Das mittelalterliche Denken aber war ganz unmittelbar und
ganz sachlich. Es glaubte an das wirklich auf den Besitzer
überstrahlende Da-Sein einer geheimnisvoll dem Stoffe, dem
Gold etwa oder edlen Steinen, innewohnenden Kraft, so wie
heute nur noch das Kind an die Wirklichkeit des Märchens
glauben kann. Noch für Luther, der darin ganz mittelalter-
lich empfand, war in Brot und Wein des Abendmahls Leib
und Blut des Erlösers wirklich gegenwärtig.
Der wundervoll plastisch ins Rund gezwungene, um den
Hals mit breitem Bande festgeschmiedete Drache, der das
/l-ö.Griffende eines romanischen Weihrauchlöffels
mit flach kellenförmiger Schaufel bildet, ist von dieser Art.
Wir sehen ihn heute als bloße Schmucksorm an, ehemals war
er sicher mehr: er deutete symbolisch-wirklich auf die Äber-
windung des Bösen hin, das zum Dienst Gottes gezwungen
wird.
Der Löffel ist in dem klaren Aufbau seiner Form ein kost-
bares Stück früher kirchlicher Kunst, die nie ins Gefällige
verschlissen ist. Der Drachengriff, der das Stilende bekrönt,
bildet zugleich das richtige, abgewogene Gegengewicht gegen
das Gewicht der Schaufel. Er war im Feuer vergoldet,
langer Gebrauch hat den zarten Goldhauch jetzt soweit ab-
gerieben, das überall das rötliche Kupfer durchbricht, weniger
an dem runden Stil, dem eine eingeschnittene Spiralrille den
Anschein der Drehung gibt, mehr an der Schaufel und am
Griffende.
-H-
Der weitaus größte Teil aller heute noch vorhandenen
mittelalterlichen Kunstwerke hat ursprünglich kirchlichem Ge-
brauch gedient, ihm gegenüber verschwindet — wenigstens
für die Frühzeit — das profane Gerät fast ganz.
Auf die merkwürdigste Weise aber wird doch immer noch
gelegentlich manches schon Berlorene wiedergefunden. So
76^/7 wurde ein Messer mit reich geschnitztem Griff
aus Walroß zahn vor Jahren beim Baggern nahe bei
Hamburg aus der Elbe gehoben, eine Arbeit wohl vom Ende
des 12. Jahrhunderts, die mehr als ein halbes Jahrtausend
48 im moorigen Elbgrund geruht hat. Diese Lagerung hat dem
ganz sachlich. Es glaubte an das wirklich auf den Besitzer
überstrahlende Da-Sein einer geheimnisvoll dem Stoffe, dem
Gold etwa oder edlen Steinen, innewohnenden Kraft, so wie
heute nur noch das Kind an die Wirklichkeit des Märchens
glauben kann. Noch für Luther, der darin ganz mittelalter-
lich empfand, war in Brot und Wein des Abendmahls Leib
und Blut des Erlösers wirklich gegenwärtig.
Der wundervoll plastisch ins Rund gezwungene, um den
Hals mit breitem Bande festgeschmiedete Drache, der das
/l-ö.Griffende eines romanischen Weihrauchlöffels
mit flach kellenförmiger Schaufel bildet, ist von dieser Art.
Wir sehen ihn heute als bloße Schmucksorm an, ehemals war
er sicher mehr: er deutete symbolisch-wirklich auf die Äber-
windung des Bösen hin, das zum Dienst Gottes gezwungen
wird.
Der Löffel ist in dem klaren Aufbau seiner Form ein kost-
bares Stück früher kirchlicher Kunst, die nie ins Gefällige
verschlissen ist. Der Drachengriff, der das Stilende bekrönt,
bildet zugleich das richtige, abgewogene Gegengewicht gegen
das Gewicht der Schaufel. Er war im Feuer vergoldet,
langer Gebrauch hat den zarten Goldhauch jetzt soweit ab-
gerieben, das überall das rötliche Kupfer durchbricht, weniger
an dem runden Stil, dem eine eingeschnittene Spiralrille den
Anschein der Drehung gibt, mehr an der Schaufel und am
Griffende.
-H-
Der weitaus größte Teil aller heute noch vorhandenen
mittelalterlichen Kunstwerke hat ursprünglich kirchlichem Ge-
brauch gedient, ihm gegenüber verschwindet — wenigstens
für die Frühzeit — das profane Gerät fast ganz.
Auf die merkwürdigste Weise aber wird doch immer noch
gelegentlich manches schon Berlorene wiedergefunden. So
76^/7 wurde ein Messer mit reich geschnitztem Griff
aus Walroß zahn vor Jahren beim Baggern nahe bei
Hamburg aus der Elbe gehoben, eine Arbeit wohl vom Ende
des 12. Jahrhunderts, die mehr als ein halbes Jahrtausend
48 im moorigen Elbgrund geruht hat. Diese Lagerung hat dem