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Schauerte, Thomas; Dürer, Albrecht; Altdorfer, Albrecht; Maximilian [Honoree]; Dürer, Albrecht [Contr.]; Altdorfer, Albrecht [Contr.]
Die Ehrenpforte für Kaiser Maximilian I.: Dürer und Altdorfer im Dienst des Herrschers — München, Berlin: Deutscher Kunstverlag, 2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.62901#0121

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Genealogie

Voraussetzungen

Jakob Mennel-Manlius, »Haupt der maximilia-
nischen Forschungsorganisation«1, war feder-
führend bei den genealogischen Projekten des
Kaisers und deren Publikation. Zu den Früchten
seiner Tätigkeit schreibt Wiesflecker 1986: »Nicht
ohne Gewalt und allzu leichtgläubig, stoppelte
Manlius seine kunterbunten Materialien zu frag-
würdigen neuen Ahnenreihen zusammen, welche
die Habsburger über die Merowinger auf die Tro-
janer zurückführten . ..«2. Das beiläufige Abtun
der kaiserlichen Genealogica als eine besondere
Leidenschaft Maximilians, das hier ebenso wie in
zahlreichen anderen Werken der Maximilian-Lite-
ratur zum Ausdruck kommt, wird den Tatsachen
nur ungenügend gerecht und beantwortet kaum
die Frage, warum ihr in der Ehrenpforte eine so
zentrale Stellung eingeräumt wird. Alphons
Lhotsky hat die habsburgische Genealogie als
Quelle zahlloser Mißverständnisse in einer grund-
legenden Abhandlung 1944 klar benannt: »Die
neuere Forschung hat, was leicht zu begreifen ist,
die nähere Beschäftigung mit den künstlichen
Abstammungslehren abgelehnt. Dennoch schei-

nen diese, auch um ihrer selbst willen, näherer
Betrachtung wert - nicht weil sich etwa aus dem
trüben Strom verworrener Entlehnungen aus
dichterischen und Geschichtswerken, nicht im-
mer geistreicher Erfindungen und vieler wunder-
licher Mißverständnisse auch nur der geringste
Gewinn für die Erkenntnis der Wahrheit erhoffen
ließe, wohl aber wegen der bedeutenden Anre-
gungen, die davon auf Künstler und Kunstwerke
ausgegangen sind.«3 Doch auch diese Deutung
greift noch zu kurz und wird wenig später von
Coreth präzisiert, die die politische Relevanz ge-
nealogischer Konstrukte offenbar erstmals zur
Sprache bringt4.
Es ist demnach unabdingbar, den Stammbaum
der Ehrenpforte unter einem historisch erweiter-
ten Blickwinkel zu sehen und auch die Bestrebun-
gen anderer Häuser vergleichend heranzuziehen.
Frühe Formen der herrscherlichen Genealogie
sind bereits im 8. Jahrhundert bei den Karolingern
etwa in Gestalt des Liber Historia Francorum
nachweisbar5. Ursprünglich als Mittel des Klerus
zur Verhinderung inzestuöser Nahehen in Ge-

1 Lhotsky, Alphons, Neue Studien über Leben und Werk Ja-
kob Mennels, in: ders., Aufsätze und Vorträge, 4 Bde., Bd. 2,
Wien 1971, S. 321.
2 Wiesflecker V, S. 363 f. Er mildert diese Ansicht weiter un-
ten (S. 364 f.) insoweit, als daß er die politische Relevanz sol-
cher »Klitterungen« und Maximilians teilweisen Glauben
daran summarisch zugesteht.
Deutlich differenzierter zu Mennel und seinem Werk: Gerd
Althoff, Studien zur habsburgischen Merowingersage, in:
MIöG 87/1979, S. 71-100, passim.
3 Lhotsky, Alphons, Apis Colonna. Fabeln und Theorien
über die Abkunft der Habsburger, in: MIöG 53/1944. (Neu-
druck in: ders., Das Haus Habsburg [= ders., Aufsätze und
Vorträge Bd. 2], München 1971, S. 9; Kursivstellen von
Lhotsky).

4 Coreth, Anna (Gräfin), Dynastisch-politische Ideen Kaiser
Maximilians I. (Zwei Studien.), in: MöStA 2/1949, S. 81-105.
Sie greift dabei auf die Ergebnisse ihrer 1940 bei Otto Brun-
ner entstandenen Wiener Dissertation zurück, die nicht
zum Druck gelangte.
5 Bei Priamus von Troja beginnend und über die Merowinger
(Clodoveus-Chlodwig, vgl. A 3, Nr. 1) laufend, vgl. Althoff,
Studien 1979, S. 81.
Mit dem Stammbaum Christi waren einfache agnatische
Reihungen schon lange vorgegeben, die sich von Abraham
(Mt 1,1-17) bzw. von Adam (Lk 3, 23-38) herleiten. Sie sind
nicht zu verwechseln mit der kognatischen, über Maria lau-
fenden und weitaus häufiger dargestellten Wurzel Jesse. Vgl.
Nilgen, Ursula, Art. »Genealogie Christi« in: LMA 4
(1989), Sp. 1221 f.
 
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