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rasch und ohne lange Vorbereitung ausgeführt werden konnten, liegt nahe. Cranach gehörte
der eingeschränkten Hofhaltung seines alten Dienstherren nur mit einem oder zwei Lehr-
jungen an und war von gröberen Aufgaben offenbar durch Peter Gotland entlastet. Nach den
Abrechnungen wäre möglich, daß ein großer Teil der in der Gefangenschaft gemalten Bild-
nisse in Wiederholungen des Johann-Friedrich-Bildnisses bestand, also nur noch in leichten
Übungen der Hand. Bei den Tafeln und Bildnissen, die zu fünf Gulden und weniger ver-
rechnet wurden, mag es sich um Bilder in kleinem Format gehandelt haben. Von ihnen ist
Tafel Z04 vielleicht noch ein Bildnis Kaiser Karls V. auf der Wartburg erhalten [627], ein Gemälde von
nobler Haltung, das den Widerschein der Bekanntschaft mit Tizian in bescheidener Fassung
festhalten könnte.

Die Annahme, daß Lucas Cranach der Jüngere im wesentlichen die Ausführung der großen
Bildtafeln zu übernehmen und anzuleiten hatte, findet eine gewisse Bestätigung in der aus-
gesprochenen Hinwendung des jungen Meisters zu großen Formaten nach dem Fortgang des
Vaters.

Umfangreiche Aufträge wie der Schneeberger Altar von 1539 [628] und die Passionstafeln
für Cölln an der Spree [629] entstanden bereits früher unter der Leitung des Sohnes. Sie sind
Tafel zoi durch Zeichnungen des jüngeren Cranach vorbereitet [630], was wohl auch mit dessen Be-
mühen zusammenhängen dürfte, sich selbst einen eigenen Vorrat von Werkmustern zuzu-
legen. [631] Der durch streng geschlossene Flächen gekennzeichnete Stil des älteren Cranach
ist in den ausgeführten Tafeln im Grunde überwunden. Die größere farbige Offenheit der
Schneeberger Tafeln mit ihren verhältnismäßig gering ausgeprägten Physiognomien geht
sicherlich auf Rechnung des jüngeren Cranach. Weiträumige Landschaften wie in den Dar-
stellungen Lots und seiner Töchter und der Sintflut waren bis dahin nur keimhaft im Holz-
schnitt von Bibelillustrationen angelegt gewesen. Die haushälterische Sparsamkeit solcher
Werke ist aber zugleich auch mit einer größeren Freiheit der Motivwahl und mit koloristischer
Ausgeglichenheit verbunden, die für den jüngeren Cranach bezeichnend sind. Die ornamen-
tale Verknüpfung hat in der kühleren lichten Welt des Sohnes auf die Dauer keine bedeutende
Verankerung mehr.

m DIE MONUMENTALWERKE DES
JÜNGEREN CRANACH

Wichtige Veränderungen im thematischen Bereich bezeichnen die um 1530 verstärkt
Tafel 1S6 einsetzenden Darstellungen Christus und die Ehebrecherin [632] und Christus als Kinder-
Tafel 208 freund. [633] Bei beiden Darstellungen erscheint Gott in der Fülle seiner Gnade in der star-
ken Gegenwart von Halbfigurenbildern. Da nur wenige dieser bezeichnenden evangeli-
schen Darstellungen datiert sind, ist die genaue zeitliche Ausdehnung der Gruppe schwer
zu erschließen. [634]

Gut zu fassen ist dagegen der plötzliche Aufstieg des gekreuzigten Christus in einer unge-
wöhnlichen Prägung. Christus am Kreuz als Lebender mit zum Himmel erhobenem Gesicht
erscheint seit 1536 mehrmals auf Bildern des Bekennenden Hauptmannes unter dem Kreuz
[635], auch auf einer der üblichen figurenreichen Kreuzigungen von 1538 [636], bis endlich
Seite 4}2 die Darstellung des einsamen Gekreuzigten [637] von 1540 [638] den Blick freigibt auf die
Quelle der Anregung: die kleine Kruzifix-Tafel in Dresden. [639] Dieses Bild, das sicherlich

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