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C. Schäfer-Eberbach.
Ausbildung des Kapitälkörpers, das schliesslich zur Schaffung der specifisch gothischen Kapitälform führt.
Bis zu dieser selbst dringt Meister D nicht durch.
E. 1230. Der Erbauer des Hospitalsaales. Ein trefflich geschulter Architekt, vielleicht ein Laie,
der in Limburg bei den Anfängen des Dombaues gearbeitet hat. Tndess verräth er gerade nichts besonders
Individuelles. Er handhabt wieder die ältere romanische Kapitälform und zwar mit Meisterschaft im Ornament,
springt aber dann, über alle Zwischenversuche hinweg, zur fertig ausgebildeten gothischen Form über.
F. 1240. Der erste Gothiker, ein Franzose, oder doch auf französischen Werkplätzen geschult.
Er baut das erste Mönchsdorment, und die Räume östlich vom Hospitalssaal, wodurch er gegen 1245 den
Klosterbau vollendet. Die neue Kunst aber begeistert die Brüder derart, dass sie nach kurzer Zeit schon
den Umbau der Parlatur und Fraternei beschliessen und ihm übertragen. Die Fenster der letzteren zeigen,
dass er von einem Hang zum Bizarren nicht frei ist. Seine Profilirungen bestehen fast ausschliesslich aus
Fasen. Sein Maasswerk ist gegenüber dem seines Nachfolgers H sehr vorgeschritten und klingt an Privat-
bauten in Rheims an. Der Meister liebt den Riegelsporn an den Fenstern. Gewölbte Räume sind von
ihm nicht auf uns gekommen. Er führt in Eberbach den Sandstein ein.
G. 1260. Der Meister der erweiterten Fraternei, ein höchst originelles Menschenkind, das sich aber
zu einem ausgebildeten Schönheitsgefühl nicht durchgerungen hat. Seine Kapitälbildung hat etwas eigen-
sinniges, das sich auch in der Verwendung spitzer Stichbögen ausspricht. Im Aufsetzen der dünnen Gurt-
bögen auf die gewaltigen Kapitäle und Kragsteine liegt ein Widerspruch. Er ist der Mann des übertriebenen
Maassstabes. Hierin und in der seltsamen Rückkehr zu einer höchst primitiven Behandlung des Ornaments
zeigt er grosse Verwandtschaft mit dem Architekten, der an der Collegiatkirche in Wetzlar die Seiten-
räume am Chor errichtet hat.
H. 1270. Der Künstler, der den ersten Abschnitt des neuen gothischen Kreuzgangs gebaut hat,
wenigstens dessen Fensterwand. In seinen Fenstermass werken ist er alterthümlich, verglichen mit dem
Vorgänger F, übrigens gerade in diesen Maasswerken sehr originell, dabei ein Liebhaber einfacher, klarer
Construction. Bezeichnend hierfür ist die durchgehende Lagerfuge auf Oberkante der Gewölbeconsolen,
Oberkante der Pfostenkapitäle und Unterkante der Strebepfeilerdächer. Originell ist auch der Archaismus,
mit dem er in so später Zeit in die Eberbach Architektur wieder den Rundbogen einführt.
I. 1275. Wiederum ein ganz reifer Architekt, dem wir den ersten und zweiten Bauabschnitt im
neuen Mönchsdorment, zusammen neun Doppelfelder von Norden an, und den Treppenaufgang zu diesem
Dorment verdanken. Bei hochentwickeltem Gefühl für das Schöne entfernt er sich doch keineswegs zu
weit vom geraden Wege. Im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern kehrt er bei Bildung der Säulen-
basen wieder zu normalen Formen zurück. In der Entwickelung der Gewölbe aus den Säulen, in der
Bemessung aller Dimensionen herrscht beste Harmonie, die Ornamentik zeigt eine eigenthümliche Kraft.
K. 1313. Nachdem die Bauthätigkeit gegen 30 Jahre geruht hat, ist auch hier wie überall die
Zeit eingetreten, wo es eine eigenthümliche Cistercienserkunst nicht mehr giebt. Der Meister baut die
ersten sechs Südkapellen und durchbricht das Chorgewände mit neuen Prachtfenstern. Für das gewaltige
Ostfenster wird er die hohe Bewunderung der Mitwelt geerntet haben, da auch damals schon, wie heute,
Prachtentfaltung und Kunstleistung gern verwechselt wurden.
L. 1335. Der Meister der drei östlichen Südkapellen an der Kirche. Ausserdem baute er am
Kreuzgang, und zwar die östlichen Felder der Nordhalle und die nördlichen der Osthalle. Bei dieser
letzten Arbeit bequemt er sich dem beliebt gebliebenen Rundbogen an und erzielt dadurch eine eigen-
artige Wirkung. Im Uebrigen aber ist dem Manne nichts nachzurühmen, als dass er den Zirkel in der
Gewalt hat, und ein im Sinne seiner Zeit geschmackvolles, zierliches Maasswerk zu zeichnen versteht, auch
bereits das Sterngewölbe kennt. Sein Pfostenwerk ist ausserordentlich dünn, es erinnert an Mainzer Beispiele.
M. 1345. Dies ist der letzte Architekt in Eberbach, der etwas aus dem Gewöhnlichen heraus-
fallendes bietet. Er baut den Kapitelsaal in der geschilderten prächtigen Weise um, er führt den
dritten Theil des Kreuzganges auf, nämlich den vor dem Kapitelsaal gelegenen, vollendet das Dorment
durch Errichtung des zehnten und elften Doppelfelds und erweitert das Chörlein am Saale des Hospitales.
Der Meister M. ist ein vollendeter Hochgothiker, zierlich, aber von bestem Geschmack geleitet in der
Profilirung, streng im Maasswerk und ein Freund figürlichen Schmuckes.
N. 1370. Neubau von Refectur und Dorment am Hospital, wahrscheinlich auch Anlage des neuen
Portals im südlichen Kreuzarm der Kirche. Die Arbeit bewegt sich in keiner Weise aus dem Rahmen
dessen heraus, was zur Zeit gang und gäbe ist.
O. 1500. Der Meister der Ausschmückung und der Zubauten für das Jubeljahr, ein Handwerker
gewöhnlichen Schlages.
C. Schäfer-Eberbach.
Ausbildung des Kapitälkörpers, das schliesslich zur Schaffung der specifisch gothischen Kapitälform führt.
Bis zu dieser selbst dringt Meister D nicht durch.
E. 1230. Der Erbauer des Hospitalsaales. Ein trefflich geschulter Architekt, vielleicht ein Laie,
der in Limburg bei den Anfängen des Dombaues gearbeitet hat. Tndess verräth er gerade nichts besonders
Individuelles. Er handhabt wieder die ältere romanische Kapitälform und zwar mit Meisterschaft im Ornament,
springt aber dann, über alle Zwischenversuche hinweg, zur fertig ausgebildeten gothischen Form über.
F. 1240. Der erste Gothiker, ein Franzose, oder doch auf französischen Werkplätzen geschult.
Er baut das erste Mönchsdorment, und die Räume östlich vom Hospitalssaal, wodurch er gegen 1245 den
Klosterbau vollendet. Die neue Kunst aber begeistert die Brüder derart, dass sie nach kurzer Zeit schon
den Umbau der Parlatur und Fraternei beschliessen und ihm übertragen. Die Fenster der letzteren zeigen,
dass er von einem Hang zum Bizarren nicht frei ist. Seine Profilirungen bestehen fast ausschliesslich aus
Fasen. Sein Maasswerk ist gegenüber dem seines Nachfolgers H sehr vorgeschritten und klingt an Privat-
bauten in Rheims an. Der Meister liebt den Riegelsporn an den Fenstern. Gewölbte Räume sind von
ihm nicht auf uns gekommen. Er führt in Eberbach den Sandstein ein.
G. 1260. Der Meister der erweiterten Fraternei, ein höchst originelles Menschenkind, das sich aber
zu einem ausgebildeten Schönheitsgefühl nicht durchgerungen hat. Seine Kapitälbildung hat etwas eigen-
sinniges, das sich auch in der Verwendung spitzer Stichbögen ausspricht. Im Aufsetzen der dünnen Gurt-
bögen auf die gewaltigen Kapitäle und Kragsteine liegt ein Widerspruch. Er ist der Mann des übertriebenen
Maassstabes. Hierin und in der seltsamen Rückkehr zu einer höchst primitiven Behandlung des Ornaments
zeigt er grosse Verwandtschaft mit dem Architekten, der an der Collegiatkirche in Wetzlar die Seiten-
räume am Chor errichtet hat.
H. 1270. Der Künstler, der den ersten Abschnitt des neuen gothischen Kreuzgangs gebaut hat,
wenigstens dessen Fensterwand. In seinen Fenstermass werken ist er alterthümlich, verglichen mit dem
Vorgänger F, übrigens gerade in diesen Maasswerken sehr originell, dabei ein Liebhaber einfacher, klarer
Construction. Bezeichnend hierfür ist die durchgehende Lagerfuge auf Oberkante der Gewölbeconsolen,
Oberkante der Pfostenkapitäle und Unterkante der Strebepfeilerdächer. Originell ist auch der Archaismus,
mit dem er in so später Zeit in die Eberbach Architektur wieder den Rundbogen einführt.
I. 1275. Wiederum ein ganz reifer Architekt, dem wir den ersten und zweiten Bauabschnitt im
neuen Mönchsdorment, zusammen neun Doppelfelder von Norden an, und den Treppenaufgang zu diesem
Dorment verdanken. Bei hochentwickeltem Gefühl für das Schöne entfernt er sich doch keineswegs zu
weit vom geraden Wege. Im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern kehrt er bei Bildung der Säulen-
basen wieder zu normalen Formen zurück. In der Entwickelung der Gewölbe aus den Säulen, in der
Bemessung aller Dimensionen herrscht beste Harmonie, die Ornamentik zeigt eine eigenthümliche Kraft.
K. 1313. Nachdem die Bauthätigkeit gegen 30 Jahre geruht hat, ist auch hier wie überall die
Zeit eingetreten, wo es eine eigenthümliche Cistercienserkunst nicht mehr giebt. Der Meister baut die
ersten sechs Südkapellen und durchbricht das Chorgewände mit neuen Prachtfenstern. Für das gewaltige
Ostfenster wird er die hohe Bewunderung der Mitwelt geerntet haben, da auch damals schon, wie heute,
Prachtentfaltung und Kunstleistung gern verwechselt wurden.
L. 1335. Der Meister der drei östlichen Südkapellen an der Kirche. Ausserdem baute er am
Kreuzgang, und zwar die östlichen Felder der Nordhalle und die nördlichen der Osthalle. Bei dieser
letzten Arbeit bequemt er sich dem beliebt gebliebenen Rundbogen an und erzielt dadurch eine eigen-
artige Wirkung. Im Uebrigen aber ist dem Manne nichts nachzurühmen, als dass er den Zirkel in der
Gewalt hat, und ein im Sinne seiner Zeit geschmackvolles, zierliches Maasswerk zu zeichnen versteht, auch
bereits das Sterngewölbe kennt. Sein Pfostenwerk ist ausserordentlich dünn, es erinnert an Mainzer Beispiele.
M. 1345. Dies ist der letzte Architekt in Eberbach, der etwas aus dem Gewöhnlichen heraus-
fallendes bietet. Er baut den Kapitelsaal in der geschilderten prächtigen Weise um, er führt den
dritten Theil des Kreuzganges auf, nämlich den vor dem Kapitelsaal gelegenen, vollendet das Dorment
durch Errichtung des zehnten und elften Doppelfelds und erweitert das Chörlein am Saale des Hospitales.
Der Meister M. ist ein vollendeter Hochgothiker, zierlich, aber von bestem Geschmack geleitet in der
Profilirung, streng im Maasswerk und ein Freund figürlichen Schmuckes.
N. 1370. Neubau von Refectur und Dorment am Hospital, wahrscheinlich auch Anlage des neuen
Portals im südlichen Kreuzarm der Kirche. Die Arbeit bewegt sich in keiner Weise aus dem Rahmen
dessen heraus, was zur Zeit gang und gäbe ist.
O. 1500. Der Meister der Ausschmückung und der Zubauten für das Jubeljahr, ein Handwerker
gewöhnlichen Schlages.