Freie Umſchreib. d. Briefs Pauli an den t. 119
Paulus, oder als meinen zaͤrtlichſten Freund. Ich
wuͤrde mit ihm unter der Zuͤchtigung leiden und du
wuͤrdeſt mich ſtrafen, wenn er an dir einen harten
Richter und an dir den Chriſt nicht finden wuͤrde, der
die Sanftmuth und Vertraͤglichkeit des Sohnes Gottes
nachahmen ſoll. Er iſt der Liebe, die ich ihm wuͤnſche,
nicht unwuͤrdig. Die Achtung, die ich jetzt fuͤr ihn
habe, iſt ſo groß, daß ich ihn gerne bei mir behalten
haͤtte, weil ich mir von ihm eben die Treue, eben
die unverfaͤlſchte Zuneigung, eben die freundſchaftliche
Unterſtuͤtzung verſprechen koͤnnte, die ich von dir ge—
nieſſen wuͤrde, wenn du ſehen koͤnnteſt, wie ich um
der guten Sache meiner Predigt willen, meine Tage
in den Feſſeln verzehre. Und ich wuͤrde dir ihn wuͤrk—
lich nicht geſchickt haben, wenn ich dir nicht gerne
Gelegenheit gemacht haͤtte, deine Liebe ohne allen
Schein eines Zwangs freiwillig zu offenbahren und ihn
mir wieder zuruͤckzuſenden. Aber bewundere nur mit
mir die Wege Gottes unter den Menſchen! Du mu—
ſteſt ihn auf eine Zeit verlieren, damit er unter dem
Scepter der Lehre Chriſti gebeſſert wuͤrde, und nun
wird er alle ſeine Pflichten vollkommener erfuͤllen als
vorher, wird deine Dienſte nicht mehr verlaſſen und
einſt mit dir das Erbe des Herrn theilen. Zuͤrne
nicht; es iſt dein Gluͤck, daß Oneſimus dich verließ.
Er fand auf dieſem Weg unſern Herrn, und wie nuͤtz—
lich kann er dir nun ſeyn? Ich habe ihn angewieſen,
in dir ſeinen Herrn ſelbſt, wie vorher, zu ehren, ohne
den thoͤrigten Wahn zu naͤhren, daß unſre chriſtliche
Religion, die verſchiedene Staͤnde und Verhaͤltniſſe
unter den Menſchen umſtoſſe oder verwirre. Indeſ—
ſen wollte ich doch, daß du ihm liebreicher begegnen moͤg⸗
S4 teſt,
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Paulus, oder als meinen zaͤrtlichſten Freund. Ich
wuͤrde mit ihm unter der Zuͤchtigung leiden und du
wuͤrdeſt mich ſtrafen, wenn er an dir einen harten
Richter und an dir den Chriſt nicht finden wuͤrde, der
die Sanftmuth und Vertraͤglichkeit des Sohnes Gottes
nachahmen ſoll. Er iſt der Liebe, die ich ihm wuͤnſche,
nicht unwuͤrdig. Die Achtung, die ich jetzt fuͤr ihn
habe, iſt ſo groß, daß ich ihn gerne bei mir behalten
haͤtte, weil ich mir von ihm eben die Treue, eben
die unverfaͤlſchte Zuneigung, eben die freundſchaftliche
Unterſtuͤtzung verſprechen koͤnnte, die ich von dir ge—
nieſſen wuͤrde, wenn du ſehen koͤnnteſt, wie ich um
der guten Sache meiner Predigt willen, meine Tage
in den Feſſeln verzehre. Und ich wuͤrde dir ihn wuͤrk—
lich nicht geſchickt haben, wenn ich dir nicht gerne
Gelegenheit gemacht haͤtte, deine Liebe ohne allen
Schein eines Zwangs freiwillig zu offenbahren und ihn
mir wieder zuruͤckzuſenden. Aber bewundere nur mit
mir die Wege Gottes unter den Menſchen! Du mu—
ſteſt ihn auf eine Zeit verlieren, damit er unter dem
Scepter der Lehre Chriſti gebeſſert wuͤrde, und nun
wird er alle ſeine Pflichten vollkommener erfuͤllen als
vorher, wird deine Dienſte nicht mehr verlaſſen und
einſt mit dir das Erbe des Herrn theilen. Zuͤrne
nicht; es iſt dein Gluͤck, daß Oneſimus dich verließ.
Er fand auf dieſem Weg unſern Herrn, und wie nuͤtz—
lich kann er dir nun ſeyn? Ich habe ihn angewieſen,
in dir ſeinen Herrn ſelbſt, wie vorher, zu ehren, ohne
den thoͤrigten Wahn zu naͤhren, daß unſre chriſtliche
Religion, die verſchiedene Staͤnde und Verhaͤltniſſe
unter den Menſchen umſtoſſe oder verwirre. Indeſ—
ſen wollte ich doch, daß du ihm liebreicher begegnen moͤg⸗
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