den boͤſen
Irnveg.
die Zeichen
Kunſt iſt d
Geſchaͤfften. Da hingegen / ſehr ſelten etwas Be-
ſonders zu hoffen / von denen / welche die Lehrſatz-
und die Theoriam, aus Ungedult / oder Traͤg⸗
keit / vorbey gehen / und nur / durch einen einfaͤlti-
gen Gebrauch / oder flüchtige Practic, auf die
Kunſt blind und unbedachtſam zuplatzen. Wel-
cher verderblicher Irꝛweg / ſonderlich bey uns
Teutſchen / viel mehr / als einiger andern Nation /
bewandlet wird. Dieſem nach habe ich eine hohe
Nothdurfft erachtet / alle ſolche Irrende / wieder
zuruck zuruffen / vermittels kurtzer / doch treuer An-
weiſung des naͤchſten Weges / und gruͤndlicher Be-
deukung / wie man zuvorderſt / durch die theo-
retiſche dehr⸗Faſſung / zu der Ubung tretten muͤſſe;
und wann ſolche Übung mit dem unermuͤtedem
Fleiß vermaͤhlet wird / alsdenn endlich / zu der
Vollkommenheit der edlen Mahler⸗Kunſt ohn-
zwweiflich gelangen köñe. Allermaſſen ich / alle dieſer
edlen Kunſt Wolgoͤnnern / Liebhabern / und Be-
fliſſenen / zu vermeintem Gefallen / wie auch der
ruhmwuͤrdigen Kunſt ſelbſten zu Ehren / und gröf
ſerem Flor / mich entſchloſſen / einen ordentlichen
Aufſatz zu machenz auch zu dieſem / in unſerm erſten
Buch der Teutſchen Academie / bereits den Anfang
gemacht habe. Des Abſehens / muß allhie zuvoͤr⸗
derſt wiederholet werden / daß die Zeichenkunſt /
(als die bey den Alten / Reiſſen genandt war) die
rechte und einige Mutter und Naͤhrerin unſerer
n.
ie
breyer fre
en Kuͤnſte.
geln von
Proportis.
und Regeln
gewiſſe imagination, oder Eindildung / in dem
Verſtand / zuvoꝛderſt alles formirt, was hernacher
durch die Hand zu Papier gebracht lwird. Dieſer
erkenntliche Entwurff / und concept unſerer
Ide, oder Sinn⸗Muſters / welches wir / in Ge-
Das II.
Kunſt⸗Regeln / von Proportion
Fuſſes / der Bruſt.
En Anfang der Lehrſaͤtze / oder
Regeln / worauf dieſe Kunſt
hauptſaͤchlich gegruͤndet / und die
ihr zur Richtſchnur dienen muͤſ⸗
en / kann ſie einem verſtaͤndigem
Auge gnug thun ſoll / machen vir
\
desMenfche
Leibs / und öthiger Maſſen 1
deſen Pro- hochnoͤthiger Maſſen /
portion.
Proportion eines ſwolgeſtalten Menſchen / deſſen
vor allem befoͤrdert werden / alſo; daß man
anfangs einer zierlichen ſaubern Zeichen-
und Handlung / es ſey gleich mit der Feder / Krei-
den / oder Penſel / zu dieſer edlen Zeichenkunſt /
befleiſſe und gewoͤhne / dardurch vor allem erlerne /
die Bilder als allerhoͤchſte Schul / erkennen / den An-
fang machen nach guten Kupferſtichen und Hand-
ꝛiſſen ferner nach erhabenen runden und ſtillſtehen-
den Wildern / oder Statuen von Marmel / Gyps
und folgends nach dem Leben ſelbſt / ſo wol der na-
ckenden als bekleidten deiber. a
Ubung / die Wolerfahrenheit hierinne ſuchen muß:
alſo wird hierzu ſonderlich erfordert daß man alle
Stellungen / Maß / und Ordnung eines gerechten
Bildes er fahꝛe / auch das gꝛoſſe und mittelerediecht /
ſamt dem Schatten und Wiederſchein / vernuͤnfftig
ergreiffe: Als vermittelſt deſſen ſich der Ver-
ſtand mehret; Wann zumal ſolche Erfahrung /
bey Beobachtung mehr gedachter Regeln / durch
vielfaͤltiges nach dem deben⸗ Zeichnen / geſtaͤrcket
wird. Denn auf ſolche Weiſe ſtellet allein ein wah-
rer Progreß zu hoffen. Wobey doch gleichwol
auch die Erkaͤnntnuͤs der Zergliederungs⸗ (oder
Anatomie.) Kunſt / Wohnung und Form / der
Gebeins / oder Sceletons / mit in Betrachtung
kommt. Solcher Geſtalt muß der Verſtand im-
mer mit im Spiel ſeyn / um alle vor Augen kom-
mende naturliche Dinge wol zu uͤberlegen / und zu
beurtheilen: Damit man ſich hernach / zu ſelbſtei-
gener Invention / beqvem machen koͤnne. Ge-
ſtaltſam dieſes ohngezweiffelt der rechte Weg iſt.
Capitel.
—
Anier |
ſch befelſ/
MR die raue
meiden.
An den un,
ccenden dl
deren fol
man anſan,
gen / aft
babe
ſlichen /
Haudriſen
und ſtiſſe-
enden
Bildern.
Hernacher
1 5 le
endigen
Dig
auch de:
Aeademe
ſchreien
vollkoͤmmlich ausgebildet ſey / und fuͤr das rechte
Meiſterſtuck zu halten / weil / aus dieſer Wiſſen-
ſchafft / alles andere gar leicht einen offenen Weg
findet. Es beſtehet aber dieſe Maaß⸗ Ordnung
in folgendem. Man miſſet / von dem Ort / wo des
ab / bis unter das Kinn: dieſes iſt die Maſſe des
Ange-
Irnveg.
die Zeichen
Kunſt iſt d
Geſchaͤfften. Da hingegen / ſehr ſelten etwas Be-
ſonders zu hoffen / von denen / welche die Lehrſatz-
und die Theoriam, aus Ungedult / oder Traͤg⸗
keit / vorbey gehen / und nur / durch einen einfaͤlti-
gen Gebrauch / oder flüchtige Practic, auf die
Kunſt blind und unbedachtſam zuplatzen. Wel-
cher verderblicher Irꝛweg / ſonderlich bey uns
Teutſchen / viel mehr / als einiger andern Nation /
bewandlet wird. Dieſem nach habe ich eine hohe
Nothdurfft erachtet / alle ſolche Irrende / wieder
zuruck zuruffen / vermittels kurtzer / doch treuer An-
weiſung des naͤchſten Weges / und gruͤndlicher Be-
deukung / wie man zuvorderſt / durch die theo-
retiſche dehr⸗Faſſung / zu der Ubung tretten muͤſſe;
und wann ſolche Übung mit dem unermuͤtedem
Fleiß vermaͤhlet wird / alsdenn endlich / zu der
Vollkommenheit der edlen Mahler⸗Kunſt ohn-
zwweiflich gelangen köñe. Allermaſſen ich / alle dieſer
edlen Kunſt Wolgoͤnnern / Liebhabern / und Be-
fliſſenen / zu vermeintem Gefallen / wie auch der
ruhmwuͤrdigen Kunſt ſelbſten zu Ehren / und gröf
ſerem Flor / mich entſchloſſen / einen ordentlichen
Aufſatz zu machenz auch zu dieſem / in unſerm erſten
Buch der Teutſchen Academie / bereits den Anfang
gemacht habe. Des Abſehens / muß allhie zuvoͤr⸗
derſt wiederholet werden / daß die Zeichenkunſt /
(als die bey den Alten / Reiſſen genandt war) die
rechte und einige Mutter und Naͤhrerin unſerer
n.
ie
breyer fre
en Kuͤnſte.
geln von
Proportis.
und Regeln
gewiſſe imagination, oder Eindildung / in dem
Verſtand / zuvoꝛderſt alles formirt, was hernacher
durch die Hand zu Papier gebracht lwird. Dieſer
erkenntliche Entwurff / und concept unſerer
Ide, oder Sinn⸗Muſters / welches wir / in Ge-
Das II.
Kunſt⸗Regeln / von Proportion
Fuſſes / der Bruſt.
En Anfang der Lehrſaͤtze / oder
Regeln / worauf dieſe Kunſt
hauptſaͤchlich gegruͤndet / und die
ihr zur Richtſchnur dienen muͤſ⸗
en / kann ſie einem verſtaͤndigem
Auge gnug thun ſoll / machen vir
\
desMenfche
Leibs / und öthiger Maſſen 1
deſen Pro- hochnoͤthiger Maſſen /
portion.
Proportion eines ſwolgeſtalten Menſchen / deſſen
vor allem befoͤrdert werden / alſo; daß man
anfangs einer zierlichen ſaubern Zeichen-
und Handlung / es ſey gleich mit der Feder / Krei-
den / oder Penſel / zu dieſer edlen Zeichenkunſt /
befleiſſe und gewoͤhne / dardurch vor allem erlerne /
die Bilder als allerhoͤchſte Schul / erkennen / den An-
fang machen nach guten Kupferſtichen und Hand-
ꝛiſſen ferner nach erhabenen runden und ſtillſtehen-
den Wildern / oder Statuen von Marmel / Gyps
und folgends nach dem Leben ſelbſt / ſo wol der na-
ckenden als bekleidten deiber. a
Ubung / die Wolerfahrenheit hierinne ſuchen muß:
alſo wird hierzu ſonderlich erfordert daß man alle
Stellungen / Maß / und Ordnung eines gerechten
Bildes er fahꝛe / auch das gꝛoſſe und mittelerediecht /
ſamt dem Schatten und Wiederſchein / vernuͤnfftig
ergreiffe: Als vermittelſt deſſen ſich der Ver-
ſtand mehret; Wann zumal ſolche Erfahrung /
bey Beobachtung mehr gedachter Regeln / durch
vielfaͤltiges nach dem deben⸗ Zeichnen / geſtaͤrcket
wird. Denn auf ſolche Weiſe ſtellet allein ein wah-
rer Progreß zu hoffen. Wobey doch gleichwol
auch die Erkaͤnntnuͤs der Zergliederungs⸗ (oder
Anatomie.) Kunſt / Wohnung und Form / der
Gebeins / oder Sceletons / mit in Betrachtung
kommt. Solcher Geſtalt muß der Verſtand im-
mer mit im Spiel ſeyn / um alle vor Augen kom-
mende naturliche Dinge wol zu uͤberlegen / und zu
beurtheilen: Damit man ſich hernach / zu ſelbſtei-
gener Invention / beqvem machen koͤnne. Ge-
ſtaltſam dieſes ohngezweiffelt der rechte Weg iſt.
Capitel.
—
Anier |
ſch befelſ/
MR die raue
meiden.
An den un,
ccenden dl
deren fol
man anſan,
gen / aft
babe
ſlichen /
Haudriſen
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Bildern.
Hernacher
1 5 le
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vollkoͤmmlich ausgebildet ſey / und fuͤr das rechte
Meiſterſtuck zu halten / weil / aus dieſer Wiſſen-
ſchafft / alles andere gar leicht einen offenen Weg
findet. Es beſtehet aber dieſe Maaß⸗ Ordnung
in folgendem. Man miſſet / von dem Ort / wo des
ab / bis unter das Kinn: dieſes iſt die Maſſe des
Ange-