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Tafel 187 Das ganzfigurige Bildnis Heinrichs des Frommen von 1537 steht vor elementarem architek-
tonischem Grund, der beim jüngeren Cranach in ausführlicherer Entfaltung zur Regel wird.

Eine Bedeutung des Landschaftsbildes läßt sich noch genauer fassen. Die Schloßbauten,
die auf vielen Bildern mit topographischer Treue erscheinen, verbinden die Darstellung mit
Anspielungen auf bestimmte Herrscher. Es genügt die Ansicht eines solchen Bauwerks, um
eine poetische Naturschilderung mit namenlosen Wäldern, Flüssen und Städten in den Herr-
schaftsbereich eines Fürsten zu verwandeln. Beiläufig sind solche Bezüge in den Katharinen-
altar von 1506 eingeflochten, tragend für das Bildthema scheinen sie erst mit den Jagdbildern
der Zeit um 1529 geworden zu sein. Das Herrschertriptychon der drei sächsischen Kur-
fürsten in Hamburg zeigt einen breiten Landschaftsgrund. In voller Entfaltung tritt der Herr-
schaftsbezug dann bei den bedeutenden reformatorischen Bekenntnisbildern des jüngeren
Cranach für die anhaltinischen Fürsten und das sächsische Kurfürstenhaus hervor. Die aus
dieser Zeit überlieferten Bilder mit verschiedenen Stadtansichten werden meist den Interessen
der herrschenden Fürsten verdankt. Belagerungen durch Fürstenheere gaben den Anlaß zu
den frühesten Darstellungen von Wolfenbüttel (Cranach d.Ä.), Magdeburg und Leipzig. Die
wenigen Bürgerepitaphien mit Stadtdarstellungen - Peter Spitzer übertrug diese nieder-
deutsche Gewohnheit nach Wittenberg - treten dagegen zurück.

In ähnlichem Sinne zeigen die Darstellungen feierlicher Belehnungen bereits in der unter
Seite 427 Cranachs Anleitung illustrierten Spalatinschronik von 1513 stets ein Fenster mit Ausblick auf
die Landschaft.

Cranachs Naturbeobachtung überschreitet nicht die Grenzen gegebener Aufträge, ist Aus-
füllung, nicht Vorstoß in unbekannte Bezirke. Der aus eigenem Antrieb studierte Natur-
ausschnitt fehlt ganz unter den überlieferten Zeichnungen, ebenso wie Architekturaufnahmen.
Die Naturschilderungen des jüngeren Cranach enthalten durchaus beachtliche Entfaltungs-
möglichkeiten bis hin zur Schneelandschaft in zeitlicher Parallele mit Brueghel; doch ist das
öffentliche Interesse an der Landschaft zu dieser Zeit deutlich im Abnehmen begriffen. Der
Aufschwung der Landschaftskunst am Anfang des sechzehnten Jahrhunderts, an dem Cra-
nach als Begründer des sogenannten Donaustils maßgeblich beteiligt war, vereinigte zwar
eine größere Gruppe deutscher Maler, unter ihnen Altdorfer und Huber, vermochte aber
noch keine zusammenhängende Tradition zu schaffen. Gerade im Falle Cranachs wird die
gesellschaftliche Bedingtheit dieser Entwicklung deutlich. Das Verdienst seiner Malerei liegt
im Bewahren der Detailschilderung, die das Figurengeschehen Stimmungshaft einbettet. Der
Versuch, die ganze Welt bürgerlicher Errungenschaften auf dem Gebiet der Kunst über die
Zeit nach 1525 hinaus zu erhalten, wie er sich hier und da bemerkbar macht, wurde durch
keine gesellschaftliche Nachfrage ermuntert.

|[ DIE BILDAUFGABEN

Das religiöse Werk und der höfische Auftrag bildeten die Grundlage für die Arbeit des Wit-
tenberger Hofmalers. Der Auftrag der Fürsten, oder auch nur ihre Gunst, trieb Arbeiten
voran für die Kirchen in Wittenberg und Torgau. [43 2] In den Stadtkirchen des sächsischen
Bereichs sind manche Altarwerke erhalten, die von Bürgern in Auftrag gegeben worden sind.
Besonders umfangreiche Arbeiten sind darunter, wie der sieben Meter hohe Altar für die
Johanneskirche in Neustadt an der Orla von 1510/12 [433] und die Altäre in Zwickau von

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