eine ehemals
vorhanden gewesene zusammenhängende Folge wäre unter die Verluste zu buchen, die Dürers Schriftlicher
Nachlaß im weiten Umfang betroffen hat.
Um dieselbe Zeit, in der Dürer begann, seine Proportionsfiguren zu variieren und bald darauf oder daneben
Vermessungen auA nach dem Exempedaverfahren durAzuführen, erscheinen in den Aufzeichnungen auA

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