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Der Ostfries.

Seit dem Erscheinen der Antiquities of Athens ist der Ostfries unseres Tempels als
sein interessantester, aber auch rätselhaftester Schmuck allgemein bekannt, und immer neue
Deutungsversuche hat er sich gefallen lassen müssen. Fast alle stützten sich auf die Zeichnung
der Antiquities oder den Abguss; die meisten sahen in dem Haupthelden Theseus und bemühten
sich vergeblich, seine Gegner beim rechten Namen zu nennen. Es sind tüchtige Forscher auf
diesem schlüpfrigen Boden zu Fall gekommen, und die dem Gegebenen am besten gerecht
wurden, Karl Otfried Müller, Lolling und Brunn, haben der mythologischen Ueberlieferung am
meisten Gewalt anthun, haben geradezu Mythen erfinden müssen. Es wäre weder billig noch
förderlich, bei diesen Irrgängen einer mit unzulänglichen Mitteln arbeitenden Forschung zu ver-
weilen ; was daran interessant und von Wert ist, wird teils im Lauf unserer Darstellung hervor-
gehoben werden, teils wird es die tabellarische Uebersicht, die hier gegeben ist, dem Ein-
geweihten in's Gedächtnis rufen. Etwas näher haben wir gleich hier diejenigen Behandlungen
des Ostfrieses anzusehen, die sich die anerkannt schwierige Aufgabe durch neue Hilfsmittel
zu erleichtern suchten. Lolling, der nur als Topograph an das Problem herangetreten war,
versäumte nicht eine genauere Untersuchung und Beschreibung des Originals, die viele wert-
volle Einzelheiten zum ersten Male feststellte; aber er sah den Fries nur von unten1 und musste
nicht wenige Züge der Darstellung missverstehen oder für rätselhaft halten, die in nächster
Nähe gesehen einen untrüglichen Sinn haben. Bie2, dem es nicht auf die Deutung des Ganzen,
sondern auf das Verständnis der einzelnen Kampfschemata ankam, hat nicht verkannt, wie
unerlässlich es sei, aus unmittelbarer Nähe die Ergänzung der plastischen Form und die
Ermittelung der für den Sinn der Handlung meist entscheidenden Attribute zu versuchen, aber
er machte sich nicht klar, wie trügerische Auskunft in solchen Dingen der Abguss erteilt, und
neben Richtigem hat er Falsches in den Gips hineingesehen. Die einzige genaue Untersuchung
des Originals hat Richard Förster vorgenommen, aber war es schon misslich, dass ihre Ver-
wertung einem anderen zufiel, so war dieser andere, August Schultz3, nicht nur durch das

1 A. a. O. S. 44 ff. 52.

2 Kampfgruppe und Kämpfertypen in der Antike S. 2 ff. 83

3 de Theseo, Breslauer Dissertation 1874.
 
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