Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Sarre, Friedrich [Hrsg.]
Denkmäler persischer Baukunst: geschichtliche Untersuchung und Aufnahme muhammedanischer Backsteinbauten in Vorderasien und Persien (Tafelband) — Berlin, 1901

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5516#0019
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
turmähnliche Pavillons, zwischen denen im Spitzbogen geschlossene, je zwei Stockwerke umfassende Nischen
angebracht sind. Die Mitte des Gebäudes nahm ursprünglich ein grosser, bis zum Dach reichender Saal
mit einem Wasserbassin in der Mitte ein, während sich in den Turmbauten eine Menge kleiner, quadratischer
Räume befinden, die deshalb von besonderem Interesse sind, weil sich in ihnen Reste von Wandmalereien
erhalten haben.

Amol, Grab der drei Sajjids und des Nasir-ul-Hakk

Amol ist einer der Hauptorte von Mazenderan. Zu den bemerkenswertesten Denkmälern aus
älterer Zeit gehört hier eine Anzahl von Imamzadehs (Grabmäler von Heiligen), die nördlich von der
Stadt, in der sich dem Meere zu erstreckenden Ebene liegen. Diese Mausoleen, die in der Anlage mit vielen
anderen der Küstenlandschaft übereinstimmen, sind quadratische oder vieleckige Backsteintürme mit hohen
Spitzdächern. Im Gegensatz zu den Grabtürmen des Hochlandes, von denen wir Beispiele aus Nachtschewan
und Kum gegeben haben, sind hier die Wandflächen mit Putz verkleidet; bei geringer Verwendung von
farbig glasierten Fliesen wird hauptsächlich durch Nischen und durch die Schattenbildung derselben eine Be-
lebung des Bauwerks erzielt.

Das Grab der drei Sajjids ist sechseckig; über den Wänden springt ein Stalaktitengesims vor, dessen
obere Nischenreihe mit blauglasierten Fliesen geschmückt ist. Eine reich geschnitzte Thür führt in das Innere,
das im Gegensatz zu den meisten anderen Grabtürmen von Amol einen gleichfalls geschnitzten Holzsarkophag
enthält. Ein Stein, der durch G. Melgunof*) nach Petersburg gebracht ist, bezeichnet das Gebäude als die
Grabstätte des Imams Abu-'l-kazem (f 1120/21), während das Volk glaubt, dass hier die Söhne des Sajjid
Mir Buzurg Kevam-ed-din (f 1379) beigesetzt seien.

Das Grab des Nasir-ul-Hakk heisst nach einem Herrscher der in Amol von 864—912 regierenden
Dynastie der Hasaniden; aber auch dieses Gebäude gehört jedenfalls einer anderen Zeit an, als die Tradition
meldet, und muss auch dem XII. Jahrhundert zugeschrieben werden. Dafür spricht die Aehnlichkeit mit dem
datierten Mausoleum des Abu-el-kazem. Das Gebäude, dessen quadratischer Unterbau von einem achteckigen
Zwischengeschoss und einem Spitzdach gekrönt wird, ist dem Einsturz nahe und im Innern vollständig zerstört.

Damgan, die Mausoleen Pir-i-Alamdar (oder Mehemed) und Tschihil Duchteran

Wie die Ziegeldekoration der Bauwerke vermuten lässt, gehören sie, gleich den beiden in der 3. Lieferung
abgebildeten Minarets von Damgan, noch dem XI. Jahrhundert an.

Das erstere Imamzadeh, das Grabmal des Imam Mehemed oder des Pir-i-Alamdar, liegt innerhalb
der Stadt, nicht weit von der Hauptmoschee entfernt. Es ist ein runder Turm mit Kuppeldach und den
Ruinen eines dazu gehörenden Portals. Der obere Teil des Turmes zeigt eine reiche Ziegeldekoration ohne
Verwendung von Glasuren. Abgesehen von schmaleren Borten, besteht sie aus zwei breiten Bändern mit
geometrischen Mustern und einer nicht lesbaren kufischen Inschrift in der Mitte. Borten und Inschrift werden
aus Ziegeln gebildet, die über dem vertieften Grunde vorragen. Ein Kranzgesims ist nur noch in wenigen
Resten erhalten. Die in geschnittenem Stuck ausgeführte Bauinschrift an der Portalruine ist nicht mehr voll-
ständig erhalten. Die von Professor M. Hartmann und Dr. E. Mittwoch besorgte Lesung ergiebt den Namen
des aus Damgan gebürtigen Baumeisters, des Hadschi Ibn-el-Hussein, während sich von dem Bauherrn, einem
„Sultan, Chalifen der Araber und Perser' der Name nicht erhalten hat. Khanikoff**) giebt an, dass in der
Inschrift 417 d. H. (1026/27) a's Baujahr genannt sei, was möglicherweise auf einem zu seiner Zeit noch
erhaltenen Teil der Inschrift gestanden hat. Dies würde zu der von mir vermuteten Bauzeit stimmen.

Das vom Volk Imamzadeh Tschihil Duchteran (Mausoleum der 40 Mädchen) genannte Heiligengrab
liegt westlich ausserhalb der Stadt neben dem für den Ungläubigen nicht zugänglichen, als besonders heilig
verehrten Imamzadeh Dschafar. In der Technik und Ziegeldekoration zeigt das Bauwerk grosse Aehnlichkeit
mit dem vorher erwähnten. Die Bekrönung ist hier eine überhöhte Spitzbogenkuppel, die gleichfalls
mit einem Verblendmauerwerk, dessen grosse Fugen zwischen den einzelnen Ziegeln auffallen, bedeckt
ist. Das Gesims, aus mehreren vorkragenden, gezackten Ringen bestehend, ist hier vollständig erhalten.
Abgesehen von der nicht lesbaren kufischen Inschrift, die das Gebäude umzieht, findet sich über einem jetzt
vermauerten Eingangsthor eine teilweis zerstörte zweite Inschrift, von der Professor Hartmann die Worte:
„. . . . der erhabene Emir Abu .... Isfahan, die Herrschaft gebührt Gott" entziffert hat. Khanikoff (a. a. O.)
schreibt über diese Inschrift, dass sie das Datum 446 d. H. (1054) enthalte, und der Verfasser des Matla el-
schems, eines modernen persischen Reisewerkes, will die Zahl 3oo hier sehen, was „kaum richtig gelesen sei
(Hartmann)." Wahrscheinlich ist auch hier der Inschriftteil mit der von Khanikoff' gefundenen Jahreszahl,
die die Erbauung in die Mitte des XI. Jahrhunderts setzt, jetzt nicht mehr vorhanden.

*) G. Melgunof: Das südliche Ufer des Kaspischen Meeres. Leipzig 1868. pag. 2o5.
**) Nicolas de Khanikoff: Memoire sur la partie mendionale de l'Asie Centrale. Paris. 1862. pag. 73.
 
Annotationen