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Als Cranach starb, begann für Kursachsen unter Christian I. die kurze Zeit der Zweiten Re-
formation. [733] Der Zustrom von calvinistischem Gedankengut, der die Bewegung beglei-
tete, hätte mit der stärkeren Beschränkung der Bilder auf den profanen Bereich mit der Zeit
eine neue starke Grundlage der Künste ergeben können. Im ersten Augenblick aber mußte
die Kunst Cranachs als in besonderem Maße lutherisch gelten. Diese dritte Ächtung hat wahr-
scheinlich den Untergang der Wittenberger Malerwerkstatt mit beschleunigt.

m DIE BILDNISKUNST

CRANACHS DES JÜNGEREN

Das gemalte Bildnis war unter allen Arbeitsbereichen des jüngeren Cranach der hervor-
ragendste. Trat in seinem Schaffen der Holzschnitt weit zurück, so ist der Künstler neben den
Gemälden zwar auch auf anderen Gebieten des Schaffens gefordert worden, aber im ganzen
gesehen immer nur zeitweilig. [734] Als Wandmaler ist er wohl weniger als der Vater in Er-
scheinung getreten. Aufträge dieser Art wurden von den Höfen vergeben. Cranach der
Jüngere hätte Hofmaler sein müssen, um mit ihnen in größerem Maße bedacht zu werden.

Überliefert sind lebensgroße Bilder von Jagdtrophäen [735], wiederholte Aufträge für
gemalte Jagden, Jagdtücher [736], für Patronen von Bildteppichen [737], Entwürfe für Wand-
bilder, Werkgruppen, die dem größten natürlichen Verschleiß ausgesetzt waren. Tafeln 225, 226

Hinter den Bildnissen Lucas Cranachs des Jüngeren steht daher eine viel stärker am Tafel-
bild erprobte Begabung. Man wird die malerische Haltung vieler Bildnisse gegenüber denen
des Vaters immer besonders empfinden. Auffällig ist die Steigerung des Abbildungsmaßstabes
bei den Halbfigurenbildnissen und die monumentale Rahmung bei Bildnissen in ganzer Figur.
Manche Züge der malerischen Aufhellung, der scheinbar dünnen und leeren Durchbildung,
hängen mit der beliebt gewordenen Vergrößerung des Formates zusammen. Das Bildnis war
gegenüber der Dürerzeit nicht mehr Ausdruck eines allgemeinen maßvollen Selbstbewußt-
seins, sondern bedeutete soziale Auszeichnung und Rang, war in Regeln gefaßt, deren Ein-
haltung argwöhnisch überwacht wurde. Dennoch behauptete es sich auch in dieser Zeit als
die führende realistische Bildgattung. Der Anteil der einzelnen Klassen an ihm aber verän-
derte sich. Bürgerporträts gehen zurück. Auf dem Bild angebrachte Wappen, der Zusammen-
hang einer feudalen Geschlechterfolge halten das Porträt lebensfähig.

Wirklich ausgereift ist die Bildniskunst des Sohnes frühestens in Werken der Zeit um 1540.
Es gibt aber auch Vorbereitungen für die zeichnerisch schwächere, aber malerisch über-
raschend reiche Bildung von Porträts, die bis in die zu erschließende Lehrzeit des Sohnes zu-
rückreichen. Insgesamt wirken die Frühwerke des Sohnes reich, vor allem im Kostümlichen.
Der Grund durchbricht oft den gefaßten Umriß. Die Haltung der Hände wird eine Zeitlang
sorgfältiger durchgebildet, obwohl ihre Zeichnung weiterhin eine Schwäche des Künstlers
bleibt.

Das beste Zeugnis für die hervorragende Auffassungsgabe des jüngeren Cranach ist die
Reihe der Bildnisaufnahmen in Reims, die wohl vollständig aus dem Werk des älteren Cranach
entlassen werden können. [73 8] Die Art der Auffassung ist offener, weniger vorgeprägt als bei Tafeln 218, 219
den späten Arbeiten des Vaters. Der Verbindung der Köpfe mit den Körpern ist im Durch-
schnitt mehr Aufmerksamkeit gewidmet. So greifen gerade bei den Blättern dieser Reihe die
andeutenden Pinselzüge weit in das sonst ungebrauchte Format hinein. [739] Die künstlerische

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