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darunter der selten beachtete Erdrauch [93], gehören zu der Schar freundlicher Begleiter. Im
Bewußtsein der außerordentlichen Leistung hat Cranach nicht nur ein Tüchlein mit der
Jahreszahl über einen feuchten Stein im Wasser gebreitet, sondern ein zweites mit dem Mono-
gramm daneben. Diese Signaturen auf nassem durchsichtigem Gewebe sind glänzende Bei-
spiele dafür, was sich der Künstler an illusionistischem Detail zumuten durfte. Das aus L und
C zusammengefügte Künstlerzeichen besagt auch, daß Lucas seit diesem Jahr den Namen Seiten 420-421
seiner Heimatstadt als Familiennamen führte. Der Mann, der dies tat, rechnete nicht mehr mit
Rückkehr, war im Begriff, sich in der Fremde niederzulassen.

Aus dem gleichen Jahr 1504 stammt die Zeichnung des heiligen Martin mit dem Bettler Tafel 23
[94], überreich ausgeführt, mit Weißhöhung auf bläulichem Grund. Die heiter erblühende
Meisterschaft des Berliner Gemäldes kommt in dem knappen Format nicht zur Entfaltung. Es
ist bei Cranach der einzige Versuch, völlig bildmäßige Abgeschlossenheit in einer Zeichnung
zu erreichen. Albrecht Altdorfer, der Regensburger Maler, hat, wohl anknüpfend daran, die
bildmäßige Helldunkelzeichnung zu hoher Vollendung geführt. Cranach griff sie selten noch
auf, und wenn, dann in größter Freizügigkeit. [95] Der Gedanke des graphischen Helldunkels Tafel 22
war ihm jedoch noch 1508 so wichtig, daß er ihn zum Tonholzschnitt entwickelte; die Aus-
. nutzung der Erfindung überließ er auch in diesem Falle anderen.

Die Herkunft der Zeichnung von 1504 aus dem Kloster Prüfening könnte auf einen Aufent-
halt Cranachs in Regensburg hindeuten. In Bayern scheint sich das Schicksal des Künstlers
entschieden zu haben, wenn die Formulierung des frühen Biographen, Cranach sei im Jahre
1504 nach dem bayerischen Krieg zu Kurfürst Friedrich dem Weisen von Sachsen gekommen,
nicht nur das zufällige Zusammentreffen zweier Ereignisse bezeichnet. [96] Die Entscheidung
des Feldzuges war der Sieg Kaiser Maximilians über die böhmischen Hilfstruppen Pfalzgraf
Ruprechts bei Regensburg im September dieses Jahres, der durch einen Holzschnitt und
durch eine Dichtung des Celtis verherrlicht wurde. In dieser Zeit vollzog sich unter nicht
näher bekannten Umständen Cranachs Eintritt in sächsische Dienste.

Monogrammist M. S.:
Ansicht von Wittenberg.
1551. Holzschnitt

§ DIE ERSTEN JAHRE

IN SÄCHSISCHEN DIENSTEN

Cranachs Bekanntschaft mit Kurfürst Friedrich dem Weisen geht vielleicht auf das Jahr 1493
zurück. Bereits 1501 arbeitete er für die Wettiner in Coburg. In Humanistenkreisen, denen der
Kurfürst nahestand, war er seit dem Wiener Aufenthalt angesehen, im Gebiet der verwandten
bayerischen Herzöge kein Unbekannter. Friedrich der Weise hatte dem Allerheiligenstift in
Wittenberg seine besondere Aufmerksamkeit zugewandt. Dieses Stift bildete den Rückhalt
für die 1502 am Ort gegründete Universität, mit der die Förderung humanistischer Studien
durch den Kaiser auf der Ebene eines Landesfürsten Nachfolge fand. [97] Der praktische

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